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Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ferne Geheul von Sirenen.
    »Da kommen wir nie durch«, sagte Laney. Die meisten Mädchen hielten eine einzelne Kerze, und der vereinte Lichtschein tanzte über die tränennassen Gesichter. Sie waren so jung, diese Mädchen: Kinder. Das hatte Kathy Torrance an Lo/Rez besonders gehaßt, daß sich ihre Fanbasis über die Jahre hinweg durch einen ständigen Zustrom pubertierender Rekruten erneuert hatte – Mädchen, die sich in der endlosen Gegenwart des Netzes in Rez verliebten, wo er immer noch der Zwanzigjährige seiner ersten Hits sein konnte.
    »Geben Sie mir das schwarze Kästchen rüber«, sagte Arleigh, und Laney hörte Yamasaki durch die Luftpolsterfolie krabbeln.
    Ein flaches, rechteckiges Etui erschien zwischen den Sitzen.
    Laney nahm es an sich. »Machen Sie’s auf«, sagte sie. Laney zog den Reißverschluß auf und brachte etwas Flaches und Graues mit dem Lo/Rez-Logo auf einem länglichen Aufkleber zum Vorschein. Arleigh nahm das Ding aus dem Etui, stellte es aufs Armaturenbrett und fuhr mit dem Finger auf der Suche nach einem Schalter am Rand entlang. LO/REZ erschien in großen, grünen Leuchtbuchstaben in Spiegelschrift auf der Windschutzscheibe. **TOURBEGLEITUNG**. Die
    Sternchen begannen zu blinken.
    Arleigh ließ den Van ein paar Zentimeter nach vorn rollen.
    -303—
    Die Mädchen unmittelbar vor ihnen drehten sich um, sahen die Windschutzscheibe und traten beiseite. Stumm, langsam, Meter für Meter teilte sich die Menge, um dem Van Platz zu machen.
    Laney schaute über die schwarzen, in der Mitte gescheitelten Köpfe der trauernden Fans hinweg und sah den Russen aus dem Western World, der noch immer seine weiße Smokingjacke aus Leder trug, gegen die Menge ankämpfen.
    Die Köpfe der Mädchen reichten ihm kaum bis zur Taille, und er sah aus, als würde er durch schwarze Haare und Kerzenlicht waten. Aus seiner Miene sprach Verwirrung, beinahe Entsetzen, doch als er Laney am Fenster des grünen Van sah, verzog er das Gesicht, änderte seinen Kurs und hielt direkt auf sie zu.
    -304-

42 Abreise
    C hia schaute hinaus und sah, daß es aufgehört hatte zu regnen. Der Parkplatz jenseits des Stacheldrahtzauns war voller kleiner, regloser Gestalten mit Kerzen in den Händen. Ein paar von ihnen standen oben auf den Lastwagen, die dort geparkt waren, weitere anscheinend auf dem Dach des niedrigen Gebäudes dahinter. Mädchen. Japanische Mädchen. Alle schienen sie zum Hotel Di herüberzustarren.
    Der Riese erzählte Rez gerade, jemand habe bekanntgegeben, er sei gestorben, sei tot in diesem Hotel aufgefunden worden, und es sei draußen im Netz und werde behandelt, als wäre es wirklich passiert.
    Der Russe hatte inzwischen selbst ein Telefon hervorgeholt und sprach auf Russisch mit jemandem. »Mr. Lor-ess«, sagte er und ließ das Telefon sinken, »wir hören Polizei kommt. Diese Nanotechnik streng verboten, ist ernste Problem.«
    »Gut«, sagte Rez. »Wir haben einen Wagen in der Garage.«
    Jemand stieß Chia am Ellbogen an. Es war Masahiko, der ihr die Tasche gab. Er hatte ihren Sandbenders hineingesteckt und den Reißverschluß zugezogen; sie merkte es am Gewicht.
    Seinen Computer hatte er in dem karierten Beutel. »Zieh jetzt deine Schuhe an«, sagte er. Die seinen hatte er bereits an.
    Eddie lag zusammengerollt auf dem Teppich; so lag er da, seit der Russe ihm den Tritt versetzt hatte. Nun machte der Russe wieder einen Schritt auf ihn zu, und Chia sah, wie Maryalice, die neben Eddie auf dem Teppich saß, sich duckte.
    »Bist du glücklicher Mann«, sagte der Russe zu Eddie. »Wir uns halten an Abmachung. Isotop wird geliefert. Aber wollen wir keine weitere Geschäfte mit dir.«
    -305—
    Ein Klicken ertönte, dann noch eins, und Chia beobachtete, wie der Riese, dem das linke Ohr fehlte, zügig und ohne hinzusehen sein Beil zusammenklappte. »Das Ding da in deiner Hand ist ein Schwerverbrechen, Rozzer. Der Besuch deines Fanclubs bringt uns die Polizei auf den Hals. Besser, wenn ich das Ding an mich nehme.«
    Rez sah den Riesen an. »Ich trag’s selbst, Keithy.«
    Chia glaubte, eine plötzliche Traurigkeit in den Augen des Riesen zu sehen. »Na schön«, sagte er. »Wird Zeit, daß wir von hier verschwinden.« Er steckte die zusammengelegte Waffe in sein Jackett. »Also kommt, ihr beiden.« Er bedeutete Chia und Masahiko, zur Tür zu gehen. Rez folgte Masahiko, dicht hinter Rez kam der Russe, aber Chia sah, daß der Zimmerschlüssel auf dem kleinen Kühlschrank lag. Sie lief hin und nahm ihn.
    Dann blieb

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