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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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war misstrauisch dir gegenüber …«
    »Nein.«
    »Und Josh Holmes?«
    Überrascht schnappte ich nach Luft.
    »Ich weiß genau, was er mit dir machen wollte, wie weit er gehen wollte … Ich hab gesehen, wie er dir nachspioniert hat, hab auch mitgekriegt, dass er dir diese miesen kleinen SMS geschickt hat.«
    »Du lügst.«
    Du schautest mir direkt in die Augen. »Hab ich bisher nicht Recht gehabt?«
    Ich ging ein paar Schritte rückwärts, bis ich die Wand hinter mir spürte. Ich lehnte mich dagegen. Du hattest Josh nun schon zum zweiten Mal erwähnt.
    »Er war verliebt in dich, richtig verliebt. Er hat Anna gesagt, wie sehr er dich will.«
    »Hast du ihn etwa auch verfolgt?«
    »Ich hab alle verfolgt.« Du drehtest dich von mir weg und fingst wieder an zu malen. »Aber du hättest dir wegen Josh überhaupt keine Sorgen machen müssen. Ich hätte ihm den Schädel eingeschlagen, bevor er auch nur seine Hose aufbekommen hätte.«
    Ich schüttelte den Kopf, meine Gedanken wirbelten. Ich wünschte, du hättest Josh wirklich den Schädel eingeschlagen … Dann wärst du nämlich jetzt im Gefängnis, Josh läge im Krankenhaus und ich wäre zu Hause. Perfekt. Ich glitt an der Wand hinunter und versuchte, das Ganze auf die Reihe zu kriegen. Ich wollte immer noch glauben, dass alles, was du mir da erzähltest, Blödsinn war. Aber es passte zu gut zusammen. Ich schloss die Augen, wollte dich nie mehr sehen.
    Dann fiel mir etwas ein. Ich fragte mich, ob Josh nach meinem Verschwinden wohl unter Verdacht geraten war. Er war so was wie der plausibelste Verdächtige, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass ihm irgendwer eine Entführung zutraute. Aber vielleicht war er verhört worden, weil die Polizei dachte, ich wäre mit ihm befreundet, womöglich glaubten sie sogar, wir wären richtig zusammen gewesen. Vielleicht hatten sie ihn schon verhaftet. Ein Schauder überlief mich – trotz der Entfernung von vielen Tausend Meilen war mir der Gedanke an Josh immer noch unheimlich … erst recht, wo er jetzt vielleicht den besorgten Freund spielte.
    »Wo hast du gewohnt?«, fragte ich.
    »Kelvin Grove.«
    »Du warst in dem Obdachlosenheim?«
    Dein Blick traf meinen. »Kann sein, für eine Weile.«
    »Josh wohnt dort in der Nähe.«
    »Weiß ich.« Du warst wieder ganz ins Malen vertieft. »Findest du, er hätte sich mit mir zusammentun sollen?« Du hast kurz gelacht. »Dann wär’s ihm bestimmt leichter gefallen, dich zu schnappen.«
    »Hast du ihn beobachtet?«
    »Klar.«
    »Auch mit ihm geredet?«
    »Ein Mal.«
    »Und?«
    Unwillkürlich versteifte ich mich vor lauter Spannung.
    »Ich hab ihm gesagt, ich wäre dein Schutzengel.«
    »Du hast also wirklich mit ihm gesprochen?« Meine Gedanken überschlugen sich. Wenn Josh dich gesehen hatte und der Polizei eine Personenbeschreibung liefern konnte, wäre das natürlich eine Spur. Dann würden sie eins von diesen Phantombildern machen lassen und dein Gesicht in Crimewatch zeigen. Sie würden dich finden, irgendwie. Sie würden uns finden.
    Ich dachte ein bisschen länger über Josh nach, versuchte mir klar zu werden, wie er tickte. Er hatte nicht viel Mumm, aber ich hielt ihn nicht für verlogen. Auf keinen Fall würde er unter Verdacht stehen wollen. Ob er sich wohl als Zeuge melden würde? Immerhin konnte er was über deine Größe und deine Stimme und so weiter aussagen. In diesem Moment schien er meine letzte Hoffnung zu sein. Seltsam, dass meine einzige Chance ausgerechnet ein Mensch war, den ich hasste.
    »Die finden mich, das ist dir doch klar«, sagte ich. »Irgendwann finden sie mich. Du kannst mich nicht für immer hier festhalten.«
    Deine Stirn kräuselte sich ein wenig und du hörtest auf zu malen.
    »Aber vielleicht lässt du mich ja auch einfach gehen?«, fuhr ich fort. »Kann doch sein, dass dir das alles irgendwann langweilig wird.« Ich bemühte mich um einen leichten Tonfall, probierte eine neue Taktik. »Weißt du, ich kann mich darum kümmern, dass du Hilfe bekommst, oder Geld auftreiben. Dad kennt jede Menge Leute – Ärzte, Anwälte …«
    Du hast mich nicht ausreden lassen. In Sekundenschnelle warst du auf den Beinen. »Glaubst du im Ernst, dass es das ist, was ich will?« Deine Stimme überschlug sich. Dann richtetest du den Pinsel auf mich. »Mal deine Hand an«, sagtest du mit Nachdruck. Es war kein Vorschlag. Du schobst mir einen Teller mit erdbrauner Farbe hin. Ich sah, wie der Puls in deiner Halsschlagader pochte und wie starr dein Kinn war.

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