Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
hörten wir auf zu reden. Dann verschwanden Jay und Beth im Gebüsch. Und ich saß ganz allein da, direkt neben meinen besten Freunden, die mehr oder weniger herumvögelten.
Allerdings war Josh immer noch in der Nähe, hielt sich versteckt in den Schatten. Ich trank weiter. Ich war so bescheuert zu glauben, Anna und Ben würden bald aufhören und wir könnten zusammen nach Hause gehen. Doch dann sah mich Anna über Bens Schulter hinweg an und ich wusste genau, was sie von mir wollte. Also machte ich, dass ich wegkam. Ich stolperte durch den dunklen Park auf den Ausgang zu. Mir war unklar, wohin sich Beth und Jay verdrückt hatten, jedenfalls sah ich sie nicht. Ein drückender Geruch lag in der Luft, irgendwie erdig und schwer. Winzig kleine Mücken schwirrten mir um die Augen.
Josh folgte mir.
Ich hatte ihn erst nicht bemerkt, aber als ich etwa die Hälfte der Strecke bis zum Ausgang zurückgelegt hatte, hörte ich seine Schritte. Sie waren zugleich schleppend und schnell. Ich nahm das Geräusch seiner Jeans wahr, deren Beine beim Laufen aneinanderrieben. Ich drehte mich um. Da sah ich ihn. Er war ein paar Meter hinter mir und steuerte direkt auf mich zu. Der Ausdruck in seinen Augen war – na ja, richtig fies. Er wirkte, als hätte er die letzten Monate über nur auf das hier gewartet – mich im Park zu erwischen, allein und betrunken. Es musste die ganze Zeit über sein Ziel gewesen sein. Als ich ihn ansah, begann sich in meinem Kopf alles zu drehen. Ich lehnte mich gegen einen Baum, um wieder Halt zu kriegen.
Dabei verlor ich die Orientierung. Als ich zurück auf den Weg trat, erwischte ich die falsche Richtung. Allerdings merkte ich erst mal gar nichts, weil Josh nun mit mir zu reden begann und dabei immer näher kam. Ich konnte mich auf nichts konzentrieren als darauf, schneller zu gehen. Dann hörte ich ihn leise lachen.
»Gemma, warte«, sagte er. »Ich will bloß mit dir reden.«
Ich war jetzt in einer Ecke vom Park, in die ich sonst nur selten kam, ganz hinten bei den Farnen. Irgendwo vor mir musste ein Teich liegen. Aber ich konnte mich nicht genau genug erinnern. Um mich wieder zurechtzufinden, würde ich umkehren und genau den Weg zurückgehen müssen, auf dem ich gekommen war. Aber auf diesem Weg war Josh. Und er kam immer näher. Es war hier so dunkel, dass ich nicht mal erkennen konnte, wie nah er genau war.
»Hau ab, Josh«, sagte ich. »Ein andermal. Geh einfach heim.«
»Aber es ist noch früh.«
Ich suchte nach einem Ast oder sonst irgendwas, das ich zwischen uns halten könnte. Fieberhaft überlegte ich, wo der Teich sein mochte. Führte der Weg um ihn herum? Und danach irgendwo anders hin?
»Komm schon, Josh«, versuchte ich es noch mal. »Was soll das? Du weißt doch, dass ich nicht mit dir gehen will.« Meine Stimme zitterte, mein Hals war wie zugeschnürt, ich brachte die Worte kaum heraus. »Lass mich in Ruhe.«
»Will ich aber nicht.«
Josh war nur noch ein paar Schritte weit weg. Ich sah jetzt die Umrisse des Teiches, er lag direkt vor mir. Die Pflanzen an seinem Ufer ragten auf wie schattige Speere. Ich spürte, wie feucht die Luft auf einmal war und wie weich der Boden unter meinen Füßen wirkte. Am Geräusch von Joshs Jeans hörte ich, dass er im Gestrüpp direkt hinter mir herumtappte. Rechts von mir lag der Pfad, der um den Teich herumführte.
Ich bewegte mich direkt darauf zu – und da war es passiert.
Plötzlich riss ich die Augen auf, mir war etwas eingefallen. Du warst immer noch mit dem Nagel beschäftigt, den du inzwischen fast herausgezogen hattest. Ich sah deinen gebeugten Rücken und hörte dein leises Grummeln.
»Bist du da gewesen in dieser Nacht?«, fragte ich leise. »In der Nacht im Park mit Josh?«
Dein Mund zuckte, du hast die Schultern nach vorne fallen lassen und wirktest nun ganz in dich zusammengesunken. Ich schloss die Augen wieder, nur für einen kurzen Moment.
Es war leicht, mich an das Geräusch zu erinnern: eine Art scharfes Schlurfen, das von Josh kommen musste, der wohl im Gras ausgerutscht war. Und dann sah ich die Schatten. Zwei Schatten außer meinem eigenen; beide auf dem Pfad; ein großer und ein kleiner. Rasch sah ich mich um. Da war noch jemand. Jemand in einem grauen Kapuzenshirt. Jemand, der Josh zurückdrängte, ihn von mir wegschob. Ich hörte, wie Josh etwas rief, doch seine Stimme wurde übertönt von einer andern. Sie klang tief, dunkel, eindringlich. Ich hatte gedacht, es wäre einer von Joshs verqueren Freunden, der
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