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Ich wollte Hosen

Ich wollte Hosen

Titel: Ich wollte Hosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Cardella
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dem wir uns schützen werden müssen, und dann wird noch ein Herr kommen und noch einer, und wir werden nie sicher sein, bis wir begreifen, daß das Leben zu wichtig ist, um es der Willkür einer Person anzuvertrauen, die nicht unser Ich ist.
Das werde ich meinem Kind beibringen: daß es selbst der wirkliche Herr seines Lebens sein soll und sich nie auf jemanden verlassen soll, nicht einmal auf uns, seine Eltern. Trotz alledem wollte ich nur, daß mein Vater mich umarmte und mir sagte, daß er mich nie verlassen würde, daß er bei mir bleiben würde und mich vor allen Onkel Vincenzinos dieser Welt beschützen ... Ich fühlte mich so klein, wo ich doch versuchen mußte, groß, sehr groß zu sein ... Aber mein Vater kam nicht, er kam nicht herein, um mich zu umarmen, und ich umarmte und biß das Kissen und dachte an meine Oma, die das alles niemals zugelassen und mich fest an sich gedrückt hätte, wie damals, als wir nebeneinander schliefen, im Sommer wie im Winter.
Es geschah etwas Seltsames, wenn ich neben meiner Oma schlief: Wir legten uns nieder und umarmten uns dabei, ich, klein wie ich war, legte meine Beine zwischen ihre alten, wabbelig weichen, und sie drückte mich, und mein Kopf lag mitten auf ihrer großen, schlaffen Mutterbrust. Ich lag in einer Fötushaltung, und seltsamerweise fand ich mich, wenn ich aufwachte, in der gleichen Haltung wieder, was um so seltsamer ist, weil ich mich im Schlaf pausenlos hin- und herwälze.
Ich nehme an, meine Oma wachte sehr viel früher auf als ich und legte mich wieder in der gleichen Haltung hin, aber es war schön, mir vorzustellen, wir hätten die ganze Nacht so geschlafen. Jedenfalls war es wunderschön, daß sie alles tat, um es mich glauben zu machen.
Ich habe immer gedacht, daß ich nur einen Mann heiraten werde, der mich so die ganze Nacht über halten kann. Vorläufig gab ich mich mit dem Kissen zufrieden, das ich allerdings jeden Morgen auf dem Boden oder am anderen Ende meines Klappbetts wiederfand.
Die Vorstellung, meine Oma würde von oben herunter auf mich schauen, tröstete mich, und ich redete noch ein wenig mit ihr: »Omachen, du mußt entschuldigen, wenn ich seit langem nicht mit dir rede ... Du weißt, warum ich es nicht getan habe ... Mama hat mir gesagt, daß ich dich ins Grab gebracht habe, als ich dir von dieser Sache da erzählte ... Ich glaube nicht, daß ich es gewesen bin, aber wenn es vielleicht doch meine Schuld war, schwöre ich dir, daß ich das nicht wollte ... Du mußt entschuldigen, wenn ich dich nicht anschauen gekommen bin, als du tot in der Wohnung lagst, aber du weißt ja, daß ich Angst habe, und du wolltest doch nicht, daß ich vor dir Angst habe, nicht wahr? Ich weiß nicht einmal, wie deine Wohnung heute aussieht, weil ich nicht mehr hingekommen bin, seit du tot bist. Jetzt wollte ich dich um einen Gefallen bitten ... Du weißt ja, daß dein Sohn mich zu dem da schicken will ... Omachen, ich bitte dich darum, laß mich nicht hingehen ... Er hat zu mir gesagt, daß er weiter diese Sachen machen will, und ich weiß nicht, was ich tun soll ... Papa kümmert sich überhaupt nicht mehr um mich, siehst du, wie er ist, wie er sich zu mir benimmt? Ich weiß, daß es falsch war, diese Dinge mit dem Jungen zu machen, aber, Oma, hältst du es für richtig, daß sie mich so dafür bezahlen lassen? Komm, Oma, ich bin noch ein junges Mädchen, wenn ich jetzt keine Fehler mache, wann soll ich dann welche machen? Wenn ich so alt und schwach bin, daß ich mich nicht einmal mehr rühren kann? Hast du gesehen, wie zufrieden deine Söhne und deine Schwiegertöchter sind? Und das waren die, die mich gern hatten ... Ich weiß, daß nur du allein mich gern gehabt hast ... Warum bist du gestorben, Omachen?, warum hast du mich mit denen allein gelassen? ... Bitte hilf mir, Oma, sag es jemandem, da oben, ich meine, nicht gerade dem Herrgott, aber irgendein Heiliger wird doch auf dich hören ... Sprich mit ihm, erzähl' ihm alles, sag ihm, daß ich drei Kerzen für ihn anzünde, wenn sie mich von hier rauslas- sen ... Und sag ihm auch, wenn er mir hilft, gehe ich jeden Sonntag zur Messe, gebe eine Spende und werde nicht ein einziges Mal mehr gähnen, selbst wenn ich vor Schlaf umfalle ... Was meinst du, Omachen, werden ihm diese ganzen Sachen reichen? Wenn sie nicht reichen sollten, laß dir sagen, was noch sein muß, und ich werd' es tun, sofort, in Ordnung?« Und ermutigt schlief ich ein.
    Nach ein paar Stunden kamen sie mich wecken: Es war mein Vater,

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