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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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geschickt worden, in denen sich die Reste des geschlagenen Heeres verschanzt hatten. Hannibal ließ diese Lager unaufhörlich beunruhigen. Trotz klirrender Kälte blieb er nicht im Lager, sondern versuchte sich einiger Orte zu bemächtigen, um an Vorräte heranzukommen. Als er einen Handelsplatz am Po angriff, der durch ein starkes Kastell gesichert war, wurde er verwundet. Fünf Tage gönnte er sich und seinen Reitern Ruhe. Dann rückte er gegen die Römerstadt Victumulae. Die Besatzung fühlte sich stark genug, ihm entgegenzuziehen. Hannibal schlug sie und drang zusammen mit Flüchtenden in die Stadt ein. An die Verteidiger erging der Befehl, die Waffen abzuliefern. Nachdem sie es getan hatten, überließ Hannibal die Stadt seinen Söldnern zur Plünderung. Die Beute, die sie ins Lager brachten, gab dem ganzen Heer Auftrieb.
    Wo immer die Römer sich Hannibal stellten, wurden sie geschlagen oder verjagt. Schlechte Nachrichten kamen dagegen aus Iberien, dem neuen Karthago. Dort war ein Scipio gelandet und hatte durch besonnenes Auftreten eine Reihe iberischer Stämme gewonnen. Er hatte sogar neue Kohorten aus Hilfstruppen bilden können. Als er mit den Karthagern am Ebro zusammenstieß, schlug er sie derart, dasssie sechstausend an Toten und noch mehr an Gefangenen verloren. Ihr Lager fiel in die Hände der Sieger. Die Römer nahmen Küstenstädte in Besitz und brachten weite Teile des Landes in ihre Gewalt. Das neue Karthago, das Hannibal seinem Bruder Hasdrubal anvertraut hatte, bröckelte unter den Tritten römischer Kohorten. Aber Hannibal dachte nicht an Umkehr.
    Sobald die Sonne anfing, den Schnee wegzulecken, ließ er das Lager abbrechen. Er traute der Sonne zu, dass sie nun auch in den Bergen die Wege aufdecken und gangbar für ein Heer machen werde. Hannibal wollte über den Apennin nach Etrurien ziehen, die Etrusker im Guten oder durch Drohen auf seine Seite bringen, ihre reichen Städte für seine Söldner öffnen und den Römern das Hinterland nehmen.
    Ein paar Tage blieb es warm. Das Heer erstieg die Höhen des Apennin. Hannibal ritt auf Suru. Er war guter Laune und steckte alle in seiner Umgebung damit an, sogar Karthalo. Das Eis schien für ein Jahr gebrochen.
    Da schlug, eben als die Kämme des Gebirges erstiegen waren, das Wetter mit einer Heftigkeit um, dass es uns den Atem benahm. Ein Schneetreiben, das jedes Vorrücken unmöglich machte, fiel über uns her. Wir suchten in Senken Schutz und schichteten Mauern aus schweren Steinen auf, da ein Aufstellen von Zelten unmöglich war. An die Mauern duckten wir uns.
    Am zweiten Tag hatte Suru verklebte Augen. Er fraß nichts, vom Winde verstört. Der Schneesturm zerpflückte das Heer und pferchte es in kleine Gruppen zusammen. Es war kälter, als es auf dem Alpenpassgewesen war; Wind fegte tags mit Regen, des Nachts mit Schnee über uns hin und hielt uns an die frostharte Erde gepresst. Wir waren belagert; an einen Ausfall war nicht zu denken. Eine Gewalt, gegen die Waffen nichts ausrichten konnten, hielt uns für unabsehbare Zeit nieder. Karthalo und ich hatten uns bei Suru eingerichtet, so gut es ging. Karthalo fieberte, er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Silenos und Synhal tauchten hin und wieder bei ihm auf und brachten uns zu essen. Als die dritte Nacht anbrach, schickte mich Karthalo zu Silenos. Er war ruhiger als sonst. Auch der Wind hatte nachgelassen. Silenos kam gleich mit. Er versuchte eine Feuerstelle zu bauen und es glückte, ein Feuer in Gang zu bringen. Karthalo sah mit glänzenden Augen in die Glut. Er wollte nichts essen, trank aber gierig, als Silenos ihm zu trinken anbot. Er trank einen halben Schlauch leer.
    »Es ist das letzte Mal, dass ich trinke«, entschuldigte er sich.
    »Du solltest jetzt schlafen«, redete ihm Silenos zu.
    »Bald schlafe ich genug«, verwahrte sich Karthalo. »Vorher will ich mit euch reden. Es ist aus mit mir. Sogar der verfluchte Wind hat es gemerkt. Er hat nachgelassen, damit ich mit euch reden kann. Seht euch Suru an! Trotz seiner verklebten Augen hat er gesehen, was mit mir los ist.«
    Suru stand halb abgewendet, den mächtigen Schädel gesenkt. Schlaff hingen Rüssel und Unterlippe herab. Es gab keine Stelle an ihm, die nicht faltig war. Er sah uralt aus, als wäre er in den paar Tagen um viele Jahre gealtert. Leben schien nur noch in den Ohren zu stecken. Sie standen ein wenig ab.
    »Er horcht zu mir her«, behauptete Karthalo, »aber ihm habe ich alles gesagt. Ich trage ihm nicht mehr

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