Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
hörte auch deinen keuchenden Atem. Ich packte das Lenkrad; es war heiß und schmierig von deinem Griff. Dein linker Fuß stand jetzt auf dem Gaspedal, statt wie vorher über der Kupplung zu schweben. Dein rechtes Bein hattest du gegen den Türrahmen gestemmt. Nichts konnte den Wagen bremsen.
»Fahr immer weiter geradeaus!«
Ich versuchte, weder dich noch die Kamele anzuschauen, denn jedes Mal, wenn ich das tat, zog der Wagen in diese Richtung. Ich blickte nach vorn auf den Sand und machte einen Schlenker, um einem Spinifexbusch auszuweichen, was dich beinahe kopfüber aus dem Wagen geschleudert hätte.
»Herrgott! Du fährst ja noch schlechter als ich!« Du lachtest im Wind.
Dann klemmtest du dein rechtes Bein hinter dein linkes und beugtest dich weiter raus. Auch die Stange schobst du noch ein Stück nach draußen und zogst damit auch das Seil vor, das hinten an der Stange hing. Deinen Oberschenkel drücktest du fest gegen meinen Arm, wahrscheinlich um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Wenn sich die Schlinge um ihren Kopf legt, geh schnell aus dem Weg. Das Seil wird dann durchs Auto fegen. Duck dich, wenn’s irgendwie geht; wenn du dich drin verhedderst, kann’s dich in zwei Teile zerlegen. Im Ernst.«
Ich sah an meinem Körper herunter, der sich quer über den Sitz und die Gangschaltung streckte, und auf meine Hände, die das Lenkrad umklammert hielten. Ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wie ich hinkriegen sollte, irgendwas aus dem Weg zu gehen. Der Wagen ruckelte und schwankte. Du warst jetzt bereit, die Schlinge auszuwerfen. Dein Körper war gespannt vor Konzentration, dein Bein drückte noch fester gegen meinen Arm.
Ich zwang mich weiterzuatmen. Dein Arm war jetzt wurfbereit. Du lehntest dich weiter hinaus, dein langer Oberkörper total gestreckt, jeder Muskel hart vor Anstrengung. Würdest du nach draußen kippen, wenn ich dir jetzt einen Stoß versetzte? Du hast die Stange über deinem Kopf kreisen lassen, immer schneller, um mehr Schwung zu kriegen.
Dann hast du losgelassen.
Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Schlinge, die auf den Kamelkopf zuflog, das Seil schoss hinterher. Es zischte an meinen Armen entlang durchs Wageninnere und verbrannte mir die Haut. Es peitschte über deinen Bauch und hinterließ dort eine tiefe rote Linie wie ein Brandzeichen. Und dann zog der Wagen auf einmal hart zur Seite weg, drehte sich von selbst. Ich spürte, wie das Heck ausbrach, und versuchte verzweifelt gegenzulenken.
»Lass!«, brülltest du. Du hast dich zurück auf den Fahrersitz fallen lassen, wobei du um ein Haar auf mir gelandet wärst. Mit einer Hand schnapptest du das Lenkrad und drehtest es zu dem Kamel hin.
»Halt dich fest!«
Du gingst vom Gas und tratst die Bremse durch. Erst da geriet das Auto wirklich außer Kontrolle. Durch die Windschutzscheibe sah ich das Kamel an uns vorbeirasen. Ich taumelte in meinen Sitz zurück und versuchte mich irgendwo festzukrallen. Dann schloss ich die Augen.
Blitzschnell warst du aus dem Auto. Die Kamelstute stieß einen grässlichen Laut aus, ein tiefes, verzweifeltes Stöhnen, das in der Wüste widerhallte.
Ich ging hin, um sie mir anzuschauen. »Hast du sie verletzt?«, fragte ich.
»Nur ihren Stolz.«
Ihr langer Hals bewegte sich kreisend, ihre Augen waren weiß vor Angst. Ich streckte die Hand hoch und berührte das Fell an ihrem Oberschenkel. »Du Arme.«
Eilig hast du ihr ein Seil um die Beine geschlungen, dann einen Eimer und einen von den großen Wasserkanistern aus dem Kofferraum geholt. Mit einem kleinen Ächzen hast du den Kanister hochgehievt, bis du ihn auf deinem Bein abstützen konntest, bevor du vorsichtig Wasser in den Eimer gekippt hast.
Du versuchtest dem Kamel gut zuzureden, damit es trank. »Ja, meine Kleine, ist doch alles gut.«
Du streicheltest ihren Hals, wolltest sie beruhigen. Aber die Kamelstute schaute nur über die Schulter zu ihrer Herde zurück, die Richtung Horizont verschwand. Sie stöhnte und stöhnte. Sie versuchte den andern hinterherzulaufen, aber du hattest das Seil um ihre Vorderbeine fest angezogen. Sie schlug mit den Hinterbeinen aus und verpasste mich dabei nur knapp.
»Pass auf!«, warntest du mich. Mit einem Satz warst du neben mir und schlangst das Seil etwas überm Knie um die Beine des Kamels. »Geh auf die andere Seite.«
Du warfst das Seil über den Kamelhöcker. »Zieh«, sagtest du. Ich tat es. »Fester.«
Ich zerrte an dem Seil, obwohl es mir total gegen den Strich ging.
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