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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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mein Herr seinen Schritt verlangsamen.
     Außerdem war er müde vom Laufen. Auf halber Höhe ging hinter mir ein Schuß aus einer Arkebuse los. Als ich mich umdrehte,
     lag Signor Peretti rücklings auf der Erde. Sein rechter Schenkel blutete. Aber er hatte noch seinen Degen in der Hand.
    BARGELLO: Und was hast du da gemacht?
    FILIPPO: Ich habe meine Fackel weggeworfen und mich in Sicherheit gebracht.
    BARGELLO: Statt deinem Herrn zu Hilfe zu eilen!
    FILIPPO: Meinem Herrn zu Hilfe eilen? Wie denn? Womit denn? Ich hatte nicht einmal ein Messer dabei! Und diese Leute hatten
     eine Arkebuse! Und jetzt fallen im Palazzo Rusticucci alle über mich her. Sie sollten unsere Leute mal hören: »Filippo, das
     Hasenherz!« Was für eine Ungerechtigkeit! Ich hätte die mal an meiner Stelle sehen mögen! Womit hätten die denn gegen die
     Banditen gekämpft? Mit den Zähnen vielleicht?
    BARGELLO: Beruhige dich doch, Filippo.
    FILIPPO: Trotzdem hat es mir nicht an Courage gefehlt, Signor Bargello. Denn als ich merkte, daß die Mörder mich nicht verfolgten
     und mich nicht einmal sehen konnten, weil die Fackel die Straße hinuntergerollt war und nun zwei Klafter unterhalb von Signor
     Peretti lag, bin ich auf leisen Sohlen zurückgeschlichen. Das war nicht schwer, denn ich hatte Filzschuhe an. Und ich habe
     mich in einer Türnische versteckt. Von da aus konnte ich alles hören. Denn ich war im |236| Schatten, und die Banditen wurden von der Fackel beleuchtet. Ich habe sie so deutlich gesehen, wie ich jetzt Euch sehe. Sie
     kamen in aller Ruhe die Straße herauf, bis zu der Stelle, wo Signor Peretti lag. Sie waren zu zweit.
    BARGELLO: Wie waren sie?
    FILIPPO: Sehr höflich.
    BARGELLO: Was meinst du mit »sehr höflich«?
    FILIPPO: Auch hier, Signor Bargello, sage ich Euch die Wahrheit. Ich fand, daß sie für Banditen sehr höflich mit Signor Peretti
     sprachen.
    BARGELLO: Sie haben mit ihm gesprochen?
    FILIPPO: Freilich! Eine richtige Konversation. Ich traute meinen Ohren nicht!
    BARGELLO: Was hatten sie denn einander zu sagen?
    FILIPPO: Zunächst hat ihnen mein Herr, ohne seinen Degen loszulassen, mit der Linken seine Börse zugeworfen und gesagt: »Wenn
     es das ist, was ihr wollt, hier nehmt!« Woraufhin der Größere von beiden geantwortet hat: »Mit allem Respekt, Signor Peretti,
     die fällt uns nach Euerm Tod sowieso zu. Wir sollen Euch töten.« – »Und wer hat euch geschickt?« – »Ein Mönch. Er hat Euren
     Namen genannt und hat Euch uns vergangenen Sonntag gezeigt, als Ihr mit Eurer Frau Gemahlin in Santa Maria della Corte der
     Messe beiwohntet.« – »Weißt du, warum der Mönch meinen Tod will?« – »Ich glaube, Signor Peretti, er war nur ein Mittelsmann.«
     – »Was hat dich auf diesen Gedanken gebracht?« – »Ein Scherz, den er machte.« – »Erzähle ihn mir!« – »Ver zeihung , Signor Peretti, das ist ein sehr taktloser Scherz.« – »Sprich trotzdem!« – »Signor Peretti hat eine zu schöne Frau, um sie
     für sich allein behalten zu können.« Darauf sagte der zweite Bandit zum ersten: »Barca, du hättest diese Worte nicht wiederholen
     sollen. Das ist ein sehr derber Scherz.«
    BARGELLO: Barca? Hast du Barca gesagt?
    FILIPPO: Ja, Signor Bargello.
    BARGELLO: Schreiber, haltet diesen Namen fest: Barca. Wie sah er aus?
    FILIPPO: Groß, vierschrötig, bärtig. Er war bis zu den Augen behaart.
    BARGELLO: Und der andere?
    |237| FILIPPO: Klein, bartlos, schlank, mit einer sanften Stimme. Eine Tunte vermutlich.
    BARGELLO: Eine Tunte?
    FILIPPO: Wie ich gehört habe, gibt es Männer, die anderen Männern als Frauen dienen.
    BARGELLO: Weiter!
    FILIPPO: Danach …
    BARGELLO: Wonach?
    FILIPPO: Nachdem Barca den Scherz erzählt hatte, sagte Signor Peretti sehr ärgerlich: »Und worauf wartet ihr jetzt noch? Macht
     Schluß!« – »Signore«, sagte Barca, »wir haben keinen Degen. Aber Ihr habt einen. Wir müssen die Arkebuse erst wieder laden.«
     – »Hier«, sagte der Kleine, »sie ist fertig.« Und er reichte sie Barca, der auf Signor Peretti anlegte, doch der Schuß ging
     daneben. »Nehmt doch eure Dolche!« sagte mein Herr im Befehlston.
    BARGELLO: Im Befehlston?
    FILIPPO: Signor Bargello, ich sage Euch die Wahrheit. Und das ist noch nicht einmal das Unglaublichste. Denn als Signor Peretti
     den Banditen befahl, die Dolche zu nehmen, meinte Barca vorwurfsvoll: »Ein Dolch gegen einen Degen, Signor Peretti?« Da machte
     mein Herr etwas ganz Erstaunliches: er führte seinen Arm nach hinten und

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