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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen
Autoren: Friedrich Ani
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»Steigen Sie bitte aus.«
    Einige Sekunden lang umschlossen Baduras Hände krampfhaft das Lenkrad, dann stieg er aus.
    »Ich hab nichts getan«, sagte er.
    »Drehen Sie sich um, und lehnen Sie sich ans Auto.«
    Badura befolgte die Aufforderung, und Fischer tastete ihn ab.
    »Wo ist Ihr Ausweis?«
    »In meiner Jacke.«
    Fischer gab Liz ein Zeichen, und sie rief in der Einsatzzentrale an.
    »Was tun Sie hier?« fragte Fischer.
    Badura streckte das linke Bein und verzog das Gesicht.
    »Das alte Leiden. Wenn ich zu lang sitze, wird’s schlimm, sehr schlimm.«
    »Was tun Sie hier, Herr Badura?«
    »Ich wollte das Zimmer des Mannes mieten, der die Nonne ermordet hat, aber es ist versiegelt. Hätt ich mir denken können. Der Mann kannte Katinkas Mutter, das wissen Sie ja.«
    »Wo ist Ihre Frau?«
    »Zu Hause, wie immer. Was hat sie damit zu tun?«
    »Womit?«
    »Mit dem hier«, sagte Badura und humpelte zwei Schritte am Auto entlang. »Mit dem Hotel, mit dem Mann und der Nonne.«
    »Waren Sie verreist?«
    »Ich war verreist, ja.«
    »Auf Dienstreise.«
    »Ich bin nicht mehr im Dienst«, sagte Badura, blieb stehen und sah zur Kreuzung, wo ein Streifenwagen mit Blaulicht auftauchte. »Meine Frau glaubt, ich wär noch für den Konzern tätig. Das bin ich schon seit dem ersten Januar nicht mehr. Ich werd jetzt reinen Tisch machen und ihr alles sagen.«
    »Wo waren Sie?«
    »Da und dort, nichts Besonderes.«
    »Sie waren mit Katinka Schubart unterwegs.«
    »Mit wem?«
    »Mit der Tochter der Frau, die Sie in der Wohnung Ihres Freundes Wohlfahrt getroffen haben.«
    »Nein«, sagte Badura, beugte sich in den Wagen und nahm seine Wildleder Jacke vom Beifahrersitz. »Ich war allein unterwegs.«
    »Geben Sie mir die Jacke.«
    Badura stutzte, dann hielt er Fischer die Jacke hin. Der Kommissar zog den roten, an den Rändern ausgefransten Paß aus der Innentasche, durchsuchte die Taschen, nahm das Handy heraus und gab Badura die Jacke zurück.
    Der Streifenwagen hielt mitten auf der Straße. Mit den Händen am Holster stiegen zwei junge Polizisten aus.
    »Ich hab nichts getan«, sagte Badura noch einmal.
    Auf dem Bürgersteig blieben immer mehr Passanten stehen.
    »Kannten Sie Sebastian Flies?« fragte Fischer.
    »Wer ist das?«
    »Der Mann, der die Nonne ermordet hat.«
    »Nein. Ich wollt nur sein Zimmer sehen. Er soll ein Einzelgänger gewesen sein.«
    »So wie Sie?«
    »Ich bin kein Einzelgänger, ich bin verheiratet.«
    »Das ist Sebastian Flies auch.«
    »Aber ich lebe mit meiner Frau zusammen, und ich liebe sie. Ich hab nichts getan.«
    Obwohl der Mann nicht den Eindruck erweckte, er würde Widerstand leisten, drehte einer der Polizisten Badura die Hände auf den Rücken und fixierte sie mit einem Hartplastikband.
    »Burgstraße«, sagte Fischer.
    Plötzlich knurrte sein Magen, sekundenlang. Jemand in der Gruppe der Schaulustigen fing an zu klatschen.
    »Stimmt das: Du hast auf offener Straße Beifall gekriegt?« fragte Walter Gabler an seinem Schreibtisch. Fischer hatte ihn in ihrem gemeinsamen Büro von der Tür aus begrüßt. Es war die erste ironische Bemerkung Gablers, an die Fischer sich erinnern konnte; er ging weiter zu Weningstedts Büro.
    »Er hat gestanden«, sagte der Leiter der Mordkommission, noch bevor Fischer sich gesetzt hatte. »Wohlfahrt gibt zu, daß sein alter Freund Jonathan Badura regelmäßig die leerstehende Wohnung als Liebesnest benutzt; er ist der einzige, der außer ihm einen Schlüssel hat. Badura trifft sich mit seinen Geliebten, und seine Frau denkt, er ist auf Dienstreise.«
    »Er ist arbeitslos«, sagte Fischer. »Das hat er seiner Frau verschwiegen; er fährt durch die Gegend.«
    Weningstedt trank aus seiner Allzwecktasse.
    »Sigi kocht einen lausigen Kaffee. Wenigstens ist er jetzt beim Observieren und setzt keinen neuen auf!« Er stellte die Tasse auf einen Aktendeckel. »Wohlfahrt hat weiter zugegeben, daß er die Wohnung geputzt und Blut abgewischt hat. Angeblich hat Badura ihm gegenüber keine Andeutungen über die Tat gemacht.«
    »Das kann man glauben.«
    »Ich glaub’s ihm. Er wird sich wegen Behinderung von Ermittlungsarbeit und Falschaussage verantworten müssen. Und seine Steuern wird er auch nachzahlen müssen. Er hat fast geweint, als ich ihm erklärt habe, was auf ihn zukommt.«
    »Und er muß ins Hotel ziehen«, sagte Fischer.
    »Seine Wohnung wird versiegelt.«
    »Wie du immer sagst: Die Dummheit ist eine Festung.« Weningstedt sah auf die Uhr, stand auf und wählte eine
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