Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
Vom Netzwerk:
Stelle kam«, wie er sagte. Damals wusste niemand außer Hannibal und seinen engsten Vertrauten, dass ein zweites Römerheer im Anzug war. In Eilmärschen kam der Konsul Sempronius mit den Legionen, die den Süden des Landes gedeckt hatten, bis der Angriff einer karthagischen Flotte gescheitert war. Sempronius war ein heftiger Mann. Er brannte darauf zu beweisen, dass er ein tüchtiger Feldherr sei. Sobald er das Römerlager jenseits der Trebia erreicht hatte, drängte er Scipio, der sich von seiner Wunde noch immer nicht erholt hatte, die Karthager anzugreifen und aus dem Lande zu jagen. Hannibal war über den Umschwung, den Sempronius im Lager der Römer bewirkte, genau im Bilde. Er hatte nichts getan, um die Vereinigung der beiden Heere zu verhindern. Und nun traf er keine Vorbereitungen, mit dem Heere über die Trebia zu gehen.
    »Das sollen die Römer tun«, eröffnete er seinenOffizieren. Er ritt mit ihnen und den verbündeten Anführern das Gelände diesseits der Trebia ab: das Feld, auf das er den Gegner locken wollte. Es wurde von einem Bach begrenzt, der in die Trebia floss. Der Bach hatte sich tief eingegraben, er war von steilen Ufern eingefasst und mit Buschwerk bestanden. In diesem Hinterhalt konnten ein paar hundert Reiter versteckt werden. Hannibal wies Mago den Platz an. Die übrigen Truppen sollten in der Trebia Aufstellung nehmen, dem Stoß des Gegners ausweichen und so den Anschein erwecken, als fühlten sie sich dem Feind nicht gewachsen. Nur die Flügel sollten von Anfang an erbitterten Widerstand leisten. Hannibal wollte die Römer in eine Falle ziehen, um sie schließlich auf drei Seiten zu fassen und ihnen den Rückweg über den Fluss abzuschneiden. Die Elefanten sollten von einer Flanke her in die Kohorten einbrechen und ihre Reihen über den Haufen werfen.
    Karthalo setzte mir alles auseinander. Für ihn gab es keinen Zweifel, dass für die Römer der letzte Tag bevorstand. Er versicherte mir, dass durch die Elefanten die Entscheidung herbeigeführt werde. Er erinnerte mich an alle Befehle und Hilfen, und als ich ihn fragte, ob denn nicht er mit mir auf Suru sitzen werde, wurde sein Gesicht ernst. »Jeden von uns kann es treffen«, erklärte er, »und ich habe so ein Gefühl, dass es eher mich trifft als dich.«
    Ich sah ihn verlegen an.
    »Auch Suru kann es treffen.«
    Ich wollte etwas erwidern, doch er sprach weiter. »Ein Elefant ist nicht gleich tot, wenn es ihn trifft. Auch schwere Wunden setzen ihn nicht sofort außerGefecht. Aber es kann sein, dass er zu rasen beginnt, sich nicht mehr lenken lässt und anfängt, die eigenen Reihen niederzustampfen. Ich habe es erlebt.«
    »Und was dann?«, fragte ich erschrocken.
    »Dann bleibt nur der Meißel.«
    Ich sah ihn verständnislos an. Da zeigte er mir eine Tasche, in der ein langer, scharfer Meißel und ein schwerer Hammer steckten. »Wenn der Meißel an der richtigen Stelle angesetzt wird, genügt ein Schlag und mit dem Rasen ist es vorbei. Dann hat der Elefant ausgelitten.« Ich starrte Karthalo an.
    »Es wird schon nicht dazu kommen«, versuchte er mich zu beruhigen, »und wenn es sein muss, kann hoffentlich ich es für Suru tun. Aber du musst die Stelle kennen   – für den Fall, dass es mich vorher trifft. Ich werde sie mit Farbe zeichnen, damit du sie nicht verfehlst, wenn du es tun musst. Im Krieg muss man auf alles gefasst sein.«
    »Suru töten?« Ich sah Karthalo feindselig an. Die Narbe in seinem Gesicht fing an zu brennen.
    »Versteh doch«, sagte Karthalo heftig. »Nur wenn er anfängt, Karthager zu töten, nur dann muss es sein.« Er schnallte die Tasche am Sattel fest, und als die Elefanten gefüttert waren, zeichnete er die tödliche Stelle mit einem kleinen roten Haken, der wie die Spitze eines Pfeils aussah.

27
    Vom frühen Morgen des nächsten Tages an ließ Hannibal das Römerlager durch numidische Reiter umkreisen. Sie galoppierten an die Posten heran und setzten ihnen mit Pfeilen zu. In den Konsuln erweckte das Geplänkel wachsenden Argwohn. Jede Stunde mussten sie damit rechnen, dass Hannibal mit seinem Heer über die Trebia gehen werde. Da sie selbst eine Entscheidung suchten, ließen sie die Legionen aus dem Lager rücken. Sempronius hatte Scipio davon überzeugt, dass ein weiteres Ausweichen die Karthager als Sieger erscheinen lasse; nur eine Schlacht könne zeigen, wer Herr im Lande sei.
    Die numidischen Reiter meldeten bei ihrer Rückkehr, dass vor dem Römerlager die Legionen aufmarschiert seien. Sie hatten

Weitere Kostenlose Bücher