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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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komme in fünf Minuten, um das Licht zu löschen.« Wir tappten alle an Pappa heran, gaben ihm einen Gutenachtkuß und verschwanden dann ins Kinderzimmer. Wir gingen gleich alle ins Bett und unterhielten uns ein wenig, indem wir uns gegenseitig von dem Zeichentrickfilm, den wir gerade gesehen hatten, erzählten.
    Dann ging die Tür auf und Mutti kam ins Zimmer, um jedem gute Nacht zu sagen. Sie ging zu Uwe und gab ihm einen Kuß auf die Wange und sagte ihm, er solle gut schlafen. Genauso war es auch bei Ralf und als sie dann zu mir ans Bett kam sagte sie nur: »Jetzt ist dann Ruhe und es wird geschlafen, haben wir uns verstanden?« Ich nickte nur, und sie drehte sich rum und ging aus dem Zimmer und vorher löschte sie noch das Licht aus. Ich fing an zu weinen und ich wußte jetzt, daß sie mich damit mal wieder für heute links liegen gelassen hat. Ich fühlte mich so allein und dachte nur, jedem hatte sie einen Gutenachtkuß gegeben und ganz wie normal gute Nacht gesagt, nur mir nicht. Ich weiß nicht, warum ich genau weinte, weil sie mir nicht gute Nacht gesagt hatte oder weil ich mich so alleine fühlte. Wahrscheinlich wegen beidem. Nur wußte ich, daß sie mich mit Verachtung mehr strafen tat, als wenn sie mir ein paar Ohrfeigen geben tut.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte und den Rolladen hochzog, waren meine Brüder schon wach und spielten mit ihren Kuscheltieren in ihren Betten. Ich ging von unserem Zimmer direkt ins Bad um mich zu waschen, weil ich auch noch aufs Klo mußte. Als ich wieder aus dem Bad kam und ins Zimmer ging, hörte ich in der Küche Mutti das Frühstück zubereiten und ging schnell ins Zimmer um mich anzuziehen.
    Ich war fertig mit Anziehen und ging in die Küche, um Mutti einen guten Morgen zu wünschen, und als ich dann vor ihr stand und guten Morgen sagte, bekam ich wieder keine Antwort. In mir stieg wieder ein komisches Gefühl auf, und ich wußte, daß dieser Tag nicht anders wird als gestern. Sie würde mich wieder den ganzen Tag wie Luft behandeln, und wenn dann Pappa nach Hause käme, wieder alles normal ablaufen, damit er nicht mitkriegt was zu Hause vorging. Ich drehte mich auf dem Absatz herum und ging wieder ins Kinderzimmer.
    Dort tobten meine Brüder auf meinem Bett herum und machten eine Kissenschlacht. Ich ging zu ihnen hin, und schrie sie an:
    »Ihr Idioten, geht von meinem Bett runter bevor ich einem von euch meine Krücke auf die Beine haue.« Jetzt erst merkte ich, daß Mutti im Türrahmen stand, und ich hörte auf, herumzuschreien. Mutti schickte die zwei vom Bett und sagte:
    »Wenn hier einer schlägt bin ich es«, drehte sich rum und ging aus dem Zimmer. Als es dann Abend war und wir alle am Abendbrottisch saßen, sagte Mutti zu Pappa: »Heute habe ich Fritz erwischt, wie er die anderen zwei mit den Krücken schlagen wollte, nur weil sie auf seinem Bett gespielt haben, das find ich nicht richtig, weis den doch du mal zurecht und treib ihm seine Flausen aus dem Kopf.« Pappa schaute mich an und fragte: »Stimmt das Fritz, was da Mutti gesagt hat?« Ich wußte nicht, was ich sagen sollte, und sagte dann gar nichts vorläufig. Und als mir Pappa zum zweitenmal die Frage stellte und dazu sagte: »Ich warte auf eine Antwort«, entschloß ich mich, einfach ja zu sagen, und riskierte damit eine Tracht Prügel. Pappa stand auf, ging auf mich zu, und gab mir eine gewaltige Ohrfeige, und kurz darauf fing ich auch schon an zu weinen. »Das wird dich lehren, deine Brüder nicht zu schlagen, besonders da sie jünger und schwächer sind als du, und wenn mir noch mal so etwas zu Ohren kommt, sitzt nicht nur eine Ohrfeige.« Er drehte sich rum und ging ins Wohnzimmer.
    Meine Brüder grinsten mich an, und Mutti sagte: »Das geschieht dir recht.« Da ich es nicht mehr aushielt in der Küche, stand ich auf vom Tisch und ging ins Kinderzimmer.
    Die nächsten Tage waren nicht besser, denn meine Mutter versuchte mich fast jeden Tag bei Pappa anzuschwärzen, und Pappa glaubte alles, was sie sagte. Aber ich bekam keine Tracht Prügel von meinem Vater, dafür Fernsehverbot und Bettarrest.
    Zum Fernsehschauen kam ich nur noch ganz selten, und Bettarrest hat mir noch weniger gefallen. Wenn ich im Bett liegen mußte, sind meine Geschwister spielen gegangen, und wenn sie Fernsehen geschaut haben, durfte ich im Zimmer sitzen und auf einem Zettel schreiben was ich als Strafarbeit von Pappa aufbekommen habe. Z. B. mußte ich fünfhundertmal schreiben: »Ich soll meinen Vater und meine Mutter

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