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Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)

Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)

Titel: Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nowotny
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vor siebentausend Jahren. Demnach waren die damaligen Menschen keine Wilden, die sich nur gegenseitig das Essen mit dem Knüppel streitig gemacht hatten, sondern sie wiesen bereits eine erstaunliche Kulturstufe auf. Verschiedene Zeichnungen im Buch zeigten als Beispiel aufgefundenen Schmuck, Werkzeuge und Waffen aus Stein, deren Bearbeitung sicher große Mühe bereitet hatte. Sie konnten damals ja nur Stein mit einem noch härteren Stein bearbeiten. Der Steinbruch, den man vor einigen Jahren im Gemsteltal gefunden hatte, war das älteste bis dato aufgefundene steinzeitliche Abbaugebiet von Radiolorit im ganzen Alpenraum. Man hatte damals schon Schmuck angefertigt, mit dem sich die Frauen begehrenswerter machten. Aniser sah auch eine Figur, die der auf Schneiderküren aufgefundenen »Küri« aufs Haar glich. Die eingeritzten Striche und Zeichen konnten bisher jedoch nicht vollständig entziffert werden, man suchte noch den Schlüssel dazu. Ähnlich dem Stein von Rosette, mit dessen Inschriften man einst die ägyptischen Hieroglyphen entziffern konnte, dachte der Pfarrer. Forscher hatten aber herausgefunden, dass einige Zeichen für den Träger den Tod bedeuten konnten. Bei dem in Schneiderküren aufgefundenen Schatz handelte es sich offenbar um eine größere Fertigung erster »Handwerker« im Tal.
    Aniser wiegte den Kopf. Dort oben, das stand für ihn fest, waren zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, ermordet worden. Bei der Frau hatte man Steinschmuck der besten Qualität gefunden. Sie konnte nicht wegen des Schmucks erschlagen worden sein, sonst hätte der Mörder diesen mitgenommen. Also musste etwas anderes der Grund gewesen sein, wie er es bereits den Polizisten dargelegt hatte. Vielleicht Eifersucht, Neid, Hass, Gier oder ähnliche, heute noch höchst aktuelle menschliche Eigenschaften. Für den Pfarrer stand fest, dass er die Skelettteile christlich beerdigen wollte, und er war überzeugt, dass dann die Erscheinungen um Schneiderküren und die Gerüchte aufhören würden. Der neue Mord an diesem mystischen Ort musste eine Verbindung zu den vorzeitlichen Morden haben. Dann dachte er aber an den großen Zeitunterschied und schüttelte zweifelnd den Kopf.
    Er wandte sich noch einmal dem Herrgottswinkel zu. »Herr, ich bin nur ein kleiner Geist in Deinen Diensten. Aber hilf mir, hinter das Mysterium zu kommen, damit man auch dieser neuen armen Seele einen würdigen Abschied bereiten und sie auf das ewige Leben vorbereiten kann. Amen.«
    Als er Schritte vor dem Haus hörte, sah er zum Fenster hinaus. Gleich darauf läutete es. Aniser öffnete die Haustür und erblickte die beiden Polizisten, an die er gerade gedacht hatte. Er schloss einen Moment die Augen und dachte: Danke Herr! Du hast mein Gebet erhört! Nun will ich ihnen auch weiterhelfen auf ihrer Suche nach der Wahrheit.
    »Grüß Gott! Was verschafft mir die Ehre? Gibt es etwas Neues im Mordfall auf Schneiderküren?«
    »Herr Aniser, wir würden uns gerne noch einmal mit Ihnen unterhalten. Hätten Sie einen Moment Zeit für uns?«
    Der alte Pfarrer sah sie prüfend an, dann erwiderte er: »Kommt herein, da redet’s sich besser.« Er ging voraus in die Stube und wies wortlos auf zwei Stühle, dann fragte er: »Also, was möchten Sie noch wissen?«
    Berger hüstelte. »Sie haben das letzte Mal schon eine Verbindung zwischen dem jetzigen und dem vorzeitlichen Mord angesprochen. Ist Ihnen noch mehr bekannt über mystische Vorfälle auf dieser Alpe, am Gottesacker oder am Ifen?«
    Der Pfarrer blickte ihn an. »Es gäbe sicher noch vieles zu berichten, aber ob dies für euch brauchbar wäre, wage ich zu bezweifeln.«
    »Überlassen Sie das bitte einfach uns!«
    Aniser sah auf. »Ich werde Ihnen eine Sage aus dem Kleinwalsertal erzählen, die vom Gottesackerplateau handelt. Dann können Sie ja entscheiden, ob Sie damit etwas anfangen können oder nicht«, setzte er ironisch hinzu.
    Er war aufgestanden und ans Fenster getreten. Sein Blick fiel auf die Abhänge des riesigen Plateaus, dessen östliche Ausläufer gut zu sehen waren. Dann fing er zu erzählen an, zuerst leise, dann allmählich in normaler Lautstärke.
    »Das ganze Gebiet zwischen dem Hohen Ifen und den Oberen Gottesackerwänden, das man heute Gottesacker nennt, war lange vor dem Mittelalter eine fruchtbare Alpe. Eine große Hütte stand darauf, Kühe und Jungvieh weideten saftiges Gras und würzige Kräuter ab, und selbst zum Heuen blieb noch ein Teil übrig. Da kam eines Tages ein alter Mann zur

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