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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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dritte Hartplastikschwein im Büro des Chefs steckte jeder Ermittler einen Geldschein, wenn er wegen langwieriger Vernehmungen Valeries Kapazitäten über Gebühr beanspruchen mußte.
    »Jetzt mal peu à peu«, sagte Knapp. Er drehte kurz den Kopf zur Tür, wo Valerie saß. »Kein Streß. Wir sind doch erwachsene Leute. Am Samstag war ich mit einem Freund beim Billard in der Nähe des Sechzigerstadions, danach waren wir unten im Glockenbachviertel bis drei Uhr morgens, dann sind wir nach Hause, jeder für sich und ohne Begleitung. Am Sonntag war ich beim Fußball an der Isar, wir waren mindestens zu zehnt, am Nachmittag war nichts, und abends bin ich mit einem Freund bei einem neuen Japaner in der Innenstadt zum Essen gewesen, die Straße hab ich vergessen, ich müßt aber die Quittung noch haben, weil ich bezahlt hab, ich kann das absetzen. Das können Sie mir glauben.«
    »Und am Freitag?«
    »Am Freitag hab ich bis achtzehn Uhr gearbeitet, dann bin ich heim, hab geduscht und bin ins Floriansstüberl zum Kartenspielen, das ist gleich bei mir ums Eck. Da war ich bis um eins, und dann bin ich ins Bett, allein. Ich hab Nele angerufen, sie war aber nicht da.«
    »Wann haben Sie sie angerufen?«
    »Ich hab nicht auf die Uhr geschaut, gegen neun.«
    »Sie haben bei ihr zu Hause angerufen, am Nothkaufplatz.«
    »Wo?«
    »In ihrer Wohnung in Hadern.«
    »Die Nummer hab ich nicht, ich war da auch nie; wir haben uns immer bei mir getroffen, sie wollt das so. Ich hab ihr Handy angerufen.«
    Bei der Leiche hatten die Ermittler kein Mobiltelefon gefunden. Inzwischen kannten sie die Nummer, aber der Anschluß war tot; vermutlich hatte der Täter das Handy verschwinden lassen.
    »Warum hat Frau Schubart Sie nie zu sich nach Hause mitgenommen?«
    »Hab ich sie auch gefragt. Sie sagt, es ist aufregender für sie, außerdem kann sie dann gehen, wann sie will. Ist schon in Ordnung.«
    »Hat sie Ihnen von ihrer Tochter erzählt?«
    »Was?« Wieder wandte Knapp sich kurz um.
    »Eine Tochter? Nele hat ein Kind? Das ist das erste, was ich hör. Wie alt?«
    »Sieben.«
    »Spinnst! Im Ernst?«
    »Sie hat sie nie erwähnt?«
    »Niemals! Deswegen konnt ich nicht mit zu ihr, wegen dem Kind! Verständlich. Verstehe. Ein Kind. Die hat überhaupt nicht so gewirkt, als hätt sie ein Kind. Sowas müßte man doch merken. Oder? Wenn eine Frau Mutter ist, das merkt man doch.«
    »Sie haben es nicht bemerkt«, sagte Fischer.
    »Das stimmt. Wieso nicht? Ein Kind! Wie alt? Sieben? Und der Vater, wo ist der? Ist sie verheiratet?«
    »Nein, sie lebte getrennt vom Vater ihres Kindes.«
    Knapp wedelte wieder mit den Händen, legte die Finger übereinander, tippte sich an die Stirn.
    »Hat der ein Alibi?«
    Als Fischer aufstand, sagte Ewald Knapp:
    »Frauen gibt’s! Unverstehbar!«
    Für den dreiundsechzigjährigen Max Ebert führte Nele Schubart ein Grenzleben. Auf Nachfragen Fischers zögerte der Fahrlehrer, bevor er mit halb geschlossenen Augen seine Sicht darlegte. »Zum Beispiel gab sie zu, Gerüche schwer zu ertragen. Sie behauptete, ihr würde schwindlig werden, wenn sie sich zu lange in einem Raum mit bestimmten Duftschwaden aufhält. Nasengift nannte sie es. Und nun arbeitet sie in einer Parfümerie, zumindest in der Parfümabteilung eines Kaufhauses. Nicht daß es dort übermäßig stinkt, aber die Frauen sprühen sich ein, wenn sie eine Marke ausprobieren, wir Männer auch. Dort steht sie also den ganzen Tag, sechs Tage in der Woche und atmet Nasengift ein. Warum? Warum hat sie das getan? Ich habe sie gefragt, aber sie konnte mir keine plausible Antwort geben. Sie hat eine Tochter. Ich frage sie, wo ist die jetzt? Wenn wir uns trafen. Sie sagt, zu Hause. Ich sage: Allein? Und sie sagt: Sie ist gern allein. Meiner Einschätzung nach hat sie sich – und das ist ein höflicher Ausdruck – nicht besonders leidenschaftlich um das Kind gekümmert. Wenn ich unhöflich sein würde? Dann würde ich sagen, das Kind war ihr egal. Sie hat dafür gesorgt, daß es pünktlich in die Schule kommt und immer saubere Sachen anhat und die Hausaufgaben anständig erledigt, das war alles. Das hat sie zugegeben. Ich sage nicht, sie hat schlecht über das Kind gesprochen, und ich glaube auch nicht, daß sie es schlecht behandelt hat. Sie konnte nur nichts mit dem Mädchen anfangen. Aber sie wollte unbedingt ein Kind, sie sagte, damals war sie Ende Zwanzig und dachte, das wäre genau die richtige Zeit, um Mutter zu werden. So ähnlich. An das Gespräch erinnere ich

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