Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
Freddie?«
»Ich bin Mr Warbabys technischer Berater.«
»Was meinst du, worüber die gerade reden?«
Freddie langte nach oben und berührte einen seiner Turnschuhe. Die roten Worte verschwanden. »Da läuft jetzt das richtige Spiel.«
»Was meinst du damit?«
»Da geht’s jetzt um den Deal. Wir wollen wissen, was sie über den Toten haben, über diesen Blix.«
»Ja? Und was haben wir ?«
»Wir?« Freddie stieß einen Pfiff aus. »Du bist hier bloß der Fahrer.« Er zog die Füße zurück und setzte sich auf. »Aber es ist nicht grade ’n Geheimnis: IntenSecure und DatAmerica sind mehr oder weniger dasselbe.«
»Im Ernst?« Swobodow schien am meisten zu reden. »Was heißt das?«
»Das heißt, dass wir ’nen guten Draht zu ’ner größeren Datenbank als der von der Polizei haben. Wenn der alte Schwuppdiwupp da nächstes Mal ’nen Blick reinwerfen möchte, wird er froh sein, dass er uns ’nen Gefallen getan hat. Aber heute Abend, Mann, heute Abend brennt ihm das wie Feuer in seinem Russenarsch.«
Rydell erinnerte sich daran, dass er einmal zu einem Grillfest bei »Big George« Kechakmazde gegangen war und dass der Mann dabei versucht hatte, ihn zum Eintritt in die National Rifle Association zu bewegen. »Habt ihr hier oben viele Russen bei der Truppe?«
»Hier oben? Überall.«
»Schon komisch, wie viele von diesen Typen zur Polizei gehen.«
»Denk doch mal nach, Mann. Die hatten ’nen ausgewachsenen Polizeistaat da drüben. Vielleicht haben sie einfach ’n Gefühl dafür.«
Swobodow und Orlowsky stiegen in den grauen Wal. Warbaby ging zum Patriot, auf seinen Metallstock gestützt. Der Polizeiwagen hob sich hydraulisch runde zwölf Zentimeter höher und begann zu ächzen und zu beben, als Orlowsky den Motor auf Touren brachte. Regen tanzte auf der langen Kühlerhaube.
»Meine Güte«, sagte Rydell. »Denen ist es egal, wer sie kommen sieht, oder?«
»Die wollen , dass man sie kommen sieht«, erwiderte Freddie nebulös, als Warbaby die hintere Tür auf der Beifahrerseite aufmachte und mit der Prozedur begann, seinen steifbeinigen, massigen Körper auf den Rücksitz zu hieven.
»Abflug«, sagte Warbaby und knallte die Tür zu. »Protokoll. Wir fahren zuerst.«
»Nicht da lang«, sagte Freddie. »Da geht’s zum Candlestick Park. Da lang.«
»Ja«, sagte Warbaby, »wir müssen in die Stadt, was erledigen. « Es hörte sich an, als ob er darüber traurig wäre.
Die Innenstadt von San Francisco war wirklich ein Hammer. Überall drum herum Hügel, alles auf weitere Hügel gebaut — es gab Rydell so ein Gefühl … nun, er wusste nicht recht. Als ob er irgendwo wäre . An einem ganz besonderen Ort. Nicht dass er sicher war, dass es ihm hier gefiel. Vielleicht
weil es so ganz anders als in L. A. war, wo man das Gefühl hatte, sich frei und haltlos in einem Lichternetz zu bewegen, das sich über die ganze Welt ausdehnte. Hier oben fühlte er sich, als ob er von irgendwoher angekommen wäre – diese alten Gebäude überall um einen herum und so dicht beisammen, nichts Moderneres als dieses große, spitz zulaufende Ding mit dem Fachwerkgerüst (und er wusste, dass es ebenfalls alt war). Kühle, feuchte Luft, Dampf, der aus Gitterrosten im Bürgersteig aufstieg. Auch Menschen auf den Straßen, und nicht bloß die üblichen; Menschen mit Jobs und Klamotten. Ähnlich wie in Knoxville, versuchte er sich einzureden, aber es wollte nicht gelingen. Noch ein fremdartiger Ort.
»Nein, Mann, links, links !« Freddie schlug auf seine Rückenlehne. Und noch ein Stadtnetz zu lernen. Er checkte den Cursor auf der Stadtplananzeige des Patriot und suchte nach einer Möglichkeit, nach links zu diesem Hotel abzubiegen, dem Morrisey.
»Schlag nicht auf Mr Rydells Sitz«, sagte Warbaby, der knappe zwei Meter Faxpapier in seinen Händen zusammengeknäuelt hatte, »er fährt gerade.« Das Fax war auf ihrem Weg hierher reingekommen. Rydell vermutete, dass es die Unterlagen über Blix waren, den Burschen, dem sie die Kehle durchgeschnitten hatten.
»Fassbinder«, sagte Freddie. »Haben Sie schon mal was von diesem Rainer Fassbinder gehört?«
»Ich bin nicht in der Stimmung für Witze, Freddie«, warnte Warbaby.
»Kein Witz. Ich hab diesen Blix durch Getrennt bei der Geburt laufen lassen, Mann, hab dieses Leichenfoto gescannt, das der Russe Ihnen vorher geschickt hatte. Da steht, er sieht wie Rainer Werner Fassbinder aus. Und dabei ist er tot und hat ’ne durchschnittene Kehle. Dieser Fassbinder, der muss
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