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Ihr Kriegt Mich Nicht!

Ihr Kriegt Mich Nicht!

Titel: Ihr Kriegt Mich Nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
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hin. Mik sah hinauf ans Zeltdach und lauschte. Insekten prallten gegen das Tuch. Die Wellen schlugen glucksend ans Floß. Die Zeltbahnen flatterten träge. Aus weiter Ferne war ein schwaches Rauschen zu vernehmen. Das Sausen großer Schwingen. Der Paragraf flog über Berge, Wälder und Seen. Ein Monster mit Krallen, Reißzähnen und blutigen Augen. Der Paragraf sah alles, hörte alles und wollte alles wissen. Der Paragraf schlich durch den Wald, schnupperte an den Ufern entlang,flog durch sämtliche Himmel. Er suchte Mik und würde ihn erwischen. Vor dem Paragrafen gab es kein Versteck, der war überall.
    Mik rüttelte Pi am Arm.
    »Hörst du das Brausen?«
    »Ja, das sind die Älgstromschnellen, die so rauschen. Schlaf jetzt!«
    Mik kroch näher zu Pi hin. Sie drehte sich auf die Seite und blies ihm warme Luft ins Ohr.
NUR NOCH ERBSEN ÜBRIG
    Schweigend paddelten sie weiter. Mittlerweile ging es leicht. Die Strömung wurde immer stärker. Auf der blanken Oberfläche tauchten kleine Wirbel und gewundene Linien auf. Die Floßbesatzung legte sich verbissen ins Zeug, während die dunklen Klumpen in der Brust immer größer wurden. Das Rauschen der Stromschnellen nahm zu. Weiter vorne sahen sie die Kante und die Schwaden des Sprühnebels, die aus dem Wald aufstiegen. Das Floß schoss schneller und schneller auf das Ende der Welt zu, wo alles ins Unbekannte hinabkippt. Das Brausen steigerte sich zu einem Dröhnen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie hörten auf zu paddeln.
    »Wow«, sagte Oskar.
    Pi sah Mik an.
    »Halt dich fest! Du darfst nicht reinfallen. Versprich mir das!«
    Mik legte sich hin und packte die Stricke. Das Floß glitt über die Schwelle, und die Stromschnellen lagen vor ihnen, wild und brüllend. Wellen wurden hochgeschleudert. Miks Magen drehte sich um. Die Strömung zerrte und riss an dem Floß,die Balken knarrten und ächzten. Wirbelndes, weiß schäumendes Wasser. Schneller, schneller. Das Floß kreiste, wurde hin und her geworfen, ritt in vollem Galopp auf einer Bestie. Die Wellen schlugen über der Besatzung zusammen. Oskar verlor sein Paddel. Rucksäcke und Tüten wurden davongespült. Die Stromschnellen spielten mit dem großen, schweren Floß, als wäre es ein Rindenschiffchen. Eine Welle nach der andern spülte über sie hinweg. Das Zelt wurde heruntergerissen, die Stangen zerbrachen. Mik kniff die Augen zu und hielt sich krampfhaft fest. Der Fluss zerrte an seinen Kleidern, packte seinen Körper, wollte ihn vom Floß reißen, ihn in die Wirbel hinunterziehen. Ihn holen. Ihn töten. Ihn ertränken.
    Plötzlich wurde alles still.
    Mik sah auf. Es war vorbei. Vielleicht hatte er in die Hose gemacht. Seine Kleider waren durchnässt, das spielte also keine Rolle. Sie waren in einer Art kleinem See gelandet. Das Floß kreiste langsam und folgte dann der Biegung des Flusses. Die Besatzung war durcheinandergerüttelt, aber am Leben. Oskar und Filip wurden plötzlich ganz wild, lachten, schrien und tanzten auf dem Floß umher.
    »Wahnsinn!«
    »Wir haben’s geschafft! Wir sind die Größten!«
    Pi sah Mik an und lächelte. Wasser troff aus ihren Haaren und über ihr Gesicht. Mik begann ebenfalls zu lachen und schlug sich an die Brust. So durchgedreht und froh hatte er sich schon lange nicht gefühlt. Alle waren erfüllt von überschäumendem Glück. In den Adern kribbelte es wie sprudelnde Limonade. Plötzlich fing das Leben ganz neu an. Oskar und Filip tanzten und konnten nicht wieder aufhören. Sie sahen aus wie verrückte Indianer. Wer die Älgstromschnellen geschafft hatte, für den war nichts unmöglich.
    »Verdammt noch mal!«, schrie Filip. »Her mit noch mehr Stromschnellen!«
     
    Das Floß glitt weiter. Sie paddelten, steuerten und stakten. Pi inspizierte die Schäden und stellte fest, was über Bord gegangen war. Oskars Paddel war verschwunden, doch das war nicht weiter schlimm, denn jetzt trug die Strömung sie voran. Floß und Zelt reparieren, das sollte kein Problem sein. Die Balken ließen sich wieder festzurren, und im Wald gab es neue Zeltstangen. Aber: »Unser Essen«, sagte Pi. »Wir haben alles verloren bis auf eine Dose mit Fleischbällchen und eine mit Erbsen. Wenigstens haben wir noch Streichhölzer.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Oskar. »Verhungern?«
    »Nein, wir essen eben viel Fisch«, erklärte Pi. »Jetzt wird geangelt!«
    »Ich hasse Fisch«, sagte Oskar.
    Schlafsäcke und Kissen waren nass. Sie hängten alles zum Trocknen an den Mast.
     
    Sie trieben durch

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