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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Aufputschtabletten. Ich war irgendwie fertig mit der Welt, für dieses Gefühl gibt es fast keine Beschreibung.
    Ich lag die ganze Nacht wach auf dem Bett und überlegte, wie ich das mit dem Zeugnis nur hinter mich bringen könnte.
    Gegen Morgengrauen entschied ich mich, das Zeugnis sofort nach der Schule ihr vor die Nase zu legen. Was sie dann machte, werde ich ja sehen. Als Frau Riegelsberger mich fragte, warum ich das Zeugnis nicht dabei hätte, sagte ich nur:
    »Meine Mutter hat vergessen zu unterschreiben.« »Dann bringst du es morgen mit, und nicht wieder vergessen.« »Ja, ja.« Ja, ja heißt so viel wie leck mich am Arsch.
    Die Schule war zu Ende und ich hatte wieder das wacklige Gefühl in den Knien wie am Tage zuvor. Ich sagte Sonja weder auf Wiedersehen oder sonst etwas, sondern stieg gleich in den Bus.
    Unterwegs dachte ich schon an die Tracht Prügel, die ich heute noch kassieren würde. Zu Hause ging ich gleich zu Mutti und sagte ihr, daß wir heute Zeugnisse bekommen haben. Sie wollte es nach dem Mittagessengeschäft anschauen, und ich sollte jetzt an meine Arbeit gehen. Naja, wenn sie es erst am Nachmittag anschaut, dann kriegt wenigstens Sieglinde nicht mit, wie ich die Hucke voll bekomme, dachte ich mir. Das Mittagsgeschäft war zu Ende und Mutti verlangte das Zeugnis, sie wollte es unterschreiben, bevor sie ihren täglichen Mittagsschlaf machte. Ich gab ihr das Zeugnis, und bereitete mich auf das kommende Donnerwetter vor, indem ich versuchte, total abzuschalten. Das gelang mir aber nicht.
    Dann fing Mutti an zu toben wie eine Furie. Sie holte die Reitpeitsche und versohlte mir den Arsch, aber ganz gewaltig.
    Ich schrie zwar wie am Spieß, aber das half alles nichts, ich bekam mein Quantum. Hinterher unterschrieb sie mein Zeugnis und verlangte die von Uwe und Daniela.
    Bei Uwe schimpfte sie nur ein wenig und bei Daniela sagte sie gar nichts.
    Mir tat der Arsch weh und ich überlegte krampfhaft, was ich dagegen machen könnte. Ich ging dann an den Arzneischrank im Bad, da war allerhand drin. Ich schaute mir die Arzneimittel an und hatte dann das richtige in der Hand, Tabletten gegen Kopfschmerzen und allen möglichen Schmerz, ich glaube, sie hießen Optalidon. Ich schluckte gleich drei von den Dingern, damit ich die verfluchten Schmerzen nicht den ganzen Tag hatte, denn solche Striemen tun immer noch eine ganze Weile weh.
    Ungefähr eine halbe Stunde später ließ der ziehende Schmerz nach. Ich weiß nicht, irgendwie war ich nun abgestempelt gegen Schläge. Mir taten zwar die Schläge weh, aber nach einer Tracht Prügel konnte ich Mutti deswegen nicht richtig böse sein. Ich war froh, daß die Tracht Prügel rum war, und ich nahm mir vor ein klein wenig besser zu werden in der Schule.
    Das war aber auch alles.
    Am Abend erzählte Mutti natürlich Pappa von meinem schlechten Zeugnis, und als mich Pappa zu sich rief und mir eine Moralpredigt hielt, dachte ich mir nur: Du mußt gerade etwas sagen, du säufst dir täglich den Arsch voll, kommst nach Hause, randalierst dann und mir willst du dann noch etwas erzählen. Meine Tracht Prügel hab ich mir schon abgeholt und jetzt kannst du mich am Arsch lecken, du Säufer! Als er dann fertig war mit seiner Predigt, drehte ich mich um und ging wieder an meine Arbeit. Für mich war der Fall schlechtes Zeugnis abgeschlossen.
    Am nächsten Tag gab ich mein Zeugnis ab, und als die Schule zu Ende war, drückte mir auf dem Gang Ralfs Lehrer ein Zeugnis in die Hand und fragte mich, ob ich das mitnehmen und unterschreiben lassen könnte. Im Schulbus schaute ich mir dann Ralfs Zeugnis an. O je, das war auch nicht besser als meins, na dann gute Nacht um sechse, dachte ich mir nur.
    Zu Hause gab ich Ralfs Zeugnis Mutti und sagte nur: »Der Klassenlehrer von Ralf meinte, es sei nur ein bißchen schlechter ausgefallen, weil er die letzten Klassenarbeiten nicht mitschreiben konnte, da er ja krank ist, sonst hätte er die schlechten Arbeiten ausbügeln können.« Sie sah mich erstaunt an und nickte nur mit dem Kopf, das hieß so viel, daß sie mich verstanden hatte. Zwar hatte das Ralfs Lehrer nie zu mir gesagt, aber ich dachte mir halt, daß das den Ärger vielleicht ein klein wenig eindämmen würde.
    Der Erfolg war erstaunlich. Mutti unterschrieb Ralfs Zeugnis anstandslos, ging dann zu Ralf und sagte ihm nur, daß das Zeugnis zwar nicht gut sei, aber das sei ja nicht seine Schuld und das hätte auch der Lehrer gesagt. Ralf bekam weder Schläge noch einen Anschiß, das

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