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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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mich noch. Gleichzeitig wollte sie nicht heiraten. Hat sie dann ja auch nicht getan. Sie wollte frei sein. Und ich weiß, daß ich nicht ihr einziger Liebhaber war, was mich manchmal gekränkt hat, gebe ich zu. Jetzt tut es mir leid, jetzt werde ich sie vermissen. Habe ich Ihnen ja schon gesagt, ich bin seit acht Jahren geschieden, und es fällt mir nicht leicht, Frauen anzusprechen, schon gar nicht die jüngeren, und was soll ich machen? Die alten ansprechen? Nele war fast dreißig Jahre jünger als ich, das war am Anfang schwierig, ich fühlte mich geschmeichelt, in gewisser Weise, und ich gab mir Mühe. Im Bett. Und sonst. Aber es hat gedauert, bis ich den Eindruck hatte, sie nimmt mich ernst und probiert nicht nur aus, wie das so ist mit einem alten Knacker. Gesund bin ich, das muß ich auch sein in meinem Beruf. Wenn Sie den ganzen Tag den Leuten das Autofahren beibringen, da dürfen Sie nicht schwächeln, allein schon wegen der Radfahrer, die aus allen Ecken hervorschießen und keine Rücksicht auf uns Autofahrer nehmen. Und so weiter. Nein, sie kam immer zu mir, in meine Wohnung, ich weiß gar nicht, wo sie wohnt, sie hat es mir gesagt, aber ich habe es vergessen. Nothkaufplatz? Nie gehört. Ich wohne, wie gesagt, in der Volkartstraße, und das war natürlich enorm praktisch, so kam sie oft nach der Arbeit noch schnell vorbei, von ihrem Kaufhaus bis zu mir sind es zu Fuß nicht mal zehn Minuten. Sie kam oft, zwei Stunden, dann mußte sie nach Hause, ihre Tochter wartete auf sie. Die Arme. Sie fuhr mit der U-Bahn, soweit ich weiß, hatte sie kein Auto. Sparsam war sie, das muß ich sagen, nicht geizig, sie schaute eben aufs Geld, ist verständlich in ihrer Situation. Aber: Wenn sie ein schönes neues Kleid haben wollte, hat sie es gekauft, sofort. Einerseits und andererseits. So war ihr Leben. In letzter Zeit wirkte sie auf mich etwas niedergeschlagen, erschöpft, ausgemergelt, sie hatte abgenommen und weniger Freude als früher an Champagner und Wein, aber sie hatte immer noch Spaß im Bett, und sie war wirklich eine wunderbare Verführerin. Trotzdem. Trotzdem hatte sie sich verändert, und sie weigerte sich, es zuzugeben. Vielleicht merkte sie es nicht, das wäre möglich. Seit zwei Monaten habe ich sie nicht mehr gesehen. Ich habe ihr auf die Mailbox gesprochen, ohne Resonanz. Ich bin nicht aufdringlich, ich dachte, sie wird sich schon wieder melden. Hat sie nicht getan. Und jetzt, heute, kommt es mir vor, als wäre ich fast drei Jahre mit einer fremden Frau ins Bett gegangen. Das beunruhigt mich, muß ich Ihnen gestehen.«
    Am vergangenen Freitag, dem Tag des Verbrechens, hatte Max Ebert den ganzen Nachmittag über Fahrstunden und zwischen neunzehn und einundzwanzig Uhr Unterricht in Theorie gegeben.
    Heiner Sobeck dagegen hatte kein überzeugendes Alibi.
    »Braucht er eines?« fragte Silvester Weningstedt. Seiner Aussage zufolge hatte Katinkas Vater seinen freien Nachmittag am Nacktbadestrand verbracht, danach in einem nahen Biergarten eine Maß Bier getrunken und ein Hendl mit Kartoffelsalat gegessen und war gegen zwanzig Uhr in seinen Getränkehandel zurückgekehrt, um mit einem seiner beiden Mitarbeiter die Hauslieferungen zu erledigen.
    »Er hätte sie also treffen können«, sagte Fischer.
    »Hältst du das für wahrscheinlich?«
    »Nein. Seine Fingerabdrücke, die die Kollegen vor meinem Gespräch mit ihm genommen haben, passen bisher nicht zu denen in der Tiefgarage. Er hat kein Motiv, aber er bleibt auf der Liste.«
    »Feldkirch hat vorhin angerufen«, sagte Weningstedt. »Sie waren in den Geschäften rund um die Heiglhofstraße, ein Supermarkt, eine Apotheke, auch eine Pizzeria et cetera. Niemand hat die Frau wiedererkannt. Sie reden alle über den Mord, taugliche Gerüchte sind noch nicht aufgetaucht.«
    Liz kam herein. »Kein Zweifel: Nele Schubart hatte kein Auto. Ich hab Micha angerufen und ihn gefragt, ob irgendwo ein Moped oder ein Fahrrad rumsteht. Es gibt ein Kinderfahrrad, sonst nichts. Wann die Frau – allein oder mit ihrem Kind – das Haus verlassen hat, wissen sie immer noch nicht. Niemand hat was gesehen, und sie haben anscheinend schon fast fünfzig Anwohner befragt. Ich versteh das nicht, Glotzen ist doch die Hauptbeschäftigung vieler Leute, aber wenn’s darauf ankommt, sind sie blind.«
    »Was ist mit den Eltern?« fragte Fischer. Weningstedt nickte, wählte eine Nummer und drückte den Knopf der Mithöranlage.
    »Ja?« sagte eine Frau am anderen Ende mit brüchiger

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