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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ungeheure Erleichterung, weil sie nun ganz bestimmt in einer Welt aufwachen würde, in der alles einen Sinn ergab.
    Auf dem Boden rollte sich Carson herum, kam auf die Knie hoch, stand auf, schüttelte sich, streifte sich einen zerdrückten Zigarettenfilter vom Jackenärmel und schlug ohne Vorwarnung nach Rydell, der den Schlag kommen sah und auszuweichen versuchte, so dass Carsons Faust in seine Rippen krachte und nicht, wie beabsichtigt, in seinen Bauch.
    Und Rydell schrie in schrillem, animalischem Schmerz auf, klappte zusammen …
    Und dann trat der mit der langen schwarzen Lederjacke, den kurzen schwarzen Haaren und den offenbar frisch ausrasierten Schläfen, dieser Bursche mit dem hoch um den Hals geschlungenen schwarzen Schal, den Chevette noch nie gesehen hatte, auf Carson zu. »Fehler«, glaubte sie ihn sagen zu hören. Er zog etwas aus der Tasche seiner schwarzen Jacke. Dann: »Du stehst nicht auf dem Programm.«
    Und er schoss Carson aus kürzester Distanz nieder, ohne auf die Waffe in seiner Hand hinabzuschauen.
    Es war kein lauter Schuss, absolut nicht, eher wie das Geräusch eines großen pneumatischen Bolzenschussgeräts, aber er war endgültig und definitiv und wurde von einem blaugelben Blitz begleitet, und Chevette konnte sich hinterher nie so richtig daran erinnern, was dann kam, obwohl sie wusste, dass sie es gesehen hatte: wie Carson von wer weiß wie vielen Tausend Joule Energie zurückgeschleudert wurde, die in diesem Moment versuchten, in seinem Körper zu kinetischer Ruhe zu gelangen.
    Aber es blieb nicht in ihrem Gedächtnis haften; es setzte sich nicht fest, und dafür würde sie dankbar sein.
    Auch dafür, wenngleich aus anderen Gründen, dass Tessa oben in der Tonkabine in diesem Moment das Licht ausschaltete.

53 (DU WEISST, ICH GEB DICH NICHT) WIEDER FREI
    Rydell kannte dieses Geräusch: ein Unterschallprojektil, abgefeuert durch einen Schalldämpfer, der es noch mehr bremste, während er die sich ausdehnenden Gase der gezündeten Ladung abfing, aber die Mündungsgeschwindigkeit würde trotzdem noch enorm hoch sein, und die Wucht an der Aufschlagstelle …
    Er wusste es trotz des Schmerzes in seiner Seite, der sich wie die glühend heiße Klinge eines Beils zwischen seinen Rippen anfühlte; er wusste es trotz des Schocks (er stand wahrhaftig unter Schock, in mehrfacher Hinsicht), der davon herrührte, dass er plötzlich Chevette gegenüberstand (dieser Version von Chevette, mit einer ganz anderen Frisur, eher so einer, wie er sie immer gern bei ihr gesehen hätte). Er wusste es in der Dunkelheit, die auf den Knall folgte, der Dunkelheit, die auf den Tod (da war er ziemlich sicher) des Mannes folgte, der auf Chevette losgegangen war, des Mannes, den er niedergeschlagen hatte, der wieder aufgestanden war und ihm die gebrochene Rippe halb durchs Zwerchfell getrieben hatte, so fühlte es sich jedenfalls an. Er wusste es, und er klammerte sich an dieses Wissen – aus einem sehr spezifischen Grund: Es bedeutete nämlich, dass der Schal ein ausgebildeter Profi war und nicht nur ein x-beliebiger Espontaneo in einer Bar.
    Rydell wusste in diesen ersten Sekunden der Dunkelheit, dass er eine Chance hatte: Sofern der Schal ein Profi war, hatte er eine Chance. Ein Betrunkener, ein Verrückter, ein stinknormaler Verbrecher in einer stockfinsteren Bar, das
war reine Glückssache. Ein Profi dagegen würde den Zufallsfaktor minimieren wollen.
    Und der war beträchtlich, nach dem Geräuschpegel zu urteilen. Die verbliebenen Gäste, darunter vielleicht auch Chevette, wogten kreischend und rempelnd zur Tür, um aus dem Laden hinauszukommen. Das war gefährlich, wie Rydell wusste, und konnte leicht tödlich enden; er war bei Konzerten Ordner gewesen und hatte gesehen, wie Leichen von Absperrgittern gepflückt worden waren.
    Er blieb, wo er war, schonte seine schmerzende Seite, so gut es ging, und wartete darauf, dass der Schal etwas unternahm.
    Wo war Rei Toei? Im Dunkeln hätte sie wie die Anschlagtafel eines Kinos leuchten müssen, aber es war nichts von ihr zu sehen.
    Und dann war sie da, eher Komet als Fee, zischte an Rydells Schulter vorbei dorthin, wo er den Schal zuletzt gesehen hatte, und verströmte helles Licht. Sie umkreiste den Kopf des Schals zweimal, schnell wie der Blitz, und Rydell sah, wie er mit seinem Schießeisen nach ihr schlug. Nur eine Kugel aus silbernem Licht, die sich so schnell bewegte, dass sie Spuren auf Rydells Netzhaut hinterließ. Der Schal duckte sich, als sie direkt auf

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