Ich zog mit Hannibal
mit Insubrern, Numidier mit Bojern, Spartanermit Salassern laut verbrüderten, waren Elefanten und Treiber für ein paar Tage unter sich. Suru führte seine zusammengeschmolzene Herde jeden Morgen zum Fluss. Die Sonne spiegelte sich auf den breiten, nassen Rücken. Von den Einheimischen wurden die Elefanten aus gehöriger Entfernung betrachtet. Die Kinder wagten sich Tag für Tag näher heran. Eine Woche sah es so aus, als hätten die Elefanten mit dem Krieg nichts zu tun. Wer einen Blick für sie hatte, dem entging freilich nicht, dass sie voll Unruhe waren. Am Fluss fanden sie sich zu langen Beratungen zusammen. Wir hörten ihr Gebrumme, das anschwoll und verebbte. Karthalo, der sich wie wir alle in der Sonne räkelte, hörte mit halbem Ohr hin. Für ihn gab es keinen Zweifel, worüber sie sich unterhielten. »Erst mal darüber, was bisher war«, setzte er mir auseinander. »Was glaubst du, wie viel sie sich darauf einbilden, dass sie es geschafft haben: Schluchten, Gebirgswasser, den Pass, den verfluchten weißen Stein! Jeden Schritt merken sie sich.« Karthalo versicherte mir, dass kein Mensch ein so gutes Gedächtnis habe wie ein Elefant. Er horchte genauer zum Fluss hin. »Jetzt reden sie über das, was bevorsteht«, verriet er. »Sie riechen die Römer von weitem, sie haben sie lange vor uns in der Nase. Sie werden den Römern zeigen, was in siebzehn Elefanten steckt.«
Eine Woche später rückten Söldner in Waffen ans andere Ufer. Nach allen Seiten wurden Wachen aufgestellt.
»Es riecht nach Römern«, sagte Karthalo, als der Befehl kam, die Elefanten in voller Kriegsrüstung ins Lager zu führen.
Hannibal ließ die Elefanten auf dem Platz in der Lagermitte aufstellen. Er bestieg Suru, um zum Heer zu sprechen. Mit begierigen Gesichtern blickten Söldner und Hilfstruppen zu ihm auf. Seit ein paar Stunden gingen Gerüchte um: die Römer im Anmarsch …
Späher waren zurückgekommen, die Hannibal ausgesandt hatte, auch Überläufer trafen im Lager ein. Es sei derselbe Scipio, der an der Rhone die Karthager habe stellen wollen; nun sei er entschlossen, Hannibal am Fuß der Alpen aufzuhalten – er habe bereits eine Brücke über den Po schlagen lassen. Hannibal bestätigte die Gerüchte.
»Über alles, was die Römer angeht, will ich euch nun ins Bild setzen«, rief er den Söldnern zu. »Es sind Männer zu uns gekommen, die es bisher mit den Römern hielten. Scipio hat versucht, ihnen Feuer ins Blut zu blasen. Was er erreicht hat, seht ihr, sie liefen ihm davon. Kein Wunder – hört euch an, was er ihnen erzählt hat!« Hannibal ließ einige Überläufer zu Wort kommen. Er selbst übersetzte die Scipio-Rede. Er hatte sofort die Lacher auf seiner Seite, als er seine Männer als Römer ansprach: »Römer!«, wiederholte er mit übertriebener Gebärde, »euch wird leider nur ein halber Sieg zufallen, denn ihr werdet auf einen Gegner stoßen, der schon besiegt ist – vom Gebirge, über das der Wahnwitzige, der sich Hannibal nennt, seine Söldner trieb. Gegen Ausgehungerte werdet ihr kämpfen, gegen Schatten von Menschen, die sich Schultern und Köpfe an Klippen wund gestoßen haben, deren Finger und Zehen erfroren, deren Gelenke erstarrt sind.«
Ringsum erhob sich Gelächter, denn Hannibalmusterte seine Hände herausfordernd und viele machten es wie er und schüttelten die Köpfe. Vor einer Woche hätten diese Worte getroffen, nun wirkten sie lächerlich. Und als Hannibal von zerbrochenen Waffen, lahmen Pferden, von einem zusammengeschmolzenen Heer sprach, tobte sich der Übermut der beutegesättigten, siegestrunkenen Söldner in wüstem Lärm aus.
»Ihr Römer!«, rief Hannibal, »ihr habt Geschlagene vor euch, denen nur noch der Todesstoß fehlt. Züchtigt diese Aufsässigen, sie schulden euch Tribut. Geht mit ihnen um, als hätten sich eure Sklaven gegen euch erhoben. Legt den wütenden jungen Mann, der den Krieg vom Zaune brach, in Ketten, wie er es verdient! – Er meint mich«, schloss Hannibal und von neuem schlugen die Söldner Lärm. Stürmisch verlangten sie, den Römern entgegenzuziehen.
»Unterschätzt sie nicht«, sagte nun Hannibal ernst. »Sie wissen, wofür sie kämpfen: für ihre Stadt, ihre Häuser, ihre Äcker und ihr Vieh, ihre Mütter, ihre Brüder. Sie werden Sklaven sein, wenn sie nicht siegen. Für sie steht alles auf dem Spiel – zum ersten Mal. Auch für uns! Täuscht euch nicht, es gibt keinen Ausweg. Im Rücken haben wir die Berge, zu beiden Seiten ein Meer
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