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Ich wollte Hosen

Ich wollte Hosen

Titel: Ich wollte Hosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Cardella
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den anderen gesessen, dann bin ich zur Beichte gegangen, aber vor mir war ein anderer Junge. Also habe ich gewartet, bis er mit seiner Beichte fertig war, und bin in der Nähe stehengeblieben. Da war dann er, und hat angefangen, mich so besonders anzuschauen, daß ich ganz rot wurde, und er hat zu lachen angefangen und hat mich immer angeschaut. Dann war er fertig, und ich war dabei, hinzugehen und zu beichten, aber er hat mich aufgehalten und mich gefragt, wie ich heiße. Ich habe es ihm gesagt und habe ihn auch danach gefragt. Er heißt Vincenzo und ist einfach zu schön: Er hat blonde Haare und kastanienbraune Augen, er ist groß und etwas dünn. Er hat zu mir gesagt, daß ich zu wunderschöne Augen hätte, und ich habe ihm geantwortet, daß man »zu wunderschön« nicht sagen kann, und er hat zu mir gesagt, daß man es doch so sagen muß, weil meine Augen zu wunderschön seien. Er hat gesagt, wann wir uns sehen könnten, und ich habe ihm geantwortet, daß ich nicht hinaus dürfe, weil ich Nonne werden solle, und er hat zu mir gesagt, daß ich nicht Nonne werden dürfe, weil ich ihn heiraten müsse. Dann habe ich gesehen, daß Maria Luisa mich anschaute und Assuntina Zeichen in meine Richtung gab. Also sind wir so verblieben, mit Vincenzo, daß er jeden Tag um halb elf Uhr in diese Kirche kommt, um zu sehen, ob ich auch komme. Als ich wieder zu den anderen gegangen bin, hat mich Maria Luisa sofort gefragt, wer das denn war, und ich habe zu ihr gesagt, er sei mein Cousin. Ich möchte ihn sofort Wiedersehen, diesen Vincenzo, weil er mir die schön- sten Dinge meines ganzen Lebens gesagt hat. Mir scheint nicht, daß das eine Sünde ist, denn ich will keine Nonne werden, ich will heiraten und Kinder kriegen wie alle. Ich habe noch nie einen geküßt, und vielleicht verspottet er mich dann, weil ich nicht weiß, wie man das macht, aber es kann auch sein, daß er mich nicht verspottet, weil er mich meiner Ansicht nach schon liebhat. Er schaut mich an, daß es zu schön ist, er läßt mich zittern, und dann hat er zu mir gesagt, daß er mich heiraten will, und ich will ihn auch heiraten. Jetzt muß ich schlafen, aber ich will gar nicht schlafen: Ich möchte die ganze Nacht weiterschreiben und morgen auch, aber das darf nicht sein, und deshalb lege ich mich schlafen.
    13. November 1962
Wie glücklich ich bin!
Heute habe ich Vincenzo geküßt, genauer gesagt, er hat mich geküßt. Ich hatte es nicht erwartet, daß er mich küssen würde, aber es war zu schön. Als ich ihn sah, habe ich einen Schlag gekriegt, denn ich bin spät in die Kirche gegangen, es war schon Mittag. Aber früher hatte ich nicht gehen können, weil es lange brauchte, die Mutter Oberin zu überzeugen, daß sie mich mit Assuntina zum Einkaufen schickte. Ich habe es Assuntina gesagt, daß ich mich mit Vincenzo treffen mußte, und ich habe zu ihr gesagt, daß er mein Cousin ist, aber sie hat es mitgekriegt, daß das nicht wahr ist, aber sie hat mir geschworen, daß sie mich nicht verpetzt, denn sie hat auch einen Freund. Deshalb hat sie mich an der Kirche allein gelassen und hat zu mir gesagt, daß sie nach einer Weile käme, wenn sie mit dem Einkaufen fertig sei und ihren Freund getroffen hätte. Aber ich dachte, ich könnte Vincenzo nicht sehen, weil es zu spät war, und dabei war er da drinnen und schaute, ob ich käme. Als er mich sah, ist er sofort zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob ich allein sei, und hat mich mit hinauskommen lassen. Da hat er zu mir gesagt, daß er jeden Tag gekommen ist und bis halb eins auf mich gewartet hat. Ich sagte schon zu ihm, daß ich gleich wieder gehen müsse, da hat er mich ganz fest umarmt und mir einen Kuß in den Mund gegeben. Ich bin still dagestanden und tat nichts, erstens weil ich nicht wußte, was ich tun sollte, und zweitens, weil ich fast in Ohnmacht fiel. Er hat mir gesagt, daß er diese Tage immer an mich gedacht hat, und dann hat er mich gefragt, ob mir der Kuß gefallen habe, und ich habe ja zu ihm gesagt, und da hat er mich noch mal und noch mal geküßt. Ich meine, er hat nicht gemerkt, daß ich nicht küssen konnte, weil er es mir sonst gesagt hätte. Dann aber wollte er mich berühren, und ich habe zu ihm gesagt, daß er damit aufhören soll, weil ich kein Straßenmädchen sei. Er hat zu mir gesagt, wenn ich so was dächte, wäre ich dumm, weil er mich sehr liebhätte. Dann hat er mich gefragt, ob ich ihn liebhätte, und ich habe zu ihm gesagt: nein, und er hat zu mir gesagt, das würde er mir

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