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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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gestimmt
     – habt Ihr gehört: nur elf! Ist das nicht eine Schande, wenn man bedenkt, wer ich bin? Aber Montalto war einer von diesen
     elf. Sagt ihm, ich werde ihm das nicht vergessen. Zumindest falls Torres nicht inzwischen eintrifft.«
    Diese Aussage bewog uns, gleich am nächsten Tag, dem 24. April, zu handeln, obwohl wir noch nicht alle Stimmen beisammen hatten
     und nur auf die knappe Hälfte des Konklaves zählen konnten. In letzter Minute trat jedoch eine Schwierigkeit ein, denn San
     Sisto erklärte mit seiner kraftlosen Stimme, er werde für Montalto nur unter der Bedingung stimmen, daß dieser den Papstnamen
     Sisto (Sixtus) annehmen würde. Ich fand seine Forderung unglaublich kindisch, aber da ich wußte, daß niemand halsstarriger
     ist als ein willenloser Mensch, widersprach ich nicht. Eilig schickte ich Rusticucci zu Montalto, um ihn zu fragen,
primo
, ob er bereit sei, als Papst den Namen Sixtus anzunehmen, und
secundo
, ob er etwas dagegen habe, daß wir ihn am nächsten Tag nach der Messe zum Papst ausrufen.
    Seine Antwort ließ nicht auf sich warten:
    »Erstens. Sixtus I. und Sixtus II. waren heilige Märtyrer im alten Rom, und ich werde mit Freuden ihren Namen führen. Zweitens.
     Der 24. April ist ein Mittwoch, und der Mittwoch ist mein Glückstag: an einem Mittwoch habe ich die Mönchskutte angezogen,
     und an einem Mittwoch bin ich zum Kardinal ernannt worden.«
    Bestärkt durch dieses gute Omen, beschlossen wir, am kommenden Tag nach der Messe die Entscheidung herbeizuzwingen.
    Unglücklicherweise wurde gegen Ende der Messe die Ankunft Kardinal Vercellis und eines spanischen Kardinals gemeldet. Als
     alle zur Tür eilten, die beiden zu empfangen, fragten wir uns bestürzt, ob der spanische Clan sich die allgemeine Verwirrung
     zunutze machen und Torres zum Papst proklamieren werde.
    Doch beim Anblick der Neuankömmlinge atmeten wir erleichtert auf: tatsächlich stand Vercelli leibhaftig in der Tür – sein
     Leib war wahrlich nicht zu übersehen –, aber der Spanier |386| war Madruccio und nicht Torres. Madruccio, den wir kaum kannten, hat vermutlich nie begriffen, warum wir uns damals über seine
     Ankunft alle so freuten.
    Wir kehrten in die Kapelle zurück, wo der Zeremonienmeister in üblicher Weise begann, den Neuankömmlingen die Bullen mit der
     Wahlordnung zu verlesen.
    Aus Höflichkeit wohnten die anderen Kardinäle freiwillig der ermüdenden Lesung bei. Unser Augenblick war gekommen!
    Ich nickte Alessandrino zu, und er ging hinaus mit San Sisto, der seinerseits im Vorbeigehen den Kardinälen seiner Gruppe
     einen vielsagenden Blick zuwarf. Einer nach dem anderen schloß sich ihm an. Dann erhob sich d’Este und ging, wie vereinbart,
     allein hinaus, denn er wurde von dem spanischen Clan scharf überwacht. Danach verließen Cherubi, Santa Severina, Rusticucci,
     Riario und Gustavillanio in regelmäßigen Abständen die Kapelle, und jeder nahm die Kardinäle mit, die er überzeugt hatte.
    Die nichteingeweihten Kardinäle wunderten sich nicht, daß nach und nach so viele weggingen. Denn es war schon immer so gewesen:
     je länger die Lesung dauerte, um so spärlicher wurde die Zuhörerschaft, schließlich hatte jeder von uns schon fünf- oder sechsmal
     diesen endlosen Vortrag mit angehört.
    Wir trafen uns im Königssaal, und unsere erste Sorge war, unsere Häupter zu zählen. Wir wurden angenehm überrascht: seit dem
     Vortag war unsere Zahl gewachsen. Wir verfügten jetzt über die Mehrheit im Konklave, wenn auch knapp, mit nur zwei Stimmen.
     Zudem waren nicht alle Anwesenden gleichermaßen entschlossen, nach der Besorgnis und Unsicherheit auf manchen Gesichtern zu
     urteilen.
    San Sisto, wankelmütig wie stets, drohte ein weiteres Mal, alles zu verderben, indem er erklärte, er werde nicht für Montalto
     stimmen, wenn nicht der Kardinal-Erzherzog persönlich ihm versichere, daß Montaltos Wahl nicht das Mißfallen Spaniens finde.
    Ich nahm Santa Severina und Alessandrino beiseite und bat sie, in die Kapelle zurückzukehren: ersteren, weil er ein wenig
     Deutsch sprach und den Erzherzog holen sollte, letzteren, weil er Farnese bitten sollte, sich uns anzuschließen.
    Farnese kam als erster und begriff sofort, worum es ging. Da er weder für noch gegen diese Wahl war, schwieg er und betrachtete |387| hochmütig all diese Kardinäle, die
ihm
die Stimme verweigert hatten, sie aber nun einem ehemaligen Schweinehirten zu geben bereit waren. Andererseits ging es dem
     großen

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