Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)
würde.«
Wanner sah etwas verwundert die Sachen durch, dann steckte er das Notizbuch und die Unterlagen ein. »Das andere Zeug könnt ihr mitnehmen und nach Spuren absuchen.«
Das Problem war jetzt, die Leiche mit dem Hubschrauber zu transportieren. Dann war nicht mehr Platz für alle Männer. Und zweimal wollte der Pilot nicht fliegen, weil er inzwischen woanders dringend gebraucht wurde.
Wanner hatte plötzlich eine Idee. Er stieg ein Stück den Berghang hinauf, bis zu der Stelle, an der vorher auch Peters ein Netz bekommen hatte, und rief von dort Florian Berger an. Der war erstaunt, als er vom derzeitigen Aufenthaltsort Wanners erfuhr und wurde höchst neugierig, als ihm Wanner alles berichtete.
»Am Hölloch eine Tote, sagst du? Jetzt so was! Und zeitgleich mit mei’m Toten auf Schneiderküren! Und die zwei Orte send gar ned weit auseinander … Da müsset wir uns bald und genau unterhalten.«
»Genau deswegen ruf ich dich an. Ich hab nämlich keinen Platz mehr im Heli. Hättest du Zeit, mich mit deinem Polizeisupergeländemotorrad hier oben abzuholen? Dann könnten wir uns gleich unterhalten …«
»Bin in dreißig Minuten bei dir, reicht dir des? Du kannst ja in der Zwischenzeit no’amal des Gelände dort ringsum absuchen. Okay? Gut, dann bis nachher!«
Wanner half, die Tote zum Hubschrauber zu bringen, wartete, bis die Kollegen und der Arzt eingestiegen waren, und winkte ihnen zum Abschied zu. Dann hob er den Daumen, der Hubschrauber stieg in einem Wirbel von Staub, Blättern und kleinen Steinen in die Höhe und verschwand bald über den Unteren Gottesackerwänden in Richtung Kempten.
Dann war es plötzlich totenstill. Kein Mensch kam vom Windecksattel herunter oder aus dem Tal herauf, es war bedrückend einsam. Windzerzauste Fichten umstanden Findlinge, die einst von den steilen Wänden rechts und links des Hochtales abgebrochen sein mochten. Latschen wuchsen im engen Talgrund und zogen sich teilweise die Hänge hinauf. In das obere Mahdtal fielen Sonnenstrahlen, die den Windecksattel in goldenes Licht tauchten, im übrigen Talgrund zogen Schatten heran und kündigten bereits die Dämmerung an.
Wanner begann, ganz wie es ihm Berger scherzhaft empfohlen hatte, die Umgebung sorgfältig abzusuchen. Nicht dass er seinen Spurensicherern nicht zugetraut hätte, genau zu arbeiten, aber er hatte sich in seinen langen Dienstjahren immer lieber auf sich selbst verlassen. Er besaß ein geübtes Auge, das Auffälligkeiten, und waren sie noch so klein, stets wahrgenommen hatte. Langsam umkreiste er, sorgfältig den Boden absuchend, das Hölloch. Ein unheimlicher Ort, dessen Name schon nichts Gutes verhieß. Und dennoch ein friedlicher Platz, wie man jetzt, wo alles still war, meinen konnte. Plötzlich fuhr Wanner zusammen. Er war so in die Suche vertieft gewesen, dass ihn das durchdringende Krächzen eines Raben bis ins Innerste erschreckte. Er sah zum Himmel. Unweit von ihm kreisten zwei Kolkraben über dem Mahdtal und flogen langsam tiefer.
Ein zweites Krächzen ertönte, als sie das Hölloch überflogen. Dann ließen sich die beiden Vögel gegenüber am Berghang auf den Ästen einer toten Fichte nieder. Sie saßen still da und beobachteten Wanner. Wenigstens kam es ihm so vor.
Er schüttelte den Kopf und suchte weiter.
Und wieder erklang ein Krächzen. Die Vögel saßen noch am gleichen Platz. Als Wanner sich ihnen näherte, flogen sie träge auf und stiegen in die Luft. Sie kreisten dreimal, dann verschwanden sie in Richtung Toreck.
Ein innerer Zwang drängte Wanner, zu der Fichte zu gehen, auf der sich die Raben niedergelassen hatten. Dort trat er auf ein paar der herumliegenden trockenen Äste, die unter seinem Gewicht zerbrachen, achtete aber nicht weiter darauf. Die Fichte war wohl eines natürlichen Todes gestorben oder Opfer von Borkenkäfern geworden. Ihre Äste hingen dürr zu Boden, ein Teil des Stammes war heruntergebrochen.
Von hier oben hatte man freie Sicht auf das Hölloch. Und als sich der Hauptkommissar umdrehte, fiel sein Blick auf eine Stelle in den trockenen Ästen, auf die er zuvor getreten war.
Und er pfiff durch die Zähne.
7 Florian Berger hatte nochmals Kontakt mit der vorgesetzten Dienststelle in Bregenz aufgenommen. Doch dort hatte man ihm bedauernd erklärt, dass die Kollegen von der Abteilung »Leib und Leben«, durch Krankheiten in der Zahl reduziert, an einem anderen dringenden Fall arbeiteten, ebenso die Spurensicherer. Er möge doch, so lautete der Auftrag, die
Weitere Kostenlose Bücher