Ich würde dich so gerne kuessen
Frage.«
»Na ja, ich weiß nicht. Es gibt Tage, da mag man sich, und andere, da kann man sich eben nicht ausstehen, das ist doch normal.«
»Und du bist trotzdem schön.«
»Ich bin Huckleberry Finn.«
»Was bitte?« Jeffer lacht.
»Huckleberry Finn. Hochgekrempelte Hosen, barfuß, Schlabbershirt und im Gras liegen, das mag ich am liebsten.«
»Na, ist doch tausendmal besser als dieser Tussialarm!«
»Tausendmal!«
»Hier, hör mal, Tony Joe White, großartiger Song!«
Wir rauchen zwei Schachteln Zigaretten, hören an die sechzig Songs, sehen uns an und lächeln, ich ziehe meine Schuhe aus, Jeffer kocht Tee, ich male Kreise auf einen Bierdeckel, Jeffer bezieht sein Bett neu, ich schreibe Maja eine SMS , wir spülen zusammen ab.
Und dann liege ich in Jeffers Bett. Er putzt sich die Zähne im Bad. Ich habe ein T-Shirt von ihm an. Der Plattenspieler ist leise gedreht, weit weg hört man die Flöten von Jethro Tull.
Ich bin nervös. Ich denke an meine Eltern auf den Malediven. Ausgerechnet!
Jeffer kommt in das Zimmer und zündet eine Kerze an.
»Darf ich?«, fragt er und deutet mit dem Kopf zu mir.
»Was?«
»Zu dir unter die Decke krabbeln.«
»Ja.«
Ich halte den Atem an. Ich wünsche mir plötzlich, wir wären bei dem Konzert geblieben. Wir hätten die ganze Nacht getanzt und gelacht und hätten uns gegen fünf Uhr früh aus den Augen verloren, irgendwo in der Menge der heimkehrenden, müden Menschen. Vielleicht hätten wir uns am nächsten Tag angerufen oder eine SMS geschickt und dann hätte man immer noch sehen können. Aber so – wir sind hier, im Bett, viele Möglichkeiten bleiben uns da nicht.
»Hör zu, Frieda …«
Ich warte, dass Jeffer weiterspricht, aber er sagt nichts mehr.
»Was ist?«, frage ich.
»Wir sollten schlafen … denke ich … ich hab dich gern.«
»Ja, hast recht. Ich bin müde … also … Gute Nacht.«
Ich drehe mich zur Wand und kuschle mich in die frisch bezogene Decke . Irgendwie fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich weiß nicht, warum. Mir ist warm, ich bin aufgeregt und trotzdem heilfroh.
Jeffer legt sich zu mir, legt mir den Arm um die Hüfte und drückt seine Lippen in meinen Nacken.
»Gute Nacht, Frieda.«
»Gute Nacht.«
Kurze Zeit später höre ich seinen gleichmäßigen Atem.
Ich streichele noch einen Moment seine Hand, die auf meinem Bauch liegt. Eigentlich fühlt sich das alles nicht real an, eher wie eine Episode aus einem Film. Das alles passt mit meinem übrigen Leben nicht zusammen. Ich schließe die Augen und lausche der leisen Musik. Trotzdem bin ich auf eine irritierende Art glücklich. Ich fühle mich irgendwie besonders. Jeffer mag mich, ich weiß nicht, warum, aber er gibt sich schrecklich viel Mühe. Es fühlt sich gut an, dass jemand sich wegen mir Mühe gibt. Und dann ist da noch dieses seltsame Gefühl von Geborgenheit. Ich lege Jeffers Hand auf sein Kissen und schlafe ein.
»UND WENN DU für immer hierbleibst?«, fragt Jeffer.
Wir sitzen am Frühstückstisch und essen trockenes, getoastetes Brot mit Gelee.
»Wie meinst du das?«
»Warte, ich zeige es dir!« Jeffer springt auf, läuft in sein Zimmer und kommt mit einer Polaroid-Kamera zurück.
»Jetzt lächeln, bitte!« Er drückt ab, zieht das Bild aus der Lasche und wedelt damit durch die Luft. »Guck. Das sieht doch gut aus. Du hier, bei mir. Du hier, in meiner Küche, das sieht aus, als müsste das so sein.«
»Mann, Jeffer, hör doch einen Moment mal auf, das alles so groß zu machen.«
»Was groß machen?«
»Das alles!«
»Aber es ist groß! Ich weiß gar nicht, warum du dich so dagegen wehrst.« Er hält mir das Foto vors Gesicht.
»Es ist nicht groß. Ich weiß nicht mal, was es überhaupt ist.« Ich reiße ihm das Foto aus der Hand und verstaue es in der Hintertasche meiner Jeans.
»Weil du ein Schisser bist!«
»Was?«
»Du hast einfach Schiss. Du willst alles immer ordnen, abheften, in Schubladen schieben. Alles sauber an seinem Platz haben.«
»Warum sagst du so etwas? Du weißt gar nichts von mir!«
»Ich denke, du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt.«
»Und wenn schon. Das macht mir vielleicht Angst.« Was soll ich schon groß drumrum reden, schließlich haben wir im selben Bett geschlafen, da kann man schon ein wenig aufrichtig sein.
»Ich sage ja, du bist ein Schisser«, bohrt Jeffer weiter und kneift mich in die Seite.
»Und wie stellst du dir das vor?«
»Du bleibst einfach hier«, sagt Jeffer, als wäre es das Normalste der Welt.
»Und
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