Ich wollte Hosen
zwirbelte an meinen armen Haaren ...
Mein Vater war es, der ihr schließlich Einhalt gebot: » Lassila perdiri, ehe accussì pirdemmu tempu . Laß sie stehen, so verlieren wir bloß Zeit.«
Überzeugt von diesem Argument (dem einzigen, glaube ich, das sie davon abbringen konnte), lockerte meine Mutter den Griff, und meine Haare konnten wieder atmen. Mein Vater war ausgesprochen glücklich; vielleicht dachte er schon daran, wie es sein würde, wenn sie heimkämen, und meine Mutter, endlich von meiner Gegenwart erlöst, sich wieder wie vorher um den Haushalt kümmern würde; bestimmt sah er schon die dampfenden Spaghetti vor sich, obenauf der Sugo, der nach hausgemachtem Tomatenpüree schmeckte, wie es ihm nur seine Mutter machen konnte. Also beeilte er sich, alles auf den Lieferwagen von Onkel Vittorio zu laden, der uns schon von der Straße aus rief und uns zur Eile antrieb.
Meine Mutter hatte einen seltsamen Blick: Sie beschimpfte mich, manchmal kniff sie mich auch, aber sie hatte traurige Augen und schien zu zögern. Vielleicht bildete ich mir das nur ein, wünschte mir, mich nicht ganz von allen verlassen fühlen zu müssen. Auch dieses letzte » Ha moriri ammazzata . Verrecken sollst du« schien mir trauriger als die anderen, leidender ... Und waren diese Kniffe nicht fast eine Liebkosung, als sagte sie » Si ancora a mò figlia . Du bist immer noch meine Tochter ...«?
Nein, das war es nicht, sonst hätte sie mich nicht gehen lassen, zu ihm ...
Mein Vater rief dauernd nach uns, und meine Mutter entschloß sich, den letzten Koffer zu schließen.
Ich hielt Kopf und Blick gesenkt, erduldete alle ihre Beleidigungen, ihre Kniffe, ihre Bosheiten. Manchmal hatte ich gute Lust zu reagieren, ihr ins Gesicht zu schreien, was ich von ihr dachte, aber ich fürchtete, ein mögliches, wenn auch kaum wahrscheinliches Umdenken zu gefährden. Sie war überzeugt, daß ich meine Schuld eingesehen und die Strafe hingenommen hätte und sagte dauernd: » I calasti i corna, ah? Jetzt trägst du deine Hörner tief, nicht?«, aber sie verzieh trotzdem nicht.
Wir stiegen in den Lieferwagen, und mein Vater fuhr los. Ich saß am Fenster und fühlte mich wie eine Deportierte, eine, die man in Handschellen ins Gefängnis bringt ... Vielleicht war es wegen meiner demütigen und zerknirschten Haltung, wegen ihrer befriedigten und triumphierenden Mienen ...
Meine Mutter war jetzt nämlich ganz und gar verändert. Der Schleier von Traurigkeit war ganz von ihren Augen gerutscht, und wenn sie jemanden sah, den sie kannte, senkte sie einen Moment den Kopf zum Zeichen des Grußes, dann schaute sie stolz nach vorne, weil sie ihre Pflicht tat, indem sie mich verstieß.
Wir fuhren etwa eine Viertelstunde, und ich erinnere mich nicht, woran ich in diesem Moment dachte, vielleicht betete ich noch immer zu meiner Oma oder zu Gott oder zu allen beiden. Der Lieferwagen bog scharf ab, und da erkannte ich die Straße wieder, in der meine Tante wohnte. Als wir um den Weiher herumfuhren, roch ich diesen unerträglichen Gestank, sah diese dem Wasser zugewandten barackenartigen Häuser, Leute standen draußen auf den Balkons und unterhielten sich von dort aus mit den Nachbarn, gestikulierten und schrien, und mitten auf der Straße Rosanna, eine der beiden Töchter meiner Tante, die einer Katze hinterherlief.
Schafe liefen über die Straße, mein Vater wartete nicht, bis sie vorbei waren: Er hielt den Lieferwagen an und sagte, wir sollten aussteigen; es fehlten nur noch ein paar Meter, bis wir da waren, aber er hätte auch warten können ... Wir stiegen aus, warteten, daß mein Vater die Koffer ablud, jeder trug einen, und machten uns auf den Weg.
Die Frauen auf den Balkons hatten jetzt aufgehört, zu reden und zu gestikulieren; die Köpfe nach unten musterten sie uns mit größtem Interesse, und bestimmt fragten sie sich, was in dieser Gegend drei Leute mit drei Koffern zu suchen hatten; nachdem sie ihre netten Vermutungen angestellt hatten, äußerten sie sie gegenüber den Nachbarinnen, und zusammen suchte man nach der einleuchtendsten Erklärung. Freilich wäre es sehr viel einfacher gewesen, zu warten und dann meine Tante zu fragen, die natürlich nicht mit saftigen Nachrichten und Informationen geknausert hätte, aber ist es so nicht viel schöner?
Meine Tante war drinnen. Wir gingen ohne anzuklopfen durch die stets offene Tür hinein und fanden sie in der Küche, wo sie gerade Kaffee trank. Als sie mich sah, war sie wie üblich sehr herzlich: Sie umarmte
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