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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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Aufgeweckt wurde ich gewöhnlich durch Klirren, Pferdegetrappel und Befehle und immer war Karthalo bereits wach und lachte, wenn ich nicht gleich in den Tag fand, der noch halb in der Nacht steckte. »Du musst den Schlaf knacken   – wie eine Nuss!« Er gähnte so unmäßig, dass es in seinen Kiefern krachte. Ihn freute das Leben, das Hannibal mitgebracht hatte. »Die Waffen sind scharf«, versicherte er mir, »jetzt werden die Männer geschliffen und dann kann es losgehen!« Karthalo zog mich hinaus auf das Feld zwischen Lager und Fluss, auf dem die Söldner gedrillt wurden. »Allmählich merken sie, woher der Wind weht.   – Was sagst du zu denen?« Er wies mit dem Arm, an dem er das Lederband trug, auf eine Staubwolke hin. In ihr steckten Menschen, aber ich sah nur Hörner und Raubtierschädel mit aufgerissenen Rachen. Es waren Furcht erregende Helme, die halb nackte Männer auf dem Kopf trugen. Mit Geheul gingen sie aufeinander los. »Unsere Berserker!«, erklärte Karthalo stolz, »unsere Kelten! Sie kämpfen wie Tiere. Weil sie den Tod nicht fürchten, ist er auf ihrer Seite.«
    Obgleich die Söldner mit umwickelten Waffen kämpften, wurden manche weggetragen, als sich die Staubwolke verzog. Ich sah sogar Spuren von Blut. »Ohne Blut geht es nicht«, meinte Karthalo mit grimmiger Miene. »Das gehört mit zum Handwerk.«
    Von einer Hügelkuppe ließ sich das ganze Feld überblicken. An manchen Tagen gehörte es der Reiterei allein. Blitzartig, wie Zugvögel es tun, konnten die Reiterschwärme eine andere Richtung einschlagen. Sie zogen Schwaden von Staub hinter sich her, und wenn Maharbal sich an die Spitze der sechstausend Reiter setzte, wurden die Schwaden zu einer Wolkenwand, die über das Feld zog, was bei Windstille gespenstisch wirkte. Die Wand riss auseinander, die Reiter umstellten mit einer Schnelligkeit, die den Atem benahm, den eingebildeten Feind und überschütteten ihn mit einem Hagel kurzer, klirrender Blitze. Unter vierundzwanzigtausend Hufen donnerte die Erde.
    Am Anfang war mir dieses trockene Gewitter unheimlich, aber bald wartete ich mit Ungeduld auf die Tage, an denen die Reiterei das Feld beherrschte.
    Auch die Elefanten wurden zunehmend daran gewöhnt, dass sie für den Krieg da waren. Sie rückten in schwerer Rüstung aus dem Lager, taten nichts ohne Befehl und immer wieder fanden sie Hindernisse auf ihrem Weg und waren gezwungen, sie niederzustampfen. Einmal wurden die Elefanten gegen ein Wäldchen getrieben, das von Söldnern besetzt war. Die Söldner reizten die Elefanten durch Lärm. Wie bei allen Übungen mit Suru saß ich vor Karthalo, auf dem geräumigen Sattel festgeschnallt. Karthalo beugte sich vor und schrie Suru »den großen Ruf« ins Ohr, einen Raubtierlaut, der Elefanten in sinnlose Wut versetzt. Auch die anderen Indos brachten ihre Tiere außer sich und die Elefanten warfen sich auf das Wäldchen, das inzwischengeräumt war. Sie hielten sich an die Bäume. Ein Stamm nach dem anderen brach krachend nieder. Jeder Elefant stampfte eine Gasse. Die Bäume, die zu Fall gebracht wurden, rissen Unterholz mit. Karthalo und ich duckten uns unter die Schilde, mit denen wir ausgerüstet waren, aber uns konnte nichts geschehen, denn die Bäume fielen dorthin, wohin wir vordrangen, und sie fällten im Niederstürzen, was uns im Wege war.
    »So wird es den Römern ergehen«, schrie Karthalo und ich schrie mit ihm, weil ich auf einem Tier saß, das Bäume umwarf.
    Auf dem freien Felde, das hinter dem Wäldchen lag kam die graue Lawine zum Stehen. Die Elefanten beruhigten sich, weil sich nichts mehr entgegenstellte. Wir blickten zurück. Den kleinen Wald, den es eben noch gegeben hatte, gab es nicht mehr. »So werden wir Rom umpflügen«, versicherte mir Karthalo und ich glaubte es ihm.
    Er sah meine Ausbildung zum Treiber mit diesem Tage für abgeschlossen an. Sämtliche Befehle und Hilfen, an die Suru gewöhnt war, hatte er mir mit einer Hingabe beigebracht, als wäre es seine Absicht, sich selbst überflüssig zu machen. Suru verstand zweiundzwanzig verschiedene Kommandoworte. Diese Worte hatte ich leicht gelernt und Suru war sehr bald so weit gewesen, aus ihnen herauszuhören, was ich meinte. Schwieriger war es mit den Zeichen, die mit den Füßen gegeben wurden oder durch Verlagerung des Gewichts. Ich wog halb so viel wie Karthalo, meine Beine waren nicht so lang wie die seinen. Aber auch bei mir kniete Suruschließlich nieder, wenn ich mich vorbeugte, stand auf, wenn ich mich

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