Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)
Finger länger auf dem Klingelknopf.
Wieder ohne Erfolg.
Die Haustür ging auf, und eine Frau in einem langen Mantel mit einem alles verdeckenden Kopftuch verließ mit einer Einkauftasche das Haus. Bevor die Tür wieder zufallen konnte, hatte Wanner schnell seinen Fuß dazwischengestellt und winkte Berger heran.
Sie stiegen zur Wohnung von Palić hinauf. Wanner klopfte zuerst, dann donnerte er mit den Fäusten gegen die Tür und rief: »Herr Palić, hier ist die Polizei! Bitte öffnen Sie sofort, wir wissen, dass Sie zu Hause sind!«
Es rührte sich nichts.
Wanner holte sein Spezialwerkzeug für solche Fälle heraus und öffnete die Tür. Bei Gefahr im Verzug brauchte er dazu keine richterliche Erlaubnis. Sie liefen schnell durch die Wohnung, aber niemand war da.
»Zum Kuckuck! Ich dachte, er wäre zu Hause«, sagte Wanner zu Berger.
Der schlug sich an den Kopf. »Heiderblitz no amal! Kannst dich an die Frau erinnern, die grad aus der Tür kam? Des war sicher der Palić, der sich als Türkin verkleidet hat!«
»Kruzitürken«, fluchte Wanner. »Du hast recht. Aber wart nur, den erwischen wir schon noch. Und dann bin ich auf seine Erklärungen gespannt.«
»Und jetzt?«, fragte Berger. »Wenn wir doch scho mal herin send …«
Wanner nickte zustimmend. »Vielleicht findet sich ja was für unsere Ermittlungen.«
Sie durchsuchten schnell und ohne Spuren zu hinterlassen Zimmer, Küche und Bad, selbst ins WC schaute Berger. Im Bad lag eine Haarbürste. Schnell nahm Wanner ein paar Haare und steckte sie in eine Plastiktüte. »Für alle Fälle«, sagte er zu Berger gewandt, der mit einem Wasserglas vor ihm stand.
»Da muss er grad draus trunken haben, vielleicht finden wir auch noch Fingerabdrücke.« Sie wickelten das Glas vorsichtig in eine weitere Plastiktüte, dann verließen sie die Wohnung und sperrten die Tür wieder zu.
»So, und jetzt?«, fragte Berger.
»Ich lass ihn sicherheitshalber zur Fahndung ausschreiben. Wer sich so blöd benimmt, der hat was zu verheimlichen, und das hätte ich gerne gewusst. Wir haben heute noch Zeit, und könnten uns den Kandelholz vornehmen. Der hat für den Mord an Brugger auch ein Motiv, das für einen dringenden Verdacht ausreichend wäre. Denk an den verbalen Schlagabtausch zwischen Brugger und Kandelholz und an dessen Drohung. Wer sagt uns, dass der Palić nicht nur ein kleiner Fisch ist und der Kandelholz, oder die Stark oder die Kohler den Brugger umgebracht haben?«
»Genau des werd’n wir rausfinden, und ich hab des Gefühl, dass es gar nimmer lange dauern wird. Wir kriegen sie alle«, setzte Berger verschmitzt hinzu.
»Zum Beispiel?« Wanner sah ihn fragend an.
»Na ja, es können ja auch mehrere sein, oder?«
»Ich hab bloß so fragend geschaut, weil ich nicht das Gefühl habe, dass es schnell gehen wird. Wir müssen wie ein Angler, der einen großen Fisch am Haken hat, die Schnur langsam einziehen, damit er nicht abhauen kann.«
»Na, dann Petri Heil!«
»Lass uns erst noch mal zum Pfarrer Aniser gehen. Ich glaube, der könnte uns einen weiteren Tipp geben. Das ist so ein Bauchgefühl.«
»Na schön, wenn du mit dem Bauch fühlst, machen wir des«, war Berger einverstanden, und die beiden fuhren nach Riezlern zurück.
Der alte Pfarrer stand am Fenster seiner Stube und blickte auf den Vorgarten hinaus. Dieser war seine ganze Freude, und er hegte und pflegte ihn. Seit die drei Polizisten bei ihm gewesen waren, hatte er oft an das Gespräch mit ihnen denken müssen. Ja, ich wüsste noch manches, was ihnen nützlich sein könnte, dachte er, und ein flüchtiges Lächeln huschte über sein faltiges Gesicht. Aber sie sollten noch mal von sich aus kommen, wenn sie etwas wissen wollten. Er wandte sich zum Herrgottswinkel und faltete die Hände. »Herr«, betete er laut, »gib diesen Polizisten Deinen Geist ein, und lass sie Erfolg haben! So möge endlich auch auf Schneiderküren Frieden einkehren und die armen Seelen ihre Ruhe finden. Ich werde die Gebeine der beiden Steinzeitmenschen der geweihten Erde und damit Dir übergeben, in Deinen ewigen Frieden empfehle ich sie bis zum Jüngsten Tag. Nimm alle Seelen im Himmel auf, besonders jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen. Amen.«
Er bekreuzigte sich und nahm dann das Buch »Vorgeschichte in Vorarlberg« in die Hand und öffnete es an einer markierten Stelle. Er las im Kapitel »Steinzeit« weiter, das er bereits am Vortag angefangen hatte. Es beschrieb die neuesten Erkenntnisse über das Leben
Weitere Kostenlose Bücher