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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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heute.«
    »Nur in London, da gibt’s natürlich wahnsinnig viele. Allerdings zeichnen die meisten Kameras gar nicht wirklich auf.« Du hobst die Lampe ein Stück höher. Das Licht warf Schatten auf dein Gesicht und malte dir dunkle Ringe unter die Augen.
    »Nach mir wird gesucht. Meine Eltern suchen nach mir.«
    »Kann sein, ja.«
    »Sie sind einflussreiche Leute.«
    »Weiß ich.«
    »Sie haben gute Kontakte und Geld. Sie werden ins Fernsehen kommen und dafür sorgen, dass mein Foto überall auf der Welt veröffentlicht wird. Irgendwer wird mich erkennen.«
    »Unwahrscheinlich.« Du bewegtest die Lampe in meine Richtung, ich spürte die Hitze, die von ihr ausging. »Unterwegs warst du die meiste Zeit über im Kofferraum, unter dem Zelt.«
    Mein Brustkorb wurde eng bei der Vorstellung, wie mein Körper zusammengekrümmt und verdreht dalag, achtlos hingeworfen wie ein Gepäckstück. Es war wie in einem Horrorfilm, nur dass ich noch nicht bei der Szene mit dem Messer angekommen war. Ich schlang mir die Arme um die Brust. Wie konnte es sein, dass ich nichts mehr von alldem wusste? Warum waren da nur diese winzigen Erinnerungsblitze? Waren die Mittel, die du mir gegeben hattest, wirklich so stark? Ich ging noch einen Schritt weiter von dir weg, wich bis zur Tür zurück.
    »Im Flughafen hat dich garantiert jemand gesehen«, sagte ich, eigentlich mehr zu mir selbst. »Und irgendwer muss mich doch auch gesehen haben. Es ist total unmöglich, dass ich durch die ganzen Kontrollen bin, ohne …«
    »Keiner, der dich gesehen hat, hätte dich erkannt.«
    »Wieso nicht?«
    »Du hast eine Perücke angehabt, dazu eine Sonnenbrille, Schuhe mit hohen Absätzen und eine andere Jacke. Der Pass, den ich für dich hatte, ging auf einen anderen Namen. Deinen alten hab ich in den Müllcontainer geschmissen.«
    Du kamst näher. Wieder lag da diese Intensität in deinen Augen, als wolltest du etwas von mir, und ich musste daran denken, wie du mich im Coffeeshop angeschaut hattest. Da hatte mich dein durchdringender Blick total fasziniert. Jetzt nicht mehr. Ich beäugte die Regale; das Handbuch der australischen Säugetiere war nur Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Ich überlegte, dir damit eins überzubraten.
    »Deinen Rucksack haben wir auch in den Müll geworfen«, fügtest du hinzu. »Erinnerst du dich nicht mehr, wie du die Klamotten gewechselt und einen Rock angezogen hast? Weißt du nicht mehr, dass du mich angefasst hast? In dem Moment fandst du alles großartig.«
    Salziges Wasser stieg mir in die Kehle, als müsste ich gleich kotzen. Du bewegtest dich, schobst dich zwischen mich und die Tür. Ich schnappte mir das Säugetier-Handbuch.
    »Du bist jetzt ein neuer Mensch, Gem«, murmeltest du. »Dein altes Ich hast du zurückgelassen. Hier draußen hast du die Chance, neu anzufangen.«
    »Ich heiße Gemma«, flüsterte ich und hielt das Buch zwischen uns wie eine Drohung. Was für eine armselige Waffe! »Du hast das gegen meinen Willen gemacht.«
    »Aber du hast es wirklich genossen!«
    Du tatst einen letzten Schritt und standest jetzt direkt vor mir. Ich lehnte mich zurück, drückte meine Wirbelsäule gegen das Bücherregal. Du strecktest die Hand aus und berührtest mich im Gesicht. Meine Haut begann zu glühen. Ich hielt das Buch hoch, vor meinen Hals.
    »Du warst ziemlich willig, weißt du nicht mehr?«, nuscheltest du.
    »Nein.«
    Meine Haut brannte unter deiner Berührung. Mein Kiefer war fest zusammengepresst, als ich deinen Blick erwiderte. Doch ich erinnerte mich tatsächlich. Und das machte es noch schlimmer. Ich erinnerte mich, wie ich gelacht hatte, während du meinen Kopf genommen und mir etwas übergestreift hattest. Ich erinnerte mich an die Kleider, an deinen Rücken. Ich erinnerte mich, wie sehr ich dich hatte küssen wollen. Ich machte die Augen zu. Ein Geräusch drang aus meiner Kehle und plötzlich sank ich zusammen und kauerte unten am Bücherregal. Du legtest mir die Hand auf den Rücken.
    Ich schlug um mich und erwischte dich am Kinn. Ich versuchte mit aller Kraft, dich wegzustoßen.
    »Ich hasse dich«, brüllte ich. »Verdammte Scheiße, wie ich dich hasse.«
    Du zogst deine Hand sofort zurück, als hättest du dich verbrannt.
    »Vielleicht ändert sich das noch«, sagtest du leise.
    Du nahmst die Petroleumlampe mit und hast mich zusammengekauert im Dunkeln zurückgelassen.
     
     
    Ich konnte nicht schlafen in dieser Nacht, wie so oft. Das lag nicht an der Hitze. Nachts war es hier nie besonders

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