Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
Vom Netzwerk:
besser.
    Ich ging immer der Leitung nach. Der Weg, an dem sie entlanglief, war breiter und nicht so uneben wie der andere, aber ich musste zum Teil durch dichtes Gras. Ich dachte an Schlangen. Was sollte ich tun, falls ich eine entdeckte? Ich hatte mal einen Film gesehen, in dem ein Mann seinen Arm nach einem Schlangenbiss mit einem Seil abgebunden hatte, aber weil er zu fest zugezogen hatte, musste der Arm später amputiert werden. Ich versuchte den Gedanken wegzuschieben; er war in meiner Situation nicht gerade hilfreich. In der Hoffnung, dass die Richtung ungefähr stimmte, lief ich weiter. Es kam mir vor, als würde ich in direkter Linie auf die andere Seite zuhalten. Die Sonne stand senkrecht über mir und knallte mit aller Macht auf mich herunter, trotzdem war die Hitze nicht so erdrückend wie vorm Haus. Die Vegetation wurde immer dichter. Zwischen den Felsen war es überhaupt nicht wüstenmäßig. Ich war noch nicht lange gelaufen, da öffnete sich der Pfad zu einer weiteren Lichtung. Diese hier war kleiner als die erste und noch dichter mit Pflanzen bewachsen. Ich folgte dem Rohr, das sie durchquerte.
    Das Wasserloch war ganz von Büschen und Bäumen verdeckt, so dass ich beinahe hineingestolpert wäre. Aber ein dicker Ast fing mich gerade noch rechtzeitig auf.
    Ein Felsblock ragte übers Wasser und schirmte es gegen die Sonne ab. Am hinteren Ende gab es direkt über der Oberfläche eine Höhle mit einer moosbewachsenen Öffnung. In diesem dunklen Loch konnte sich alles verbergen. Schlangen, Krokodile … Leichen. Ein Schauer überlief mich.
    Ich klammerte mich an den Ast des Baums und starrte zu der Höhle hin. Irgendwo über mir zwitscherten Vögel, doch ich hörte sie kaum. Das Wasser wirkte tief und dunkel, aber es war klar. Ich konnte den Sand und die Wasserpflanzen am Boden erkennen. Mir hätte schon viel früher bewusst sein müssen, dass es hier irgendwo Wasser gab. Wie hätten sonst die vielen Bäume wachsen können? Vom Regen allein bestimmt nicht.
    Ich kniete mich an den Rand und steckte einen Finger in den Tümpel, schnappte nach Luft und zog ihn gleich wieder zurück. Das Wasser war kalt, es kam mir eisig vor. Ich wollte reinspringen … einfach reinspringen in diesen Tümpel und ihn leer trinken. Aber ich hockte einfach nur auf den Fersen und glotzte das Wasser an. Ich war so blöd. Da saß ich nun und trank trotzdem keinen Tropfen, obwohl ich kurz vorm Verdursten war. Ich wusste einfach nicht, ob es okay war, davon zu trinken, denn ich hatte keine Ahnung, was drin war. Mir ging der Fernsehfilm nicht aus dem Sinn, in dem irgendein Abenteurer Wasser aus einem Fluss trinkt und dabei einen winzigen Fisch verschluckt, der ihn dann von innen aufzufressen beginnt. Am Ende steckt ein Arzt einen langen Schlauch in ihn hinein, um das Viech wieder rauszukriegen. Aber hier gab es keine Ärzte. Und ich wollte wirklich keinen Fisch in mir drin haben, also ließ ich das mit dem Wasser bleiben. Ich stand wieder auf und lief um das Wasserloch. Ich wollte wissen, wo die Rohrleitung am andern Ende wieder rauskam.
    Aber sie kam nirgends raus. Das Rohr hörte unter Wasser auf, es führte nirgendwohin. Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare, während ich mich umschaute. Anscheinend hattest du die Wahrheit gesagt. Hier gab es keine andern Häuser, die mit dem gleichen Wasser versorgt wurden.
    Ich stapfte durch die kleine Lichtung und suchte nach einem Weg, der von hier wegführte und mich auf die andere Seite der Felsen brachte. Es gab tatsächlich noch zwei Pfade, aber sie waren kleiner und schmaler und außerdem ziemlich zugewachsen. Vorsichtig tappte ich den größeren der beiden entlang. Die Angst vor Schlangen, die ich vorhin gehabt hatte, war gar nichts gegen das, was ich auf diesem Pfad erlebte. Zeitweise ging mir das Gras bis zu den Knien und immer wieder bewegte sich irgendwas darin, andauernd raschelte es rings um mich herum. Ich bildete mir ein, irgendwas in den Felsen auf Höhe meiner Hände zu sehen: irgendwas, das davonschlängelte. Fliegen surrten laut um meinen Kopf und verfingen sich in meinen Haaren. Ich ging immer weiter, bis der Pfad in eine Sackgasse führte. Ein Fels versperrte den Weg, ich musste umkehren. Ich versuchte es mit dem zweiten, schmaleren Pfad, aber auch der wurde bald viel zu eng.
    Also ging ich zurück zu der großen Lichtung, aber die Wege, die von hier abgingen, waren auch nicht besser. Ich verhedderte mich immer mehr im Labyrinth der Felsen. Ich könnte nicht sagen, wie

Weitere Kostenlose Bücher