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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Transportmittel. Viel mehr.«
    Ich blickte zu den beiden Schuppen neben dem Haus und musterte den zweiten – den, in dem ich noch nicht gewesen war. Lagerte dort das Benzin? Auf einmal hatte ich ein Bild im Kopf: Ich könnte dich im Haus einsperren und Benzin rundherum auskippen, dann die Veranda anstecken und zusehen, wie du verbrennst. Mit den Augen suchte ich deine Klamotten ab, wohl zum millionsten Mal. Solange ich nicht wusste, wo die Autoschlüssel waren, hatte ich nicht die geringste Chance zu fliehen, also war auch die Fantasie, dich abzufackeln, aussichtslos und schwachsinnig. Der zweite Schuppen war abgesperrt, ein Vorhängeschloss hing an der Tür. Ich betrachtete den hoch aufragenden Kamelrücken. Er wirkte nicht gerade vertrauenerweckend.
    »Wann wirst du versuchen, sie zu reiten?«, fragte ich. »Heute?«
    »Nein!« Du kraultest dem Kamel den Hals. »Keine Chance. Mit Kamelen geht’s nur in winzigen Schritten voran, das ist eben so. Man macht immer nur eine kleine Sache, bis sie sich fügen und lernen, was sie lernen sollen.«
    Du versuchtest, das Seil jedes Mal länger auf ihrem Rücken liegen zu lassen. Sie wich mühelos aus. Aber manchmal ließ sie auch zu, dass es dort blieb.
    »Du zwingst sie also, immer das zu tun, was du willst? Du brichst ihren eigenen Willen?«
    »Ganz so ist es nicht.« Du hast mit der Zunge geschnalzt und dich direkt auf die Kamelstute zubewegt. Als du ihr diesmal das Seil über den Rücken warfst, wich sie nicht aus. Stattdessen drehte sie ihren langen Hals nach hinten und begann, das Seil zu beschnuppern. »Ich bringe ihr bei, dass sie mir vertrauen kann«, sagtest du. »Sobald sie Vertrauen zu mir hat und mich akzeptiert, wird’s ihr besser gehen. Weißt du, Kamele sind Herdentiere. Sie fühlt sich sicher, wenn sie jemanden hat, der sie führt und dem sie folgen kann. Dann braucht sie sich keine Sorgen zu machen und hat auch keine Angst mehr.«
    Du hast beim Reden das Kamel nie aus den Augen gelassen. Du legtest ihr die Hände auf den Rücken und lehntest dich mit dem ganzen Körper gegen sie, drängtest sie, dich anzunehmen. Sie wich dir nicht aus. Stattdessen knabberte sie an den Blättern, die du ihr hinhieltst.
    »Braves Mädchen«, lobtest du. »Braves, schönes Mädchen. So ist es gut.«
    Du hörtest auf, dich gegen sie zu pressen, nahmst ihr das Seil vom Rücken, hobst noch einen Zweig mit Blättern hoch und das Ganze fing von vorne an. Nachdem du das noch ein paarmal gemacht hattest, strichst du kräftig mit den Händen über ihr Fell, am Hals beginnend bis hinunter zu den Füßen. Sie gurgelte leise vor sich hin und du murmeltest etwas als Antwort.
    »Für heute ist es genug, Kleine«, sagtest du. »Morgen machen wir weiter.«
    Während sie weiterkaute, gingst du rüber zu dem Loch, das du in den Maschendrahtzaun geschnitten hattest und das ihren Pferch mit dem Gelände der Separates verband. Du machtest es größer, so dass ein Kamel durchpasste. Du zeigtest ihr die Richtung und gabst ihr zu verstehen, sie könnte rüber zu den Felsen laufen.
    »Da erwischst du sie doch nicht mehr …«, begann ich.
    Aber das Kamel lief sowieso hinter dir her und suchte mit dem Kopf deine Schulter. Du bücktest dich unter den Seilen durch, die das Kamelgehege umgaben, und kamst zu mir. Direkt neben mir hast du dich fallen lassen, dich im Sand ausgestreckt und wegen der Sonne die Augen zugemacht. Du warst ziemlich nah, aber dieses eine Mal rutschte ich nicht weg. Ich dachte immer noch an die Ameise, die unter mir herumkrabbelte; ich wollte sie nicht zerquetschen und auch nicht von ihr gebissen werden. Außerdem war mir zu heiß und ich war faul. Eins deiner Augenlider hob sich ein wenig und du warfst mir einen Blick zu.
    »Wir schaffen’s«, sagtest du seufzend. »In winzigen Schritten.«
     
     
    Nach einer Weile rappeltest du dich wieder hoch und wischtest dir mit der Hand über die Stirn.
    »Lass uns was trinken«, sagtest du. »Hier draußen ist es zu heiß.«
    Ich folgte dir auf die Veranda, ging aber nicht mit nach drinnen. Ich wollte noch über unser Gespräch am vergangenen Tag nachdenken, darüber, ob wirklich du das gewesen sein konntest in dieser Nacht im Park. Manchmal kam mir das überzeugend vor, manchmal aber auch nicht.
    Du hattest die Tür offen gelassen und ich hörte, wie du in der Küche das Wasser gierig direkt aus dem Hahn trankst. Mit zwei vollen Gläsern kamst du zurück. Eines davon gabst du mir. Ich nahm es, trank aber nichts. Ich sah, wie sich

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