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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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gehen und das Kinderdorf verlassen. Also ging Pappa auf die Suche nach einer Lehrstelle für mich, wenn möglich als Koch. Inzwischen hatte ich eine Vorführung beim Jugendrichter, wegen der Zigaretten-geschichte, und der verpaßte mir acht Arbeitsstunden im Städtischen Krankenhaus, die ich auch innerhalb von zwei Tagen absolvierte. Aber ich klaute trotzdem weiter, und das einzige, was sich änderte, war, daß ich nicht mehr so unvorsichtig war, sondern aufpaßte wie ein Luchs. Meine Noten waren im Halbjahreszeugnis besser ausgefallen als in Orsingen. Nur im Englisch war ich eine Niete, aber Englisch war mir ja egal. Pappa fand auch eine Lehrstelle für mich. Mit ihm fuhr ich an einem Sonntag nach Schönwald in das Hotel Continental, um mich dort vorzustellen.
    Ich hatte schon ein wenig Bammel davor, aber es mußte eben sein. Die Chefin und der Chef saßen am Tisch, und Pappa begrüßte sie wie alte Bekannte. Dabei erfuhr ich, daß die Chefin eine alte Schulkameradin von ihm war. Ich stellte mich vor, und die Chefin wie auch der Chef musterten mich von oben bis unten. Pappa erzählte noch ein paar Dinge von mir, so zum Beispiel, daß ich schon in der Gastronomie gearbeitet habe, und das fanden die zwei so gut, daß ich die Lehrstelle in der Tasche hatte, als wir wieder gingen.
    Jetzt kam es nur noch darauf an, daß es genehmigt würde, daß ich von der Schule gehe. Genau zwei Tage vor dem Schulende kam die Genehmigung, und ich war überglücklich, daß ich entlassen wurde. Das bedeutete viel für mich, denn ich konnte aus dem Kinderdorf und ging nun arbeiten, hatte ein eigenes Zimmer im Hotel, und vor allen Dingen war ich nun auf niemanden angewiesen.
    Am letzten Schultag verabschiedeten sich alle Kameraden von mir, und man schenkte mir von der Klasse einen Kugelschreiber, in dem mein Name eingraviert war.
    Meine Lehrverträge hatte ich nun alle in der Tasche, genauso wie mein Abgangszeugnis. Am ersten August sollte ich anfangen und so hatte ich noch ein paar Tage Zeit.
     
    Pappa holte mich vom Kinderdorf ab, und es gab ein großes Abschiedsessen. Herr Baer und Pappa unterhielten sich noch eine ganze Weile miteinander, dann fuhren wir ab.
    Wir fuhren nach Singen, da Pappa dort wieder im Wienerwald arbeitete und auch sein Zimmer hatte. Wir wollten noch ein paar Tage miteinander verbringen, bevor für mich der Ernst des Lebens losging, so wie Pappa immer sagte.
    Nun war also der erste August, und für mich fing an diesem Tag der Ernst des Lebens an. Meine Sachen hatten wir schon zwei Tage vorher ins Hotel gebracht, und so fuhr ich an diesem Morgen nur mit leichtem Handgepäck von Singen nach Schönwald.
    Gegen halb neun kam ich im Hotel an, und in meinem Zimmer, das noch ein anderer Lehrling mit mir bewohnte, zog ich meine Kochuniform an. Ungefähr um neun Uhr stand ich in der Küche, und da noch niemand da war, der mir sagen konnte, was ich machen sollte, lehnte ich mich an die Wand und wartete darauf, daß der Chef kommt und mir seine Anweisungen gibt. So stand ich nun fast fünf Minuten da und wartete, als die Chefin hereinkam und mich ansah. Als sie mich gemustert hatte, sagte sie zu mir: »Bist du so müde, daß du dich an die Wand lehnen mußt?« »Nein«, antwortete ich und ging automatisch von der Wand weg. Junge, Junge, das ist aber eine Giftige, dachte ich mir, das fängt ja gut an. Ein paar Minuten später kam dann der Chef und gab mir Anweisungen.
    Ich war richtig froh, daß ich beschäftigt war. Die Chefin schlich dann um mich herum und schaute, was ich so arbeitete.
    Sie hatte mal hier und mal dort was auszusetzen, und das ging mir auf die Nerven, denn als der Chef sich ab und zu meine Arbeit anschaute, fand er sie in Ordnung, und der war ja gelernter Koch mit einigen Jahren Berufserfahrung und verstand sein Handwerk. Als wir dann Feierabend hatten, war ich ganz schön kaputt, denn ich war das Arbeiten ja nicht mehr gewohnt.
    Auf dem Zimmer fing ich an, meine Klamotten auszupacken.
    Ich unterhielt mich mit meinem Zimmerkollegen und Arbeitsgenossen. Das Zimmer war groß und sehr komfortabel eingerichtet. Das Bad war ebenfalls ziemlich groß und in einem Extraraum untergebracht, der mit unserem Zimmer verbunden war und zu dem nur wir Zugang hatten. Die Decken waren mit Holz getäfelt, der Boden war mit einem guten Teppichboden ausgelegt, an den Fenstern waren schöne Gardinen, und das ganze Mobiliar war hervorragend. Olaf, mein Kollege, meinte, daß man es hier gut aushaken könne. Er war auch erst seit

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