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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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ein paar Tagen hier und ebenfalls im ersten Lehrjahr.
    Dienstags hatte ich jeweils meinen freien Tag, und Pappa holte mich immer Montagabends ab. Dann fuhren wir nach Villingen in seine Wohnung, oder gingen weg, um etwas zu trinken, und meistens endete es so, daß ich besoffen war und Pappa auch ziemlich. Pappa hatte die Arbeitsstelle gewechselt.
    Er arbeitete jetzt bei einer Firma, die Hausfassaden richtete und Dächer deckte. Er hatte immer früh Feierabend und wurde auch nicht schlecht bezahlt, wie er sagte.
    Meine Arbeit fand ich hervorragend und sie machte mir Spaß. Der Chef war freundlich, verständnisvoll, wenn mal etwas schiefging, lustig, denn er machte viele Späßchen und vor allen Dingen hatte er Menschenkenntnis und kam mit jedem aus. Jeder, der in der Küche arbeitete, mochte ihn sehr, und ich selbst machte ihn mir zum Vorbild. Nur mit der Chefin kam ich vom ersten Tag an nicht richtig aus. Sie hatte immer an meiner Arbeit herumzunörgeln und wehe, sie sah, daß ich nur fünf Minuten herumstand und nichts machte. Dann ging die Kreischerei schon los.
    Das ganze Theater mit der Chefin ging mir auf die Nerven, und ich war nach Feierabend meistens schlecht gelaunt. Das fiel auch meinem Vater auf und er fragte mich eines Abends, was denn los sei mit mir. Normalerweise hätte ich ihm nichts gesagt, da ich aber angetrunken war, erzählte ich ihm, daß die Chefin nur auf mir herumhackt, daß sie sparsamer ist als nötig und daß wenn es dort oben so weitergeht, ich kündigen würde, denn so was halte ich nicht aus.
    Da Pappa auch schon angesoffen war, sogar besoffen, ging er ans Telephon und rief meine Chefin an. Ich wollte ihn davon abhalten, aber er meinte, er könne ja mit ihr reden, so unter Schulkameraden. Er rief also an und machte sie praktisch zur Sau und behauptete, ich hätte ihm wortwörtlich gesagt: »Die Chefin sei so geizig, daß sie ihre eigene Scheiße fressen täte um zu sparen.« So was hatte ich aber nicht gesagt und als ich Pappa fragte, warum er denn so einen Mist erzählt hätte, sagte er, daß man immer nur mit großen Geschenken auffahren muß, denn mit den kleinen hat man keine Chance. Mir war natürlich klar, daß man mich dafür rauswirft und fing mitten im Lokal an zu heulen wie ein Schloßhund. Daß die Leute mich anschauten, als wenn ich von einem anderen Stern komme, das war mir egal. In der Nacht rief er meinen Chef und meine Chefin nochmal an und quatschte mit ihnen. Ich lag während er telephonierte auf dem Sofa zu Hause und hörte jedes Wort mit, und ich fing wieder an zu heulen. Pappa führte sich auf wie der Retter seines Sohnes, den er aus einer Löwenhöhle geholt hatte. Das alles nur, weil ich Idiot eine weiche Minute hatte und Pappa etwas erzählte, und er machte aus einer Mücke einen Elefanten.
    Mein freier Tag war für mich nun versaut, und am nächsten Tag dachte ich nur noch daran, wie ich die Sache wieder in Ordnung bringen könnte. Mir kam aber kein Gedanke, und so beschloß ich einfach ins Geschäft zu gehen und den ganzen Arger, und wenn es sogar die Kündigung ist, wovon ich schon überzeugt war, über mich ergehen zu lassen, dann meine Koffer zu packen und abzuhauen, irgendwohin, wo mich die ganze Welt am Arsch lecken könnte.
    Am Morgen kam ich in voller Arbeitsmontur in die Küche, und der Chef schrie mich gleich an. Er machte mir Vorwürfe, wie ich denn dazu komme, so einen Mist zu erzählen. Ich versuchte ihm klarzumachen, daß ich so was gar nicht gesagt habe, das mit der Chefin, daß sie vor lauter Geiz ihre eigene Scheiße fressen täte. Er meinte, daß mein Vater so etwas ja nicht aus der Luft greifen könnte. Ich erzählte ihm also die ganze Geschichte, so wie sie war, und er schien mir zu glauben. Er sagte mir dann, daß er mir nicht kündigen werde, und gab mir seine Anweisungen, damit ich anfangen konnte zu arbeiten.
    Für meinen Chef war der Fall so gut wie erledigt, aber für die Chefin nicht. Ich war gerade dabei das Warenlager aufzuräumen, als die Chefin auf einmal hinter mir stand. Junge, Junge, die führte sich auf. Ich versuchte auch ihr zu erklären, wie es dazu kam, aber sie glaubte mir nicht und schimpfte mit mir, daß die Bude wackelte. Einmal äußerte sie sogar dabei den Wunsch mir die Hucke vollzuhauen. So, wie sie vor mir stand und rumschrie, glich sie auf das Haar meiner Mutter. Wenn man ihr jetzt noch eine Reitpeitsche in die Hand gedrückt hätte, wäre ich bestimmt durchgedreht, denn ich hatte mir ja geschworen, mich von keinem

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