If you stay – Füreinander bestimmt
irgendeine Erklärung geliefert, um diese Sache verarbeiten zu können. Ich vermute, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben und vielleicht sogar das Bedürfnis verspüren, Drogen zu nehmen. Ich möchte Ihnen helfen, damit fertigzuwerden.«
Ich schüttele den Kopf.
»Da gibt es nichts groß zu verarbeiten. Eine Frau, die ich kenne, ist gestorben. Ich habe sie nicht geliebt. Ich habe einige ihrer SMS gelesen. Sie wollte Drogen und klang verzweifelt. Keine Ahnung, woher die Drogen waren, mit denen sie die Überdosis genommen hat. Schuldgefühle habe ich höchstens, weil ich nicht schon früher aufgehört habe, ihr etwas zu geben. Ich habe zu ihrem Zustand beigetragen, weil sie von mir in den letzten zwei Jahren Drogen bekommen hat. Das ist etwas, wofür ich verantwortlich bin. Es tut mir wirklich leid, dass sie es nicht geschafft hat, aufzuhören, aber das ist alles. Und ich habe nicht das Verlangen verspürt, selbst wieder etwas zu nehmen. Ganz und gar nicht. Ich habe es satt, weiter darüber zu reden. Können wir uns jetzt wieder meinen eigentlichen Problemen zuwenden?«
»Gleich«, erwidert Dr. Tyler. »Ich bin neugierig, was Mila betrifft. Wie hat sie das Ganze aufgenommen?«
Ich halte für einen Moment inne und spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Jeden einzelnen Tag in dieser Woche seit »dem Vorfall«, wie ich ihn bezeichne, habe ich so etwas wie Panik verspürt, wenn ich an den Ausdruck auf Milas Gesicht an jenem Morgen dachte. Dieser Ausdruck schien zu sagen, dass sie alles für meine Schuld hielt und als könne ich wie Jill enden. Und als wäre sie nicht auf so etwas gefasst.
Ich schlucke, und meine Kehle ist derartig trocken, dass ich es hören kann.
»Mila ist ein echter Kumpel«, erwidere ich. »Sie ist dageblieben, während die Polizei ihre Fragen gestellt hat, und sie hat sich Sorgen gemacht um Jills Kinder. Sie hat nun mal ein weiches Herz.«
»Sie hat also keine Parallelen zwischen Ihnen und Jill gezogen?« Der Therapeut klingt skeptisch. Ich verspüre mit einem Mal das Verlangen, ihm eins in die Fresse zu hauen.
»Natürlich hat sie das. Sie hat mir gesagt, dass ich das hätte sein können. Und ich habe ihr versprochen, dass das niemals geschehen wird.«
»Und hat sie die Antwort akzeptiert?« Dr. Tylers Stift macht für einen Moment Pause.
Ich auch.
»Ich weiß es nicht. Schien so. Aber sie war diese Woche sehr ruhig, sehr zurückhaltend. Vielleicht muss sie es erst noch verarbeiten.«
»Macht es Ihnen Angst, dass sie vielleicht nicht dorthin zurückkehren kann, wo Sie beide waren, bevor dies geschah?«
Eine Höllenangst.
Doch das sage ich ihm nicht.
Stattdessen antworte ich lediglich mit einem Ja.
Der Therapeut blickt auf seine Unterlagen und notiert sich etwas. Eines Tages würde ich wirklich einmal gern sehen, was er da notiert.
»Ich möchte jetzt gern das Thema wechseln«, erkläre ich mit fester Stimme. Ich habe genug über Mila erzählt.
Ich starre Dr. Tyler mit einem Blick aus Stahl an, und er seufzt und nickt.
»In Ordnung. Wechseln wir das Thema. Haben Sie wieder geträumt?«
Ich nicke. »Ja. Mehrmals in dieser Woche. Es ist nach wie vor der gleiche Traum. Ich befinde mich in einem dunklen Zimmer und kann nicht gut sehen. Aber ich kann meine Mutter hören. Es klingt, als würde sie mich eindringlich um etwas bitten. Aber ich weiß nicht, um was, denn an dieser Stelle ist der Traum zu Ende. Das ist sehr frustrierend, da ich das Gefühl habe, es gäbe noch mehr zu sehen.«
Dr. Tyler betrachtet mich eingehend, während seine Finger mit dem Stift spielen.
»Manchmal schützt sich die Psyche, so gut sie es eben vermag. Sie tut dies, indem sie blockiert, unterdrückt, verdrängt. Wenn ich eine Vermutung anstellen sollte, würde ich sagen, dass dieser Traum eine Erinnerung ist. Und Ihre Psyche will nicht, dass Sie sich an den Rest erinnern, weil er sehr schmerzhaft ist.«
Ich starre ihn an. »Sie glauben, dass ich etwas träume, was wirklich geschehen ist?«
Er nickt. »Vermutlich. Ich könnte mich natürlich auch irren. Die einzige Möglichkeit, dies herauszufinden, besteht darin, den Traum zu Ende zu träumen.«
Ich schüttele frustriert den Kopf. »Das kann ich nicht. Er endet immer an dieser Stelle, wenn ich an diesem dunklen Ort bin und meine Mutter höre. Dann wache ich auf. Für gewöhnlich schweißgebadet.«
Dr. Tyler nickt. »Es gibt eine andere Möglichkeit, wenn Sie dafür offen sind.«
Ich warte ab, bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich wissen
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