Ihr letzter Tanz
telefonierte er.
Als sie endlich zugedeckt im Bett lag, hielt sie sich vor Augen, wie wütend sie immer noch darüber war, dass er sie einfach benutzt hatte.
Allerdings wusste er wirklich, wie man das machte.
Sie könnte aufstehen, ihn zu sich bitten und in seinen Armen einschlafen.
Doch da war mehr als nur das Bedürfnis nach Sicherheit,
viel
mehr sogar. Eine ungestüme, verführerische Begierde. Lustvoll, sinnlich, hitzig, pulsierend …
Sie drehte sich abruptzur Seite und schlug mit der Faust auf ihr Kissen.
Auf keinen Fall würde sie das machen.
Es war viel besser, allein und mit Würde im Bett zu liegen.
Oh ja.
Oh nein.
Wieder ging sie zur Tür und lauschte. Noch immer telefonierte er und bedankte sich bei jemandem für irgendetwas, das sich morgen abspielen würde. Sie machte die Tür einen Spalt auf, um ihn besser verstehen zu können.
In diesem Augenblick beendete er sein Telefonat.
„Da ist noch Tee übrig“, rief er ihr zu.
Stocksteif und ertappt stand sie da. „Ich wollte dich nur bitten, den Fernseher etwas leiser zu stellen.“
Er drehte sich um und sah durch den langen Flur zu ihr. „Wirklich? Ich dachte, du wolltest herkommen und mich wieder verführen.“ Sein Blick wanderte über ihr langes Flanellnachthemd. „Wohl eher nicht, oder?“
„Auf gar keinen Fall“, erwiderte sie ernst.
Sie machte die Tür zu und legte sich leise fluchend ins Bett.
Eine ganze Weile später begann sie einzudösen, nachdem sie immer wieder mit sich gerungen hatte, da sie etwas wollte, was sie sich selbst verweigerte. Schließlich sank sie in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Routine.
Gut die Hälfte der Arbeit, die zu erledigen war, war pure Routine.
Dutzende von Kellnern hatten am Abend des Tanzwettbewerbs Dienst gehabt, aber dank Jake verfügte er nun über eine Liste mit allen Namen und Telefonnummern.
Als er einen nach dem anderen anrief, erklärte er zwar zuerst genau, wer er war, dennoch schienen die meisten ihn für einen Polizisten zu halten, was sie spürbar auskunftsfreudig werden ließ.
Bei einigen Männern stieß er auf anfänglichen Widerstand, vermutlich waren sie illegal beschäftigt worden. Erst als er ihnen hatte glaubhaft machen können, dass er nicht für die Einwanderungsbehörde arbeitete, antworteten sie auf seine Fragen.
Unter mancher Nummer meldete sich ein Anrufbeantworter, bei wieder anderen konnte er endlos lange klingeln lassen, ohne dass sich jemand meldete. Was auffiel, war, dass die meisten Angerufenen sich sehr verschlafen anhörten, da sie wohl regelmäßig nachts arbeiteten.
Auf seiner Liste hakte er ab, wen er erreicht hatte, dann nahm er sich die nächste Nummer vor. Der Mann, der sich diesmal meldete, wich anfangs allen Fragen aus. Quinn versicherte ihm, er interessiere sich nicht dafür, ob jemand legal beschäftigt worden war oder nicht.
„Die Kellner haben die Tänzer nicht aufgerufen, wenn die an der Reihe waren“, antwortete Miguel Avenaro schließlich. „Das machten die Richter. Die hatten ihre Listen mit den Namen und den Zeiten, das erledigten die alles selbst.“
„Okay, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben“, sagte Quinn und legte auf.
Er überflog die Liste und stellte fest, dass er bereits weit über zwanzig Kellner angerufen hatte und noch zu keiner brauchbaren Auskunft gelangt war.
Der nächste Name war Manuel Taylor – so hieß man nur in Miami.
Der Mann meldete sich in akzentfreiem Englisch und hörte sich Quinns Frage an.
„Wer sind Sie?“ fragte er.
„Ich bin Privatdetektiv, mein Name ist Quinn O’Casey.“
„Sie sind kein Polizist?“
„Nein.“
„Dann muss ich mich auch nicht mit Ihnen unterhalten, oder?“
„Das müssen Sie nicht. Ich kann Sie auch gern von einem Polizeibeamten anrufen lassen“, erwiderte Quinn lakonisch.
„Denkt die Polizei, einer von den Kellnern hat was mit dem Tod der Frau zu tun?“
„Nein.“
„Also?“
„Ich bin auf der Suche nach dem Kellner, der Miss Mackay angesprochen hat, und ich möchte wissen, auf wessen Anweisung er gehandelt hat.“
Einen Moment lang schwieg der Mann am anderen Ende der Leitung, dann erklärte er: „Das war ich.“
Am Morgen war Quinn bereits gegangen. Die Tür war abgeschlossen, den Riegel hatte er zwangsläufig nicht vorschieben können, da dies nur von innen möglich war.
In der Küche wartete ein Kaffee auf sie, daneben lag eine Notiz.
Da du keinen Tee magst, habe ich dir Kaffee gekocht. Bis später. Ich habe nachher wieder eine Tanzstunde.
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