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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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lügt er? dachte Fischer und sagte:
    »Danke, daß Sie so schnell gekommen sind. Wir treffen uns in einer Stunde in Ihrer Wohnung, paßt Ihnen das?«
    »Was bleibt mir übrig?«
    »Das ist wahr«, sagte Fischer. »Und ich muß Sie gleich noch einmal fragen: Außer Ihnen hat niemand einen Schlüssel zu Ihrer Wohnung?«
    »Nein.«
    »Bestimmt?«
    »Ja.«
    »Kein Nachbar? Immerhin sind Sie oft lange verreist.«
    »Nein.«
    »Auch nicht Jossi Brug?«
    »Jossi? Wie kommen Sie auf den?«
    »Hat er einen Schlüssel zu Ihrer Wohnung?«
    »Nein.«
    »Danke«, sagte Fischer. »Und Sie haben vorhin nicht mit jemandem telefoniert?«
    »Nein.«
    »Aber Ihr Handy haben Sie gleich nach der Landung eingeschaltet.«
    »Ich hab ein Geschäft, ich muß erreichbar bleiben.«
    »Das verstehe ich«, sagte Fischer. »Wir sehen uns in einer Stunde.«
    Das Lächeln der beiden jungen Polizisten behagte Franz Wohlfahrt nicht im geringsten. Auch das, was sein Freund zu ihm gesagt hatte, überzeugte ihn nicht. Auf jeden Fall wollte er zuerst allein in die Wohnung gehen, ohne seinen Begleitschutz. Sie können mich chauffieren, alles in Ordnung, aber in meine Wohnung kommt niemand ohne meine ausdrückliche Erlaubnis. Dieses Land ist immer noch ein Rechtsstaat, der die Privatsphäre seiner Bürger schützt!
    »Darf ich rauchen?« fragte er.
    »Nein«, sagte der Polizist auf dem Beifahrersitz.
    »Guten Flug gehabt?«
    »Nein.«
    »Von einem Tag auf den anderen«, sagte Liz Sinkel. »Keine ihrer Mitschwestern hat damit gerechnet. Am Morgen des vierzehnten August war sie verschwunden. Die Äbtissin Johanna hat betont, daß Ines Gebirg Ende letzten Jahres mit der ewigen Profeß begonnen und ihren Ring erhalten hat. Hattest du auch einen Ring?«
    »Nein«, sagte Fischer. Er kniete auf dem Boden seines Büros, vor sich die Berichte seiner Kollegen, achtzehn engbeschriebene große Blätter, auf denen er wichtige Aussagen, Beobachtungen und Bewertungen mit einem gelben Leuchtstift markiert hatte. Liz saß auf dem Besucherdrehstuhl und achtete darauf, beim Hin und Herrollen keines der Blätter zu berühren.
    »Und die ewige Profeß dauert ewig«, sagte Liz.
    »Ja. Welche Vermutungen stellt die Äbtissin an?«
    »Sie glaubt, daß Ines immer mehr vereinsamt ist. Sie war sehr beliebt im Kloster, und ihre Arbeit in der Bibliothek machte ihr Freude, aber sie hat sich trotzdem abgeschottet. Übrigens nannte sie sich Irmengard. Hattest du auch einen anderen Namen als Mönch?«
    »Ich blieb bei meinem Taufnamen«, sagte Fischer, legte mehrere Blätter übereinander und heftete sie mit einer roten Klammer zusammen.
    »Die Äbtissin sagt, sie ist nicht die einzige, die in den letzten Jahren das Kloster wieder verlassen hat. Allerdings war Ines die einzige, die niemandem Bescheid gesagt hat, die mehr oder weniger geflüchtet ist. Bist du auch geflüchtet?«
    Fischer unterbrach seine Sortierarbeit. »Du sollst mich nicht ausfragen, du sollst mir das Ergebnis deiner Recherche mitteilen.«
    »Mach ich ja!« Sie rollte am Rand der Zettel entlang.
    »Mich interessiert das aber, wie das damals für dich war.«
    »Ein andermal. Hat sich Ines noch einmal im Kloster gemeldet?«
    »Ja, am nächsten Tag. Sie hat angerufen und der Äbtissin erklärt, daß ihr Abschied endgültig ist und daß sie in Zukunft ein anderes Leben führen will, dann hat sie aufgelegt. Kennst du die Äbtissin Johanna?«
    »Woher denn?«
    »Ich dachte, ihr im Kloster kennt euch alle.«
    »So wie ich als Kind geglaubt habe, alle alten Leute würden sich kennen.«
    »Ich auch!« sagte Liz. »Hab ich auch geglaubt.«
    »Es muß eine Erklärung geben«, sagte Fischer.
    »Die Äbtissin hat keine.«
    »Sie wollte sie dir nicht sagen, vielleicht.«
    »Hättst eben selber mit ihr sprechen sollen.«
    »Mir hätte sie sie auch nicht gesagt.«
    »Warum nicht?«
    Fischer stützte sich ab und wuchtete sich in die Höhe. Er streckte sich, dann fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare. »Wo könnte sie jetzt sein?«
    »Die Äbtissin hat keine Ahnung«, sagte Liz.
    »Sie vermutet, daß Ines in ihr Elternhaus zurückgekehrt ist.«
    »Gottferne möglicherweise«, sagte Fischer vor sich hin.
    »Bitte?«
    »Wenn Gott zu lange schweigt, fängt man an zu zweifeln, findet keine Erfüllung mehr im Gebet.«
    »War das so bei dir?« Liz rollte vorsichtig auf ihn zu.
    »Niemand hat sie als vermißt gemeldet«, sagte Fischer. Liz begriff, daß es die falsche Zeit war, um in seiner Vergangenheit herumzustochern.
    »Wer sollte

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