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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Mutter Johanna die Wahrheit nicht sagen können, sie hätt mich wieder weggeschickt, und dann wär ich verloren gegangen für alle Zeit. Ich bin hier, weil ich nicht sterben möcht wie Mama und wie meine Uroma. Das verstehst du nicht, Papa, und ich bin dir nicht bös. Und jetzt freu ich mich aufs richtige Leben. Und ein guter Geist wird mich auf ebenem Pfad leiten, so wie es in den Psalmen geschrieben steht.«
    Noch bevor Polonius Fischer den Dienstwagen erreicht hatte, intonierte sein Handy Bad Bad Leroy Brown.
    »Könnten Sie kurz bei uns vorbeischauen?« sagte ein Wachmann im Polizeipräsidium. »Der Zeuge Flies ist in seiner Zelle unter das Bett gekrochen und weigert sich rauszukommen. Er will Sie sprechen, nur Sie, und sofort. Ich hab ihm erklärt, daß ich ihm das nicht versprechen kann.«
    »Ich bin gleich da«, sagte Fischer. Dann tippte er eine Nummer. »Unser Treffen verschiebt sich um eine Stunde, Herr Wohlfahrt. Sind Sie in Ihrer Wohnung?«
    »Ja.«
    »Sind meine Kollegen bei Ihnen?«
    »Ich hab sie gebeten, draußen zu warten.« Das hatte Fischer befürchtet.
    Er kehrte um und machte sich auf den Weg ins Präsidium am Rand der Fußgängerzone. Zwischendurch fiel ihm ein, daß sein Vater sich noch gar nicht gemeldet hatte, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren.
    17   Damit der schöne Tag nichts merkt
    A uf Anweisung von Fischer hatte der Wachmann die Zellentür verriegelt.
    »Das ist unüblich und gefährlich, das wissen Sie.«
    »Ja«, sagte Fischer.
    »Ich bleib auf jeden Fall in der Nähe.«
    »Danke.« Dann hatte Fischer sich auf den Stuhl gesetzt, mit dem Gesicht zum Bett, und gewartet.
    »Gehen Sie weg«, sagte Sebastian Flies nach einer Weile mit weinerlicher Stimme.
    »Kommen Sie bitte da unten raus.«
    Flies zog die Beine an und brummte vor sich hin.
    »Kommen Sie bitte da unten raus.«
    Die Stimme unter dem Bett war kaum zu verstehen. »Hauen Sie ab!«
    Fischer stand auf, ging zum Bett, beugte sich hinunter, packte Flies am Arm und zog ihn aus seinem Versteck. Er griff ihm unter die Achseln, setzte ihn, mit schlenkernden Armen, wie ein Stofftier auf die Bettkante und hielt ihn an den Schultern fest.
    Aus wäßrigen roten Augen starrte Flies an Fischer vorbei. Sein grauer Pullover war voller Staubschlieren, seine grüne Hose von dunklen Flecken übersät. Die Knoten der Schuhbänder hatten sich gelöst, er trug keine Socken. Er schlotterte, seine Beine zuckten.
    Fischer ließ ihn los, und Flies schien augenblicklich zu erstarren.
    »Soll ich einen Arzt rufen? Möchten Sie was trinken?«
    Flies schüttelte den Kopf.
    Aufrecht stand Fischer vor ihm, in seiner ganzen Größe, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Wo hält Ines Gebirg sich auf, und was haben Sie ihr angetan? Haben Sie die Frage verstanden?«
    »Nichts, was sie nicht wollte«, sagte Flies mit halber Stimme.
    »Wo ist sie?«
    »Wissen Sie, an welchem Tag Sie geboren sind, Mister Fischer?« Flies schaute zu ihm hinauf wie ein neugieriges Kind, leckte sich die Lippen, schniefte.
    »An einem Donnerstag.«
    »Ich denk, Sie beantworten keine Fragen.«
    »Manche schon.«
    »Ich am Mittwoch«, sagte Flies und krallte die Hände in die Matratze. »Da grabschte Schwester Antonia nach mir und hat mich rausgezerrt aus der reinen Finsternis, die mich umhüllt hat. Wenn ich nicht festgebunden gewesen wär, wär ich abgetaucht und weg. Und weg! Dann hätt die Schwester Antonia ins Leere gelangt.« Er kicherte. »Und der Pfarrer erst! Hätt sich große Worte einfallen lassen müssen, um die Rothaarige auf die Auferstehung zu vertrösten. Vom Bub. Riskant!« Sein Kopf schnellte nach oben. »Ich war ja noch ungetauft!« Wie im PF-Raum schob er die Unterlippe vor und gab sich einen schmollenden Gesichtsausdruck.
    »Aber: Das Glück existiert! Ich wurde ein blutiger Klumpen, zahnlos, konnt deswegen auch die Schnur nicht selber durchbeißen, Errungenschaft der Evolution, gell? Antonia zückte die Schere und reichte sie meinem Vater, der erledigte die Sache handwerklich sauber.«
    Fischer stand da, eine mächtige Gestalt in der engen Zelle, ein unüberwindbares Hindernis.
    »Am Schreibtisch«, sagte Flies, sah zu Fischers Gesicht hinauf, zur schweren, bedrohlich gekrümmten Nase. »Am Schreibtisch, innen, Nachmittag. Bub vor Büchern. Schnitt auf Hemdkragen: Durft geöffnet sein. Kommt Lufti nei! Bub malt einen Berg, einen Fluß, einen Schornstein. Kommt Rauchi außi. Kommt die rothaarige Frau rein, fragt der Bub, ob er nach draußen dürft. Sagt

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