Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihr Kriegt Mich Nicht!

Ihr Kriegt Mich Nicht!

Titel: Ihr Kriegt Mich Nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hinaus.
     
    Erst an der Landstraße hielt er an und füllte den Mund mit Schnee. Er säuberte seine Zunge von Federn. Doch der ekelhafte Gechmack verschwand nicht. Es war, als hätte er an einer Mumie gekaut. Mist, er war davongerannt. Jetzt würde Pi ihn hassen. Er war feige. Er hatte seine Chance verpasst. Mik sah zum Haus hinauf und wartete. Es dauerte eine Weile, bis Pi herauskam. Sie brachte den Finderlohn mit und reichte Mik einen Hundertkronenschein.
    »Nein, das will ich nicht«, sagte er und stocherte im Mund nach einer Feder, die unter der Zunge klebte.
    »Du bist mutig«, sagte Pi.
    »Nein, ich hab Schiss gehabt.«
    »Man kann mutig sein und gleichzeitig Schiss haben. Das geht.«
    »Wirklich?«
    »Ja, feige ist was anderes. Du bist mitgekommen. Das reicht.«
EIN BRIEF AN TONY
     Lena füllte eine Thermoskanne mit heißer Brühe.
    »Bengt ist ins Eis eingebrochen.«
    »Was?«, sagte Mik. »Ist er ertrunken? Ist er …?«
    »Nein. Bertil hat ihn gerettet. Aber im letzten Moment. Er hat lange im Wasser gelegen. Würdest du ihm schnell die Thermoskanne runterbringen?«
     
    Bengt stand in langen Unterhosen da und hängte gerade seine nassen Kleider zum Trocknen über den Herd. Er fluchte und murmelte vor sich hin, ohne zu grüßen. Mik brauchte einen Stuhl, um einen Becher aus dem Küchenschrank zu holen. Er füllte den Becher mit dampfender Brühe und reichte ihn Bengt.
    »Es hat so verdammt geschneit, dass ich überhaupt nichts sehen konnte. Dann hab ich mich verfahren, und plötzlich bin ich am Strömungsbrunnen. Krack, dann hab ich im Wasser gelegen. Ist mir schon mal passiert. Aber diesmal bin ich nicht wieder aufs Eis gekommen.«
    »Das Messer?«, sagte Mik.
    »Das hast du , und ich hatte vergessen, mir ein neues an den Gurt zu stecken.«
    »Aber es ist ja trotzdem gut ausgegangen«, sagt Mik. »Bertil hat dich gerettet. Dir ist nichts passiert.«
    »GUT?«, brüllte Bengt wie ein Bär. »GUT?«
    Die Brühe schlug Wellen. Mik stand starr vor Schreck, verstummt. Bengt breitete mit offenen Händen die Arme aus.
    »Lieber wär ich ertrunken.«
    »Warum das denn?«, fragte Mik leise.
    »Verstehst du das nicht?« Bengt schüttelte den Kopf. »Jetzt schulde ich ihm mein Leben. Ich stehe in seiner Schuld. Verflucht noch mal. Mir wird schlecht, wenn ich nur dran denke.«
    Bengt zog die nassen Unterhosen aus und hängte sie auch über den Herd. Er stand nackt in seiner Küche und schnäuzte sich in die Hand.
    »Das ist der elendste Tag meines Lebens.«
    »Hier, Brühe«, sagte Mik.
     
    Es wurde ein sternklarer Abend mit Polarlicht. Das Unwetter war abgezogen. Farbenfunkelnde Bahnen wogten über den Himmel. Mik saß im Schlafanzug am Schreibtisch und kaute am Stift.
    Die Sperbereule ließ sich im Baum nieder.
    Mik setzte den Stift aufs Papier und schrieb:
     
    Hallo Tony
    Ich habe bisher noch nie einen Brief geschrieben. Wo soll ich anfangen? Ich habe einen Drachen gefangen.
    Er war stark und hätte mich fast unters Eis gezogen. Aber ich habe gewonnen. Jetzt ist er nach Frankreich unterwegs, wo er in einem vornehmen Restaurant aufgegessen werden soll. Die Schule hier ist nicht so wie die Schule bei uns daheim. Hier hat man alle von der Ersten bis zur Sechsten gemischt, weil die Kinder nicht für mehr Klassen reichen. Unsere Lehrerin ist alt, und Fluchen ist total verboten, auch draußen in der Nähe der Schule, die aber vielleicht geschlossen wird. Dann sind wir die los. In meine Klasse geht ein Mädchen, die heißt Pi und ist in Ordnung. Filip ist ein Angeber, aber er ist feige. Oskar ist lustig, aber ängstlich. Keiner von ihnen hat sich getraut, ins Haus von Maria mitzukommen, als wir eine entlaufene Katze zurückbringen wollten, die wir uns geholt hatten. Wirverstecken sie in der Fabrik, bis der Finderlohn hoch genug ist. Und ich habe eine tote Taube in den Mund gekriegt. Tante Lena ist in Ordnung. Sie hat ihren Hund verheizt und verheizt ihre Bücher. Ich werde Gustavssons Hund verheizen. Bengt ist im Eis eingebrochen und von Bertil gerettet worden. Die sind Brüder, sprechen aber seit dreißig Jahren nicht miteinander. Ich glaube, im Selet wohnt ein Walfisch. Aber Bengt glaubt das nicht. Er hat Probleme mit dem Pissen. Bertil hat auch Probleme mit dem Pissen. Im Baum vorm Fenster sitzt ein fliegender Troll. Der Konsum soll dichtgemacht werden. Dann muss Lena im ICA-Markt einkaufen. Aber sie sagt, das wird sie nie tun, weil man hier entweder ein Konsum-Mensch oder ein ICA-Mensch ist. Pizzeria, Videoladen,

Weitere Kostenlose Bücher