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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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beobachtet?«
    fragte Fischer.
    »Nichts. Weder die Nachbarn im Haus noch andere Leute, die wir befragt haben. Ein lauschiges Viertel. In manchen Gärten stehen riesige Nadelbäume, überhaupt viel Grün, meist Einund Zweifamilienhäuser, Bänke, Tischtennisplatten, Ligusterhecken, Obstbäume, Sträucher, Rasenflächen, bemalte Zäune, farbige Fensterläden, hier könnt ich leben.«
    »Wir müssen also davon ausgehen, daß das Mädchen gemeinsam mit seiner Mutter die Wohnung verlassen hat.«
    »Unwissen«, sagte Esther in Anspielung auf ihren Chef.
    »Ich würde gern mit Micha sprechen.«
    »Ja. Wir sind um eins zurück. Treffen wir uns alle mit dir?«
    »Das ist mein Plan.« Fischer winkte Liz, die an der Tür wartete, in sein Büro und sprach wieder ins Telefon. »Micha, was ist mit den Nummern, die du gefunden hast?«
    »Du kriegst gleich Besuch«, sagte Schell. »Zwei Freunde von Nele Schubart, zwei ihrer Liebhaber, einen von ihnen hat sie in der vergangenen Woche getroffen.«
    »Wann?«
    »Am Montag. Eine der Nummern gehört der Freundin, die heut nacht bei uns angerufen hat, dann einmal das Kaufhaus, ein Nagelstudio, bis jetzt nichts Entscheidendes.«
    »Habt ihr ein brauchbares Foto des Mädchens gefunden?«
    »Wir haben eines mit ihr und ihrer Mutter. Die Kollegen haben es abfotografiert, sie bringen es dir innerhalb der nächsten Stunde vorbei. Was war mit dem Hotel in der Landwehrstraße?«
    »Die Kollegen haben sich noch nicht gemeldet.«
    »Kommst du zu uns raus?«
    »Nach der Mittagsbesprechung.«
    »Essen wir gemeinsam? Sehr gut. Inklusive Lesung?«
    »Vielleicht.«
    »Ich bin dafür!«
    Dann saßen Fischer und Liz sich gegenüber und tranken Kaffee. Durch die offenen Türen hörten sie das Telefon im zweiten Stock klingeln und Valeries gedämpfte, gleichbleibend ruhige Stimme. Als Fischer die Spitze seiner Krawatte zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und damit auf sie zeigte, sagte Liz: »Wohlfahrt ist nicht am Wochenende nach Mallorca geflogen. Und die Adresse seines Vormieters hab ich auch ausfindig gemacht; sein Vorname ist nicht Willi oder Wilhelm, sondern Winfried, Winfried Sacher, gelernter Schuhmacher.«
    »Und wo wohnt er?«
    »Schwer zu sagen. Dafür bist du zuständig.« Sie zögerte und zog die Brauen hoch. »Er ist tot, verunglückt bei einem Zusammenstoß auf der Autobahn, am siebenundzwanzigsten April.«
    »Und wofür bin ich zuständig?«
    »Für den Himmel oder die Hölle.«
    »Bin ich Gott?«
    »Glaubst du daran?«
    »Nein.«
    Fischer fand, ihr Schauen war nicht anders als ungläubig zu nennen.
    »Bist du deswegen rausgeflogen?«
    »Ich bin nicht rausgeflogen, das habe ich dir gestern schon erklärt, ich bin freiwillig gegangen, so wie ich freiwillig eingetreten bin.«
    »Du glaubst nicht an den Himmel?« Sie legte ihren Schreibblock auf die Knie und beugte sich vor. »Das glaub ich dir nicht, P-F.«
    »Ich glaube an den Himmel«, sagte Fischer. »Aber die Idee von Himmel und Hölle kam mir immer merkwürdig und viel zu melodramatisch vor.«
    Sein Telefon klingelte.
    »Dich hätt ich gern mal in der Kutte gesehen«, sagte Liz.
    »Kutten tragen nur Bettelmönche, was wir haben, nennt man Habit.« Er griff zum Telefonhörer.
    »Du hast haben gesagt statt hatten .«
    »Vergangenheitspräsens«, sagte Fischer.
    »Ja, ja.« Liz stand auf und klopfte mit dem Kugelschreiber auf die Oberkante des Blocks.
    »Wie lang bist du jetzt schon raus?«
    »Grüß Gott, Kollege«, sagte Fischer ins Telefon, schrieb eine Zahl auf einen Zettel und reichte ihn Liz. »Niemand? Was ist das für ein Hotel? Ja. Könnt ihr das Foto der Frau bitte in ein paar Geschäften vorzeigen? Vielleicht hat sie in einem der türkischen Läden eingekauft.«
    Dann legte er den Hörer auf. Er neigte den Kopf nach links, dachte nach, neigte den Kopf nach rechts, sah Liz an, die im Stehen ungefähr so groß war wie er im Sitzen. »Ja, bitte?«
    Liz betrachtete den Zettel mit der blauen, krakeligen 18 darauf.
    »So lang schon«, sagte sie. »Aber du hast trotzdem haben gesagt. Wann machst du die Vernehmungen mit den Nachbarn in Hadern?«
    Wieder klingelte sein Telefon. »Ich mache keine Vernehmungen, das weißt du doch, ich führe Gespräche. Ja?« sagte er in den Hörer und hörte kurz zu, bevor er aufstand und sein Sakko anzog, das er über die Lehne des dritten Stuhls im Zimmer gehängt hatte.
    »Das hab ich nicht gewußt«, sagte Liz. »Was ist der Unterschied zwischen einer Vernehmung und einem Gespräch?«
    »Im

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