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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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den Angriff der Elefanten. Vor jedem der grauen Kolosse tat sich eine Gasse auf. Die Elefanten, durch das wachsende Getöse ohnehin aufgebracht, betraten die Gasse mit Grollen. Auf ein Zeichen begannen sie zu laufen. Und dann brachen sie in die Zone, in der gekämpft wurde.
    »Rache für Hamilkar und Bostar!«, schrie Karthalo hinter mir. Ich hatte Angst, nicht um mich, nicht um Karthalo   – um Suru hatte ich Angst.
    Karthalo schrie Befehle. Ich merkte an seiner Stimme, dass Suru tat, was Karthalo wollte. Er ließ sich lenken und stampfte die Legionäre nieder, auf die Karthalo ihn zutrieb. Ich starrte an Suru hinab, ob an ihm kein Blut und er vielleicht verletzt war.
    »Zerstampf die Mörder und Folterknechte!«, schrie Karthalo.
    Suru verbreitete so viel Schrecken um sich, dass alles floh, wo immer er auftauchte. Ich sah nur Rücken und Helme. Niemand hatte den Mut, gegen Suru eine Waffe zu heben. Aber noch immer hatte ich Angst. Ich hörte, dass ein Elefant schrie. Auch andere Elefanten begannen zu brüllen. Und dann hob Suruden Rüssel. Aus ihm brach ein Getöse, das mich erstarren ließ. So hatte er noch nie gebrüllt und nun begann er zu rasen, als sei er von Raubtieren umstellt. Er wendete sich bald nach der einen Seite, bald nach der andern, und dann kehrte er um und fiel die Karthager an, die ihm gefolgt waren.
    »Ist er verwundet?«, schrie Karthalo.
    Ich sah nirgendwo Blut an Suru. Verzweifelt gab Karthalo seine Befehle. Er stieß Suru den Eisenhaken hinter das Ohr; Suru geriet nur noch mehr außer sich. Die Ohren aufgeklappt, das Vorderteil gebäumt, stampfte er sich eine Bahn durch karthagische Haufen, die den Römern den Rückweg abschneiden sollten.
    »Gib den Meißel!«, keuchte Karthalo, »er hat den Verstand verloren.« Ich griff nach der Tasche und riss Meißel und Hammer an mich.
    »Gib her!«, verlangte Karthalo drohend, »er bringt zu viele der Unsern um.« Karthalo entriss mir den Hammer. Da schleuderte ich den Meißel in den treibenden Schnee. Karthalo brüllte wie ein Tier auf. Er drückte mich nieder und hieb über mich hinweg mit dem Hammer auf Surus Schädel ein. Der rote Federbusch machte einen Satz, der Wind riss ihn fort. Da ließ Karthalo den Hammer fallen, ließ auch mich los und presste die Arme an sein Gesicht, um nichts mehr zu sehen. Suru rannte weiter durch Karthagerreihen. Er rannte, bis er freies Feld vor sich hatte. Auch dann rannte er weiter. Hinter uns verebbte der Lärm der Schlacht. Karthalo tat nichts, um Suru zum Stehen zu bringen. Suru fiel von selber in Schritt. Er ging hastig weiter, bis er auf Wasser stieß. Es war der Bach, an dem Mago sich mit seinenReitern versteckt hatte, aber hier, weitab von der Trebia, waren die Ufer nicht steil. Suru blieb stehen. Karthalo und ich schnallten uns vom Sattel los und stiegen von Suru. Wir nahmen Suru Decke und Panzer ab, als Suru auf das Wasser zugehen wollte. Suru ließ sich alles gefallen. Er watete in das Wasser und begann sich zu waschen. Er wusch sich, als wäre er über und über mit Schmutz bedeckt.
    Karthalo starrte ihn mit leerem Blick an. Sein Gesicht war so grau wie Asche. »Du hast Karthager zerstampft«, sagte er mit heiserer Stimme. »Wenn du noch verwundet wärst! Warum hast du es getan?« Suru wusch sich. Er wusch das Entsetzen ab, das ihn angefallen hatte. Auch jetzt noch, der Schlacht entronnen, war er verstört, so sehr, dass mir Zweifel kamen, Suru vor mir zu haben.
    »Er hat Karthager umgebracht. Er ist Hannibal in den Rücken gefallen«, begann Karthalo von neuem.
    »Er wusste nicht, was er tat«, sagte ich.
    »Er hat es getan. Er hat nicht durchgehalten.«
    »Er wollte einfach heraus«, verteidigte ich Suru.
    »Er ist davongelaufen.« Karthalo sprach es aus wie ein Urteil.
    Suru legte sich in das eisige Wasser, nur noch der Rüssel ragte heraus. Dann stieg er ans Ufer. Wie ein schwarzer Felsen, dem nichts etwas anhaben kann, stand er im Schnee. Er war wieder Suru, der Elefant, den ich kannte. Ich war versucht, zu ihm hinzulaufen, aber ich fürchtete Karthalos Zorn.   – Er ist durchgekommen, dachte ich unaufhörlich, er ist am Leben, er ist nicht einmal verwundet   – und Karthalo wollte ihn töten, warum nur, warum? Ich verstand es nicht.
    »Warum hast du es getan?«, wandte sich Karthalo plötzlich an mich. Er hatte ein böses Gesicht. Ich gab keine Antwort. Ich fürchtete mich vor Karthalo.
    »Er war feige«, keuchte Karthalo. »Ich hätte ihn töten müssen, als er anfing, Karthager zu töten.

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