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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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optisch immer besser geworden seien. Anfangs seien sie ruckhaft und schwarz-weiß gewesen, und die Soldaten seien rumgerannt, als ob sie Ameisen in der Hose hätten, und diese fürchterliche Grobkörnigkeit und der Himmel voller Kratzer. Dann hätten sie das Tempo allmählich reduziert, bis sich die Leute schließlich wie im wirklichen Leben bewegten, und dann habe man in Farbe gedreht, das Korn sei immer feiner geworden, und selbst die Kratzer seien verschwunden. Und das sei Blödsinn, sagte er, weil alles sowieso nur eine Annäherung sei, eine Vorstellung, die sich jemand davon machte, wie es ausgesehen haben mochte, das Ergebnis einer bestimmten Entscheidung, des Drucks auf einen bestimmten Knopf. Aber es sei trotzdem geil, sagte er, wie das erste Mal Billie Holiday ohne das ganze Geknister und den blechernen Ton.
    Billie Holiday war wahrscheinlich ein Typ wie Elvis, dachte Chevette, mit Pailletten am Anzug, aber eher so wie zu der Zeit, als der noch jünger und nicht so fett gewesen war.
    Das war eins von Skinners Lieblingsthemen: wie Geschichte sich in etwas Synthetisches verwandelte. Aber sie
zeigte ihm gern, dass sie zuhörte, wenn er ihr was erzählte, denn sonst brachte er es durchaus fertig, tagelang kein einziges Wort zu sagen. Deshalb blickte sie jetzt von ihrem Magazin und den Bildern der Mädchen auf, die in der Provinz Quebec blauweiße Fahnen schwenkten, und da saß ihre Mutter auf Skinners Bettrand und sah schön und traurig und irgendwie müde aus, so wie sie damals manchmal ausgesehen hatte, wenn sie von der Arbeit kam und noch ihr ganzes Make-up drauf hatte.
    »Er hat Recht«, sagte Chevettes Mutter.
    »Mom?«
    »Mit der Geschichte, und was sie aus ihr machen.«
    »Mom, du …«
    »Das tut sowieso jeder, Honey. Ist nichts Neues. Die Filme haben nur mit der Erinnerung gleichgezogen, das ist alles.«
    Chevette begann zu weinen.
    »Chevette-Marie«, sagte ihre Mutter in diesem Singsang von vor so langer Zeit, »du hast dir den Kopf angestoßen.«

32 FALLONVILLE
    »Wie gut, sagst du, kennst du den Typ?«, fragte sie. Jedes Mal, wenn Rydell auf die Bremse trat, knirschten kleine, quadratische Stückchen Sicherheitsglas unter seinen Kampfstiefeln. Wenn er Zeit und einen Besen gehabt hätte, würde er alles ausgefegt haben. So jedoch hatte er die Reste der Windschutzscheibe mit einem Stück von einer rostigen Betonrippenstange rausschlagen müssen, die er am Straßenrand gefunden hatte, sonst hätte die Highway Patrol die Löcher gesehen und sie rausgewinkt. Außerdem hatte er ja die Brandsohlen. »Ich hab in L. A. mit ihm zusammengearbeitet«, sagte er und bremste, um LKW-Reifenfetzen zu umfahren, die wie die abgestreifte Haut eines Ungeheuers auf der zweispurigen Straße lagen.
    »Ich hab mich nur gerade gefragt, ob uns mit dem das Gleiche passieren wird wie mit Mrs Elliott. Bei der hast du auch gesagt, dass du sie kennst.«
    »Ich hab sie nicht gekannt«, sagte Rydell, »ich hab sie im Flugzeug kennengelernt. Wenn Sublett ein Spitzel ist, dann ist die ganze Welt eine Verschwörung.« Er zuckte die Achseln. »Dann könnte ich zum Beispiel auch anfangen, mir über dich Gedanken zu machen.« Statt beispielsweise darüber, ob Loveless oder Mrs Elliott sich die Mühe gemacht hatten, einen Ortungssender in dieses Wohnmobil einzubauen oder nicht, oder ob der Todesstern sie suchte, und falls ja, ob er imstande war, sie hier draußen aufzuspüren. Es hieß, dass der Todesstern die Schlagzeilen einer Zeitung lesen oder an einem anständigen Fußabdruck erkennen
konnte, was für Schuhe man trug und welche Schuhgröße man hatte.
    Dann schien wie aus dem Nichts dieses etwa dreieinhalb Meter hohe Holzkreuz im Scheinwerferlicht aufzutauchen, mit den Worten SCHALTEN SIE auf dem Querbalken und SEINEN UNSTERBLICHEN SATELLITENSENDER EIN auf dem senkrechten Pfosten und einem staubigen alten tragbaren Fernseher an der Stelle, wo der Kopf von Jesus hätte sein müssen. Es sah so aus, als ob jemand mit einer .22er auf den Bildschirm geballert hätte.
    »Kann nicht mehr so weit sein«, sagte Rydell.
    Chevette Washington grunzte nur. Dann trank sie einen Schluck von dem Wasser, das sie an der Shell-Tankstelle gekauft hatte, und hielt ihm die Flasche hin.
     
    Als er das Tor des Einkaufszentrums durchbrach, hatte er das sichere Gefühl gehabt, dass sie ganz in der Nähe eines größeren Highways sein müssten. Von außen war das Einkaufszentrum nur ein flaches Kuddelmuddel brauner Ziegelsteine; die Fenster waren mit Brettern

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