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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen
Autoren: Friedrich Ani
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Berg, sie und ihr Vater nichts, und damit war die gerechte Verteilung beendet.
    »Vitamine schaden nicht«, sagte Susanne Feldkirch zum ungefähr achthundertachtzigstenmal in ihrem Leben, und der achtjährige Lukas meinte: »Hab ich schon gehabt, heut in der Zitronenlimo!« Und der zehnjährige Moritz erklärte:
    »Vitamine sind für Opas.« Dann sprangen sie auf und rannten in ihr Zimmer. Ihre Teller waren rotverschmiert, ihre Servietten zerrupft und die Tischdecke dort, wo sie gesessen hatten, mit dunklen Spritzern übersät. Seit Moritz von einem Besuch bei Micha, dem Kollegen seines Vaters, mit dem Rezept nach Hause gekommen war, daß Rigatoni und sämtliche anderen Sorten von Nudeln noch besser schmeckten, wenn man sie mit einer Überdosis Maggi würzte, probierten ihre Söhne von Susannes raffiniert ausgetüftelten Saucen nur, um ihr, wie sie ungeniert zugaben, eine Freude zu bereiten, aber auch nur einen Löffel; damit der Maggigeschmack nicht verloren ging!
    »Zum Wohl«, sagte Susanne und hob ihr Weinglas. »Sie wollen morgen mit Isa ins Ungererbad, da geh ich mit.«
    »Gute Idee«, sagte Feldkirch. »Micha ist zur Zeit ziemlich angespannt, und seine Bekannte Paula kann sich auch nicht dauernd um Isa kümmern. Vielleicht können wir die beiden am Wochenende einladen, wenn wir bis dahin die aktuellen Fälle geklärt haben und keine Überstunden einschieben müssen.«
    »Wie weit seid ihr?«
    »Morgen ist P-F wieder dran.« Beim Anblick der verschmutzten Tischdecke schüttelte der Kommissar den Kopf.
    »Gegenüber Kindern wirkt er etwas gehemmt, fast schüchtern.«
    »Schüchternheit ist mir bei Polonius noch nie aufgefallen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Er ist ein sehr anwesender Mann.«
    »Was ist ein anwesender Mann?« Feldkirch hielt die Weinflasche schräg, überlegte, schenkte seiner Frau nach und stellte die Flasche hin.
    »Einer, der nicht schüchtern ist. Schau nicht so eifersüchtig.«
    »Ich schau nicht eifersüchtig«, sagte Feldkirch.
    »Wieso können die Jungs nicht mal in den Ferien etwas länger am Tisch sitzen bleiben?«
    »Zum Wohl«, sagte Susanne und wartete mit dem erhobenen Glas, bis Feldkirch mit ihr anstieß.
    Obwohl ihr Mann oft zwölf Stunden arbeitete, gelegentlich auch am Wochenende, und nicht das geringste Talent zum Planen von Urlaubsreisen und sonstigen Freizeitaktivitäten besaß, obwohl er die Erziehung seiner Kinder mehr oder weniger ihr allein überließ und obwohl er – wenn sie ehrlich war – nicht gerade ein begnadeter Liebhaber war, hätte sie sich nie vorstellen können, ihn zu betrügen oder gar zu verlassen. Auf seine eigene, sehr spezielle Weise war auch er ein anwesender Mann, nicht unbedingt aufgrund seines Aussehens und Auftretens, eher wegen seiner unbedingten Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit, die ihr unerschütterlich erschienen. Genau so einen Mann hatte sie sich als junge Frau gewünscht und keinen anderen, auch keinen Polonius Fischer, der sie auf der Weihnachtsfeier im Präsidium manchmal zum Tanzen aufforderte und in dessen Armen sie – wenn sie ehrlich war – schon eine Reihe beunruhigender Momente durchgestanden hatte.
    »Ich darf nicht vergessen«, sagte Emanuel Feldkirch, »morgen den Prospekt von der Pension in Venedig mitzunehmen, wo wir im letzten Jahr waren. Neidhard möchte mit seiner Verlobten eventuell Weihnachten dort verbringen.«
    Sie sah ihm an, was er dachte, küßte ihn auf den Bauch und fuhr mit dem Finger auf seinem Oberschenkel auf und ab. Er spürte die Erregung zurückkehren und räusperte sich. »Warte«, sagte Neidhard Moll.
    Den Kopf auf seinen Bauch gebettet, schaute sie ihn an. »Ich mag aber nicht warten.«
    Er legte die Hand in ihren Nacken, streichelte ihre Schulter, betrachtete ihren nackten Körper; sie hatte die Beine angewinkelt und streckte den Hintern heraus, dessen Haut im Kerzenlicht milchig und provozierend wirkte. Der Anblick brachte Neidhards Geschlecht wieder in Stimmung. Jana stöhnte und packte zu.
    »Warte«, sagte er wieder.
    Jana Woelk hatte ihr Gesicht nicht von ihm abgewandt. »Ich weiß genau, was du denkst«, sagte sie mit leiser Stimme, und er spürte ihre Fingernägel.
    »Was denn?«
    Sie lächelte und strich mit der Zunge über seinen behaarten Bauch. »Aber es ist alles genau richtig, so wie es ist, und ich werd dich heiraten, da kommst du nicht aus, und wenn du willst, geb ich’s dir schriftlich. Dann kannst du eine polizeiliche Akte draus machen, daß ich nichts drauf geb, ob du
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