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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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zurücklegte, und bog in die Richtung ab, in die ich mich überhängen ließ. Er hob einen Stein auf, wenn ich das karthagische Wort für Stein sagte, und meinen Stock, wenn ich ihn fallen ließ; und regelmäßig, wenn ich das Stockaufheben mehrmals verlangte, kratzte sich Suru mit dem Stock beim dritten Mal erst an der Flanke, ehe er ihn mir gab, und ich ließ ihn mit Stockaufheben in Ruhe. Wir verstanden uns ohne viel Reden. Mit der Zeit begann ich mir sogar einzubilden, dass Suru mich lieber trüge als Karthalo. Jedenfalls machte er mir niemals Schwierigkeiten, während er bei Karthalo hin und wieder versuchte, eigene Wege zu gehen, womit er freilich nie durchkam. Übrigens behielt jeder Elefant trotz gleicher Ausbildung manche Eigenheit und es war ratsam, sich nicht über sie hinwegzusetzen.
    Es gab Elefanten, die böse wurden, wenn man von rechts statt von links an sie herantrat, und Tembo ließ sich nur dann besteigen, wenn sein Indos sich zuvor auf den Boden gesetzt hatte. All das wurde in Kauf genommen; jeder Indos kannte jeden Elefanten und die Söldner hatten strengen Befehl, die grauen Riesen in Ruhe zu lassen.
    Alles deutete darauf hin, dass es nicht mehr lange bei Scheingefechten bleiben, sondern mit dem Marsch auf Rom ernst werden würde. Immer größere Teile des Heeres wurden zu gemeinsamen Übungen herangeholt und dann kam der Tag, an dem Hannibal seine gesamte Streitmacht einsetzte.
    Zum ersten Male trug Suru Hannibal und mich.Hannibal hatte sich bei Karthalo vergewissert, ob ich im Stande sei, Suru zu lenken, und Karthalo hatte darauf gebrannt zu zeigen, was unter seiner Hand aus mir geworden war.
    Für mich gab es kaum etwas zu lenken. Nachdem Suru uns auf den Hügel getragen hatte, von dem aus das Gelände überblickt werden konnte, war Hannibal es, der lenkte. Auf seinen Befehl hin griffen die Schleuderer an, auf seinen Wink setzten sich die Schwerbewaffneten in Bewegung; er gab das Zeichen, das die Reiterschwärme wie Keile ansetzte, er nahm sie aus dem Treffen zurück und vereinigte sie zu mächtigen Zangen   – und alles tat er, ohne sich selbst von der Stelle zu bewegen. Reiter jagten mit seinen Befehlen davon und dort, wo die Reiter ankamen, zeigte sich, dass diese Befehle jeden Widerstand brachen. Hannibal schrie nicht, er fuhr keinen an; nicht einmal geschah es, dass Suru erschrak, wie es fast immer vorkam, wenn Karthalo auf Surus Rücken den Befehlshaber spielte.
    »So ruhig war Suru noch nie«, bestätigte Hannibal, als wir auf das Lager zuritten. Er sagte es so, als wäre das mir zu verdanken, und ich hatte doch nicht das Mindeste dazu getan. Hannibal war mit seinen Söldnern und Reitern zufrieden, er spendete allen Lob, an denen wir vorüberritten, und die Reiter und Söldner antworteten laut und schwenkten die Waffen.
    »Wir passen gut zusammen, wir drei«, sagte Hannibal zu mir, als wir vom Elefanten gestiegen waren. Er rieb sein Gesicht an Surus Rüssel und klopfte mir die Schulter. Karthalo sah es voll Stolz. Am selben Tag wurde der große Aufbruch festgesetzt: in vierTagen. Sechstausend Reiter, vierunddreißigtausend Söldner zu Fuß und alle vierzig Elefanten sollten mit über die Alpen.
    In den vier Tagen bis zum Aufbruch wurden die Zügel für Mensch und Tier gelockert. Die Pferde waren Tag und Nacht auf der Weide, die Elefanten halbe Tage bei ihrer Furt. Die Söldner hatten unbeschränkt Ausgang, viele von ihnen kehrten erst am Morgen aus der Stadt zurück und auch im Lager wurde bis tief in die Nächte gezecht. Am letzten Tage rollte durch das Lagertor eine Wagenkolonne, die Krüge und Schläuche brachte, gefüllt mit Wein: Die Kaufleute von Neu-Karthago schickten den Söldnern ihr Abschiedsgeschenk.
    Es war guter Wein. Keiner der Söldner dachte daran, das Lager zu verlassen. Bereits am Mittag begann ein allgemeines Gelage. Gegen Abend wussten nur noch wenige, was sie taten. Lieder wurden gegrölt und gespielt wurde so hoch, dass manch einer den Jahressold im Voraus verspielte. Es gab sogar welche, die ihren Anteil an der Beute des bevorstehenden Feldzuges setzten. Der Wein verführte die Söldner zu tollen Streichen: Ein Berserker versuchte einen Elefanten von der Erde zu heben und entkam mit knapper Mühe dem aufgebrachten Koloss; und ein Hauptmann ließ seine Hundertschaft ohne Waffen ausrücken und das Lager an vier Stellen stürmen; breite Breschen wurden in die Lagerumfriedung gerissen.
    Bereits bei Anbruch der Dunkelheit lagen viele erledigt in ihren Zelten oder

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