Ihr letzter Tanz
ich muss jetzt keine Angst mehr haben.“
Es war eine Lüge. Sie hatte noch immer Angst, auch wenn sie keinen Grund dafür erkennen konnte – und es machte sie rasend. Normalerweise war sie kein so ängstlicher Mensch.
Allerdings kannte sie aber auch keinerlei Verteidigungstechniken. Nicht, dass sie ein Schwächling war, doch sie hatte noch nie eine Waffe in der Hand gehalten, und bei einem Selbstverteidigungskurs war sie auch noch nie gewesen. Sicherlich wäre es gut, daran etwas zu ändern. Was sie Quinn gesagt hatte, entsprach der Wahrheit: Sie hatte kein Privatleben, sondern verbrachte jeden Tag viel zu viel Zeit im Studio.
Sogar Lara Trudeau hatte sich ein Privatleben gestattet.
Doch das war heute Nacht unbedeutend. Er sollte nicht bei ihr übernachten.
Morgen würde sie sich jeden Raum in der Tanzschule vornehmen, auch die Herrentoilette. Sie würde diesem Geräusch auf den Grund gehen. Und sie würde herausfinden, warum sie Schritte gehörte hatte, als sie aus dem Gebäude gerannt war.
Quinn beobachtete sie. Ihr kam es fast so vor, als würde er den Amoklauf ihrer Gedanken mitlesen können. „Ich finde, ich sollte bleiben“, bekräftigte er.
„Aber ich habe dich nicht eingeladen!“ erwiderte sie, als ihr auf einmal die Frage durch den Kopf schoss, warum er so sehr darauf beharrte, die Nacht hier zu verbringen. „Glaubst du, ich schwebe in Gefahr?“ wollte sie wissen.
„Na, lass mich mal kurz überlegen. Wir wissen beide, dass ich Privatdetektiv bin, der an einem Fall arbeitet. Vielleicht glaube ich ja …“
„Eben, du
bist
Privatdetektiv“, fiel sie ihm ins Wort.
„Ja, aber das hatten wir schon.“
„Kannst du hier nicht eine Überwachungsanlage einbauen?“
„Sicher. Aber das kostet. Und es dauert seine Zeit.“
„Morgen vielleicht?“
„Ich kann mich am Donnerstag darum kümmern“, schlug er vor. „Heute Nacht stelle ich nur den Wagen weg.“ Er zeigte auf die Packung Teebeutel in ihrer Hand. „Ich trinke meinen gern mit Milch und Zucker.“ Dann ging er zur Tür. „Und schließ ab, solange ich fort bin.“
Er verließ das Haus, und sofort stürmte sie zur Tür, um sie abzuschließen. Die Teepackung warf sie verärgert auf den Tresen und wartete ungeduldig darauf, dass Quinn zurückkam.
Als er wieder da war, überzeugte sie sich erst mit einem Blick durch den Spion, dass er es auch wirklich war. Sie zog die Tür auf.
„Liebling, ich bin zu Hause“, rief er amüsiert. „Wo ist mein Tee?“
„Ich bin so müde, dass ich sofort ins Bett gehe. Ich bin sicher, du weißt, wie man Wasser kocht.“
„Ja, damit kenne ich mich aus“, gab er zurück. „Ich bin ziemlich gut darin, Tee zu kochen. Möchtest du auch einen?“
„Nein, danke.“
„Du musst auch nicht mit mir schlafen, nur weil ich dir einen Tee mache.“
„Wie rücksichtsvoll von dir. Aber ich möchte keinen Tee.“
„Hast du etwa immer noch Angst, du könntest in Versuchung geraten, wenn ich auf der Couch schlafe?“
„Keine Chance.“
„Schade drum.“
„Ich sagte doch, ich mag keine Lügner.“
„Ich habe nie gelogen. Aber was soll ich darauf beharren, wenn du doch so verbittert bist?“
„Ich kann es nur immer wieder sagen: Du musst nicht hier sein.“
„Dass ich dich beschütze, ist in deinem Interesse, und es liegt auch in meinem Interesse. Und wenn schon keine Chance darauf besteht, dass du mir vergibst, dann gibt es doch keinen Grund für dich, so gereizt zu sein, nur weil ich nicht gehe.“
Sie konnte nur den Kopf schütteln. Wenigstens unternahm er keine Annäherungsversuche. Zwar hatte er sie ein paar Mal mit seinen Anspielungen aufgezogen, aber es schien ihm keine Mühe zu machen, auf Abstand zu ihr zu bleiben.
„Wenn du auf der Couch schlafen willst, dann schlaf eben auf der Couch“, sagte sie schließlich.
„Dann gute Nacht.“
„Gute Nacht.“
Sie zog sich in ihr Schlafzimmer zurück, schloss die Tür hinter sich ab und lehnte sich dagegen, um zu lauschen.
Deutlich hörte sie, wie er Wasser in den Kessel füllte. Shannon musste den Kopf schütteln. Letzte Nacht hatte sie kein Auge zugetan und sich Gedanken über Bens Verhalten gemacht.
Heute Nacht würde sie sich sicher fühlen.
Trotzdem würde sie nicht schlafen können, da sie wusste, dass dieser Mann im Haus war.
Sie ging ins Badezimmer, putzte sich die Zähne und duschte, dann zog sie ein Flanellnachthemd an, ging zur Tür und lauschte erneut.
Der Fernseher war zu hören, außerdem Quinns Stimme. Vermutlich
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