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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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sie denn?«
    »Ist ihr was zugestoßen?«
    »Ein Bekannter von ihr ist in einen Fall verwikkelt, den wir bearbeiten, und wir würden Ihre Tochter gern befragen, aber der Bekannte weiß nicht, wo sie sich aufhält.«
    »Was für ein Bekannter? Und wo soll sie schon sein?« sagte Gebirg und steckte sich eine Zigarette an. »Auf der Insel halt.«
    »Auf welcher Insel?«
    »Auf der Insel, wo das Kloster ist. Sie ist Nonne, wissen Sie das nicht?«
    »Doch«, sagte Fischer. »Sie meinen Frauenchiemsee.«
    »Da hat sie sich hingeflüchtet, weil sie angeblich nicht mehr zurechtgekommen ist mit ihrem Leben.«
    Im Hintergrund hörte Fischer das Klappern von Geschirr und eine Frauenstimme.
    »Wann haben Sie Ihre Tochter zum letztenmal gesehen?«
    »Das ist über drei Jahre her. Was soll das für ein Bekannter sein? Die ist in einem Nonnenkloster! Was ist los? Sie können offen mit mir reden, ich verkrafte das schon. Ich hab schon ganz andere Sachen verkraftet.«
    »Es könnte sein, daß Ihre Tochter das Kloster wieder verlassen hat.«
    »Da hätte sie ja zur Abwechslung mal eine vernünftige Entscheidung getroffen. Und wo ist sie jetzt?«
    »Das wissen wir nicht. Ich habe gehofft, Sie wüßten es.«
    »Bei mir ist sie nicht, die traut sich nicht mehr heim.«
    »Sie waren damals nicht einverstanden mit ihrer Entscheidung?«
    »Ins Kloster! Wir haben hier ein Geschäft, eine Wirtschaft, die mein Vater aufgebaut hat. Wir vermieten an Sommergäste, und wir sind ein beliebtes Gasthaus. Meine Frau und ich haben sieben Tage die Woche geschuftet, und Sehnerl auch. Bis sie diesen Wahn gekriegt hat.«
    »Was für einen Wahn?«
    »Diesen Gottwahn!« Der Wirt hustete. »Ihre Mutter ist verunglückt, da hat sie angefangen zu beten und in die Kirche zu rennen. Ändert das was? Ich glaub nicht an Gott. Glauben Sie an Gott, als Polizist?«
    »Ja«, sagte Fischer.
    »Von mir aus.«
    »Wie ist Ihre Frau verunglückt?«
    »Im See. Ertrunken.« Gebirg verstummte.
    Für einen Moment rang auch Fischer nach Worten. Er sah Liz die Treppe hochkommen und winkte sie herein.
    »Noch was?« fragte Gebirg. »Gleich kommen die Gäste, wir haben Mittagsgeschäft, ich muß in die Küche.«
    »Wie alt war Ines, als ihre Mutter verunglückte?«
    »Sie war neun, die Sehnerl. Neun. Neun!«
    »Und Ihre Frau ist ertrunken?«
    »Die Aloisia? Ja, sie ist ertrunken. Wenn Sie die Sehnerl finden, sagen Sie ihr, sie kann ruhig wieder kommen, sie braucht sich nicht zu fürchten, ich bin nicht bös. Wenn sie freiwillig wieder raus ist aus dem Weiberknast, da hab ich Verständnis, das rechne ich ihr hoch an. Obwohl ich’s ihr gleich gesagt hab, daß das ein Wahnsinn ist.«
    »Haben Sie wieder geheiratet?«
    »Nein. Aber ich hab eine Partnerin, die Frau Jessen, Elfriede, die ist schon lang bei uns im Haus, Köchin. Wir sind zusammen in der Küche, sie kennt das Geschäft. Aber verheiratet sind wir nicht, ich heirat nicht mehr.«
    »Hat Ihre Tochter Freundinnen oder Bekannte von früher, bei denen sie sich jetzt aufhalten könnte?«
    »Wüßt ich niemand. Ihre beste Freundin war die Neher Milena, aber das war ganz früher, als Kinder. Später haben die kaum noch Kontakt gehabt. Die Sehnerl war immer sehr einzlig.«
    »Einzellig?«
    »Einzlig, allein, für sich. Also, wenn Sie mit ihr reden, sagen Sie ihr, ich und die Friede, wir sind da für sie, wenn sie uns braucht. Hat ja keinen Sinn, daß man ewig jemand was nachträgt, nachher stirbt man, und was ist dann? Ich hab ja nichts gegen meine Tochter, ich hab sie halt nie verstanden, und das mit der Klosterei, das hat niemand kapiert, auch die Friede nicht, niemand im Haus, damit hat sie uns alle überrumpelt. Die Aloisia hätt das bestimmt nicht gewollt. Wer weiß? Wenn die Aloisia nicht gestorben wär, wär die Sehnerl vielleicht nicht so geworden. Sie können uns ja mal besuchen, für ein Wochenende, ist landschaftlich reizvoll. Schild auf der Höh. Ich hab in eine neue Hollywoodschaukel investiert, Stars and stripes, echt amerikanisch. Die erste Schaukel hab ich angeschafft, da war die Sehnerl noch ein kleines Mädchen. Die hat gar nicht mehr aufgehört zu schaukeln, und unsere Gäste waren begeistert. Das können Sie der Sehnerl ruhig erzählen von unserer Neuanschaffung, das ist vielleicht verlockend für sie. Ich muß jetzt in die Küche.«
    »Ich melde mich wieder bei Ihnen«, sagte Fischer. Er legte den Hörer auf, stützte den Kopf in die Hand und sah Liz an, die sich vor seinem Schreibtisch auf den Stuhl gesetzt

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