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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Schlag war so direkt und so brutal, daß der Fürst endlich begriff: er muß die »Formen« beiseite lassen und dem Papst mit
     Fakten die Stirn bieten.
    »Allerheiligster Vater«, sagte er, nicht ohne Festigkeit, »ich habe keine Revolte angezettelt. Ich habe mich der Revolte der
     Nobili angeschlossen, um eine Ungerechtigkeit zu beheben; und sowie das geschehen war, habe ich die Rebellion des Pöbels niedergeschlagen.«
    »Das stimmt«, sagte Sixtus V. »Aber Ihr wart gar nicht befugt, das Unrecht, von dem Ihr sprecht, zu beheben, da Ihr in keinem
     Verwandtschaftsverhältnis zu der eingekerkerten Person standet.«
    »Dennoch gab es eine Bindung zwischen dieser Person und mir«, erwiderte der Fürst mutig. »Wir wurden beide eines Verbrechens
     beschuldigt, das wir nicht begangen hatten.«
    »Von Eurer Unschuld reden wir später«, sagte der Papst und schaute auf die Uhr. »Tragt jetzt Eure Bitte vor, und faßt Euch
     kurz.«
    »Nun gut«, sagte der Fürst, dem dieses Wortgefecht einiges von seiner Kraft zurückgegeben hatte. »Nach dem Tode Gregors XIII.
     waren mehrere Theologen der Meinung, das mir im
precetto
auferlegte Verbot einer Wiederheirat sei nicht mehr gültig. Daher habe ich Vittoria Accoramboni zum zweiten Mal geehelicht.
     Ich bitte Euer Heiligkeit untertänigst, es bei dieser Sachlage zu belassen.«
    »Nehmt meine Antwort darauf«, sagte Sixtus V. laut und entschieden mit einem gebieterischen Blick auf den Fürsten.
» Primo
, die Theologen, von denen Ihr sprecht, haben teils aus Überzeugung, teils aus Habgier eine Meinung bekundet, für die sie
     sich heute mit der Beschwerde entschuldigen, sie seien eingesperrt gewesen. Das nenne ich scheinheilig. Denn sie hätten diesem
     Zwang leicht entgehen können, wenn sie gar nicht erst |396| dem Rufe nach Montegiordano gefolgt wären, war doch der Zweck dieser Zusammenkunft nur allzu offensichtlich.
Secundo
, sie waren in keiner Weise befugt, über diese Angelegenheit zu urteilen, und ich werde ihren Rat nicht berücksichtigen.«
    Ich sah den Fürsten auf seinem Schemel schwanken und so bleich werden, daß ich eine Ohnmacht befürchtete. Leider saß ich zu
     weit von ihm entfernt, um einen Sturz verhindern zu können, der wegen seines kranken Beins zweifellos fatal gewesen wäre.
     In diesem Moment empfand ich großes Mitleid mit ihm: die Worte des Heiligen Vaters schienen alle seine Hoffnungen zunichte
     zu machen.
    »Was das
precetto
betrifft«, fuhr der Papst fort, »so muß man unterscheiden zwischen denen, die das Gesuch zur Auflösung des Ehebundes eingereicht
     haben, und demjenigen, der es bewilligt hat. Erstere taten es wegen einer schmutzigen Erbschaftsangelegenheit, und letzterer
     hat sich von Ressentiments leiten lassen. Mehr sage ich dazu nicht.«
    Meiner Meinung nach hatte er schon genug gesagt! Er hatte, ohne ihre Namen zu nennen, Medici und Gregor XIII. nicht geschont.
     Natürlich, Gregor war tot, und Medici brauchte den Papst viel zu nötig, als daß er versuchen würde, ihm zu schaden. Je länger
     ich den Charakter Sixtus’ V. beobachtete, um so größer wurde meine Bewunderung für ihn. Er erinnerte mich an meinen eigenen
     Vater, der ein knappes Jahr vor seinem Tode Doge von Venedig geworden war und es verstanden hatte, je nach Gelegenheit mit
     subtiler Diplomatie oder mit brutaler Offenheit vorzugehen.
    Das Gesicht des Fürsten hatte wieder Farbe bekommen; offensichtlich schöpfte er neuen Mut, als er aus allerhöchstem Munde
     so harsche Kritik an seinen Feinden vernahm.
    »Nun zu Eurer Unschuld, Herzog«, fuhr der Papst fort, »ei ner Unschuld, die Ihr ein weiteres Mal beteuert habt und die zwei Seiten hat – eine helle und eine dunkle.«
    »Eine dunkle, Euer Heiligkeit?« fragte der Fürst unwillig.
    »Ihr werdet alsbald Gelegenheit zur Antwort haben, Herzog«, schnitt ihm Sixtus das Wort ab. »In einem Punkt stimme ich Euch
     zu: es fehlt in der Tat jeder Beweis dafür, daß Ihr etwas zu tun hattet mit der Ermordung von …«
    Zweifellos wollte er sagen »von meinem Neffen« oder »von meinem unglücklichen Neffen«, aber er fuhr unbewegt fort:
    |397| »… von Francesco Peretti. In diesem Punkt werdet Ihr in dem Bericht des armen Della Pace ausdrücklich entlastet. Und aus der
     Aussage des vormaligen Mönchs, den Ihr zu mir geschickt habt und der mir ein umfassendes Geständnis abgelegt hat – viel umfassender,
     als Ihr ahnen konntet –, geht hervor, daß dieser Mord von einem Eurer Verwandten, einem Erztaugenichts,

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