Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
du normalerweise die Hühner füttertest, also holte ich das Kistchen mit den Körnern und Nüssen und ging los, um es selbst zu tun. Der Weg zu den Separates führte durch das Kamelgehege. Ich ging zum ersten Mal ohne dich dort hinein. Die Kamelstute ruhte am Boden und hatte die Beine unter dem Körper angezogen. Sie hob den Kopf, als ich kam.
»Immer mit der Ruhe, Mädchen«, sagte ich, bemüht so zu klingen wie du.
Sie war riesig, und es fiel mir schwer, keine Angst vor ihr zu haben. Vorsichtig ging ich rüber zu den Felsen. Ich fragte mich, ob du wohl immer noch irgendwo da drinnen warst. Und wenn ja, dann wo? Es kam mir vor, als würdest du mich beobachten.
Ich erreichte die Lichtung. Dort war es nicht so still wie sonst überall. Die wilden Vögel begannen gerade ihren Nachmittagsschwatz. Eine Eidechse, die sich auf einem Felsen aalte, zog sich schnell in den Schatten zurück, als ich zu den Käfigen hinüberging. Ich fing mit den Hennen an, der Hahn würde schon noch drankommen. Er stolzierte in seinem Käfig herum, als würde er sich auf einen Kampf vorbereiten. Ich zerrte die Klappe am Hühnerkäfig hoch und streute das Futter hinein. Die Hennen drängten sich um meine Hand, ihre warmen Federn berührten sacht meine Haut. Ihr gluckerndes Gackern gefiel mir. Sie hörten sich an wie die zwei alten Frauen, die manchmal im gleichem Bus fuhren wie ich, wenn ich aus der Schule heimkam; auch sie schnatterten und gackerten, nur eben über ihre Lieblingssendungen im Fernsehen. Ich vermisste diese beiden alten Frauen. Und ich fragte mich, ob ihnen wohl auffiel, dass ich nicht mehr im Bus war.
Ich beschloss, den Hühnern Namen zu geben. Die beiden dicken grauen nannte ich Ethel und Gwen, nach den Frauen im Bus. Die dünne rote Henne war Mum. Die etwas dickere rote war Anna. Die große, mit dem vielen Orange, taufte ich Ben (schon klar, das ist ein Name für Jungs, aber was soll’s) und die kränklich wirkende weiße war Alison, nach meiner Oma. Den Hahn nannte ich Gockel und dachte dabei an dich.
Nachdem ich die Hühner eine Weile lang gestreichelt hatte, schloss ich die Käfigklappe und ging rüber zu dem Hahn. Er streckte den Schnabel durch die Drahtmaschen und hackte nach mir. Ich schnippte ein bisschen Dreck in seine Richtung und zerrte dann den Riegel auf. Sofort stürzte er sich auf mich und grub seinen scharfen Schnabel in meine Finger. Ich sprang zurück und schubste ihn von mir.
Ich hörte dein Lachen aus der Ecke, wo die Pflanzen standen. Du lehntest mit dem Rücken an einem Felsen und hattest die Füße gegen einen Baum gestemmt. Du warst so regungslos wie der Sandstein hinter dir.
»Du musst ihn hochheben, wenn er so drauf ist«, sagtest du. »Ihn rumtragen, bis er ruhig wird. Entweder das oder du drehst ihn mit dem Kopf nach unten.«
»Das möchte ich sehen.«
Du zucktest mit den Achseln und kamst herüber. Als du vorm Stall in die Knie gingst, versuchte Gockel auch nach dir zu hacken. Er sprang hoch in die Luft und stieß mit seinen scharfen Krallen gegen den Riegel.
»Kampfhühner, was?« Du hast mich angegrinst und die Ärmel hochgerollt. »Das kriegen wir schon hin.«
Du langtest in den Käfig. Im selben Moment stürzte sich Gockel auf deine Hand, krallte sich fest und riss dir mit seinem scharfen Schnabel Fetzen aus dem Fleisch.
»Verdammter Hahn!«
Du wolltest ihn fallen lassen, aber Gockel klammerte sich fest. Ich drehte das Gesicht zur Seite, damit du meine Schadenfreude nicht mitbekamst. Du fuchteltest wie wild mit der Hand herum, um den Hahn abzuschütteln. Doch er grub seine Krallen in dich, als hinge sein Leben davon ab. Er riss eine klaffende Wunde quer über deine Fingerknöchel. Du versuchtest ihn mit der anderen Hand runterzuzerren, aber Gockel kämpfte verbissen weiter. Er krächzte und kreischte, das Gemetzel schien ihm zu gefallen. Du schriest zurück. Es war ein richtiger Kampf, so wie in Tierfilmen, wenn die dominanten Männchen von zwei Gruppen darum streiten, wer der Boss ist. Ich feuerte den Hahn an und freute mich über jeden Kratzer, den er dir zufügte.
Schließlich gelang es dir, ihn mit der anderen Hand bei den Flügeln zu packen. So nageltest du ihn fest. Ich wartete und fragte mich, ob du wohl noch stärker zudrücken und es ihm richtig heimzahlen würdest. Aber du hast ihn nur zurück in seinen Käfig geworfen, das Futter hinterhergepfeffert und schnell die Klappe zugemacht. Dann versetztest du dem Gitter einen Stiefeltritt. Gockel flog hoch zum Dach, warf
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