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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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sie: Es setzt gleich was! Also bleibt er sitzen. Und zeichnet. Und sein Rumlaufen fand nur im Kopferl drinnen statt. Wissen Sie? Mister Fischer? Meine Fee hatte eine Nase wie Sie. Kleiner. Aber: Selbe Biegung! Hat sich vielleicht gebogen vor Vergnügen irgendwann. Die Rothaarige sagt: Die ist häßlich, die taugt nichts. Wie sie selber! Psst. Nichts gesagt. Gekuscht und an den Selbstgehorsam gekuschelt. Auch an dem Tag in der Küche. Schnitt. Später. Vorabend.«
    Er grinste, wartete, hörte auf zu grinsen.
    »Deswegen bin ich ein Vorabendseifenopernopa geworden. Juckt’s den Gott? Ihren? Rückblende: Die Rothaarige schreit. Den Mann an, meinen Vater. Das Mädchen an, meine Schwester. Ich hinter Katalins Rücken. Die Frau schreit: Frei sein! Schreit: Sich verwirklichen! Hab ich zum erstenmal gehört, das Wort. Dann haut sie ab. Um sich zu verwirklichen. Frag ich Katalin: Was ist die denn vorher gewesen? Eine Erscheinung? Rotz an Gotts Nasn? Ist ihr Schreien bloß Schneuzen gewesen? Vorabend, innen, nah: Tochter umarmt Vater. Totale: Sohn hockt abseits. Kaut Worte. Schluckt sie runter. Schnitt: Ist nicht erstickt dran bis heut. Meine Stimme. Die da.«
    Er riß den Mund auf und zeigte mit dem Finger hinein. »Wollt bellen, die Stimme vom Wastl in der Unwirklichkeitshüttn. Wollt bellen, obwohl sie schon lang verreckt war. Deswegen hat er doch aus dem Mund gestunken oft: weil im Rachen ein Kadaver rumlag. Hätt sich aber gern getummelt. Doch! Unter Lindenbäumen. Doch. Wär schon gern freiwillig groß geworden im Arme der Götter. Doch. Klappte nicht. Fiel der Rothaarigen in den Schoß. Rotzgeburt. Bis die wegging und mich mit einem Blick aus ihrer Gegenwart blinzelte. Yes?«
    Fischer sah auf ihn hinunter.
    Flies schabte mit den Fingernägeln an der Matratze. »Sagt der Arzt: Erkennen kann ich nichts, und zieht den Holzstab wieder raus aus meinem Rachen. Lag dann unter der Zieche. Bleich. Wie ausgebleicht. Oder geblichen? Stutzt der festangestellte Redakteur zurecht! Statt der Götter umarmte mich Katalin. Das war ein Obdach. Durch das Obdach regnete es heraus. Weil: Ich wußt ja sonst nicht, wohin mit den Tränen. Die müssen ja raus. Ein anderer Arzt klopft mir auf den Kopf, und es fährt ein Güterzug durch. Fragt der Arzt: Tut s’ Kopferl weh? Der Bub schüttelt den Zug. Auf der Straße geht er zehn bis elf Schritte hinter der blonden Frau her. Ist jetzt blond statt rot. Ist jetzt Pia, rechte Hand des Vaters. Zeigt der Bub in der Nähe des Hauptbahnhofs auf einen Zug, der nicht da ist. Sagt die Blonde: Was soll das? Und schlägt sein Zeigen entzwei. Schnitt: Im Bus haucht der Bub die Scheibe an. Hinterm Hauch kommt ein Baum zum Vorschein. Sitzen Beos da. Einer heißt Carlos. Hat einen gelben Schnabel. Wird verschleppt in eine deutsche Zoohandlung. Und der Bub wär gern auf dem Leben gewesen und nicht unten drunter.«
    Flies keuchte mit offenem Mund. Dann riß er seine Hände von der Matratze los, ballte die Fäuste und hielt sie vor den Körper, als umklammere er eine Lenkstange. »Gotts letzter Dreck, gell? Hat mich und solche wie mich aus seinen Exkrementen geknetet. Und auserkoren! Auserkoren, die Welt zu verpesten und auch noch stolz zu sein. Stolz sein. Auf unsere kotigen Verbrechen! Nackt bis auf die Unterhosen durch die Jahrtausende. Solche wie ich. Heulen aus allen Poren. Weil wir wissen, wir wachen wieder auf. In einer Latrine. Hier. So. Und ungeniert dazu. Die hat das so wollen. Ich wollt das nicht. Die wollt das so. So. Die sagt: Drück zu. Drück zu! Drück zu! Die sagt: Drück zu! Ich drück zu. Hab sie entjungfert. Die Nonne. Die arme Frau. Die Nonne. Lieber kopfunter hängen in der Höhle. Und mit den Händen die Tränderln auffangen und zurückstopfen in die Augen. Reinstopfen wieder. Die kam. Und wohnt bei mir. Die Eltern. Die Mutter ist gestorben. Im See draußen. Untergegangen. Yes. Hat das so wollen. Wollt sonst niemand da draußen. Nur die Mutter. Mütter wollen, machen. Gehen weg. Gehen unter. Da bleibt das Kind am Wegesrand. Das schafft das schon, das Kind. Sehnerl. Sag Sehnerl, sagt sie zu mir. Will auch untergehen. Im Sommer. Draußen auf dem See. Sehnerl auf dem See. Geht unter. Kommt wieder hoch. Gerettet. Vorüber. Gehend. Geht ins Kloster. Wegen der Erlösung. Gell? Daß der Gott ein Einsehen hat. Hat er nie aber! Hat er noch nie gehabt aber! Stimmt’s, Mister Fischer? Einsehen kann er nicht. Macht nichts. Geht auch so. Die ist wiedergekommen. Am Sonntag. War schon weg. Ist

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