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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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dem Essen, und konnte machen, was ich wollte. Die Kerle in der Gruppe waren fast alle in Ordnung, bis auf Uli, Thomas und Günter. Von denen bekam ich öfters Druck und ab und zu auch den Frack voll. Ich sagte weder etwas zu meinem Vater darüber, noch zu meinen Erziehern.
    Ich fuhr jedes zweites Wochenende mit Pappa nach Villingen. Ich durfte nur alle zwei Wochen und das fand ich Scheiße, denn meine Freundschaft mit Pappa war nun gut. Es war keine Vater-und Sohnfreundschaft, nein, mehr von Kumpel zu Kumpel. Am Wochenende besuchten wir immer Oma, denn Pappa hatte wieder eine eigene Wohnung. Dann tranken wir viel Alkohol, so daß ich auch ab und zu besoffen war, und das tat mir sogar gut.
    Pappa hatte nichts dagegen, wenn ich besoffen war, er lachte nur darüber und paßte auf, daß ich keine Dummheiten machte.
    Es war immer ganz amüsant an den Wochenenden.
    Ab und zu haute ich auch mal sonntags ab und trampte nach Villingen zu Pappa, obwohl ich normalerweise das Wochenende im Heim bleiben sollte. Mir fing es an zu stinken im Kinderdorf, vor allen Dingen wegen dem Druck von Freddy, der ein regelrechtes Muskelpaket war, und wegen Uli und Thomas, die Geschwister waren und immer zusammenhielten.
    Mein Erzieher, Herr Baer, merkte, daß ich ab und zu sonntags abhaute, und verbot es mir. Ich befolgte das Verbot aber nicht und haute trotzdem ab, wenn mir der ganze Laden auf den Wecker ging.
    Er merkte es und stellte mich zur Rede, und ich sagte ihm, daß ich abgehauen bin und warum ich abgehauen bin. Er nahm sich dann die drei vor und sagte ihnen die Meinung. Er glaubte zwar, daß das etwas helfen würde, das war aber nicht der Fall.
    Der Herr Baer war schon ein guter Erzieher, ein wenig streng, was das Rauchen unter sechzehn Jahren anbetraf, aber ich hatte ihn gerne. Er war Vater von drei Mädchen und fuhr immer mit seinem leuchtend roten VW-Bus durch die Gegend.
    Er tat viel für seine Gruppe, und man mußte ihm auch hoch anrechnen, daß er uns mehr Zeit widmete als seiner eigenen Familie. Ich ließ es dann halt sein, abzuhauen und blieb an diesen Wochenenden im Kinderdorf. Nun gab es natürlich erst recht Ärger mit Uli, Thomas und Freddy, gerade weil ich sie bei Herrn Baer verpfiffen hatte.
    Eines Tages meinte Freddy, er müßte mich mal wieder ein wenig in die Mangel nehmen. Er haute mir am laufenden Band auf meinen Oberarm, und das tat mit der Zeit gewaltig weh.
    Hinter mir war die Wand und ich konnte nirgendwo hin, wir standen auch noch in der Küche. Der einzige Weg aus der Klemme war über Freddy. Ich nahm Anlauf und rannte gegen ihn an. Er wich auch ein Stück zurück, aber dann schlug er zu und traf mich in die Magengegend. Es schmerzte höllisch.
    Freddy lachte, drehte sich um und rannte in die Richtung seines Zimmers. Er mußte aber noch die Treppe hoch und genau geradeaus dort war sein Zimmer. Mir tat der Ranzen weh, und als ich Freddy noch lachen hörte, drehte ich durch.
    Ich nahm das Messer, das neben mir auf der Ablage lag und rannte ihm nach. Freddy war gerade an seiner Zimmertür, als ich an der Treppe unten auftauchte. Ich hob die Hand und warf das Messer. Freddy drückte die Tür zu, als er das Messer sah, und das gerade im letzten Moment, denn das bohrte sich in die Tür, und blieb dort stecken. Ich war außer mir vor Wut und schrie: »Das nächste Mal stech ich dich ab, du Schwein, wenn du mich noch einmal anlangst, und genauso auch die anderen zwei.« Dann kam ich zu mir und sah, was ich angestellt hatte.
    Freddy hatte die Tür wieder geöffnet und schaute genauso auf das Messer, das in der Tür steckte, wie ich. Freddy war ganz sprachlos, denn die ganze Sache ging so schnell. Wenn Freddy die Tür nicht rechtzeitig zugedrückt hätte, hätte er das Messer im Bauch gehabt. »Du hättest mich umbringen können«, stellte Freddy fest. Ich sagte darauf gar nichts, sondern drehte mich um und ging aus dem Haus. Seitdem langte mich keiner mehr an, denn sie meinten, ich würde wirklich einen von ihnen abstechen. Ich wußte nicht, wie ich dazu kam, nach dem Messer zu greifen. Es war für mich unbegreiflich, aber die Sache war nun passiert.
    Herr Baer erfuhr von der ganzen Angelegenheit zum Glück nichts, und ich war auch froh darüber.
    Weder Uli, Thomas noch Freddy sagten etwas zu Herrn Baer, und ich ebenfalls nicht. Sie ließen mich nun in Ruhe und wir wurden sogar einigermaßen Freunde. Pappa brachte mich auf die Idee, wenn ich eine Lehrstelle hätte, könnte ich am Ende des Schuljahres von der Schule

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