Ihr letzter Tanz
hier.“
„Vielleicht komme ich später noch bei dir vorbei. Ich sterbe vor Hunger. Es war ein verdammt langer Tag, aber wenn ich so in die Arbeit vertieft bin, vergesse ich manchmal das Essen. Mein Magen knurrt schon seit Stunden, wenn ich drüber nachdenke … Für einen Hamburger würde ich töten.“
Quinn nickte, auch wenn er selbst im Moment nicht den geringsten Hunger verspürte. Er hatte schon einer Reihe von Autopsien beigewohnt, aber nie war ihm übel geworden, noch war er ohnmächtig umgekippt. Doch es war ihm nie gelungen, dieses flaue Gefühl in den Griff zu bekommen, wenn er vor einem Toten stand. Daran konnte auch jahrelange Erfahrung nichts ändern. Duarte dagegen war in der Lage, genussvoll zu essen, während er Leichen sezierte.
„Also, wie sieht’s aus? Hast du nachher Zeit?“ fragte der Gerichtsmediziner.
„Klar“, erwiderte Quinn. So wie er Duarte kannte, stand ,nachher‘ für ,viel später‘.
Lara wurde von dem Assistenten wieder zugedeckt und weggebracht, während die beiden Männer den Raum verließen.
Die Fahrt zum Polizeirevier in der Kendall hätte sich Quinn auch sparen können. Wie er bereits vermutet hatte, hatte sich Detective Pete Dixon um Punkt fünf Uhr in den Feierabend verabschiedet und ging Überstunden konsequent aus dem Weg.
Er grüßte im Vorbeigehen einige alte Bekannte, dann verließ er das Gebäude. Auf dem Parkplatz begegnete er Jake Dilessio, mit dem er zusammengearbeitet hatte, ehe er nach Quantico gegangen war. Er wünschte, Dilessio wäre auf den Trudeau-Fall angesetzt worden, dann würde er jetzt keine Tanzstunden nehmen müssen.
„Hey, Fremder, lange nicht mehr gesehen“, begrüßte Dilessio ihn. „Scheint so, als würden uns nur ein paar Meter trennen. Du hast im Hafen bei Nick’s festgemacht, nicht wahr? Ich dachte, du bist in Richtung Bahamas unterwegs.“
„War ich auch“, gab Quinn zurück. „Ich ermittle in der Sache Trudeau.“
„Trudeau?“ wiederholte Dilessio. „Kommt mir bekannt vor.“
„Die Tänzerin, die auf der Tanzfläche starb.“
„Ich dachte, das war ein Unfall. Soweit ich weiß, will Dixon den Fall zu den Akten legen.“
„Es
soll
ein Unfall gewesen sein.“
„Aber jemand glaubt, es steckt mehr dahinter?“
„Ja, etwas in der Richtung.“
„Und für wen arbeitest du?“
„,Arbeiten‘ würde bedeuten, dass ich dafür bezahlt werde.“
„Ja, da hast du allerdings Recht“, Jake grinste breit. „Übrigens: Hier auf dem Revier hat dein Bruder seinen Spitznamen schon weg. Aber da schwingt bestimmt einiger Neid mit, denn nach allem, was ich weiß, ist der Kleine verdammt gut.“
„Keine Ahnung. Ich habe ihn noch nie tanzen sehen.“
„Nicht?“
„Bevor er mit diesem Fall zu mir kam, wusste ich nicht mal, dass er überhaupt tanzen kann.“
Jake nickte beiläufig. „Ich habe ihn vor kurzem noch gesehen. Er sagte, du würdest in Arbeit untergehen. Ach, meinen Glückwunsch! Ich hörte, dass deine Überwachungsarbeit den Jungs alle nötigen Anhaltspunkte geliefert hat, um Art Durken festzunehmen und anzuklagen. Gute Arbeit.“
„Die hätte besser sein können. Wäre ich wirklich gut gewesen, dann würde Nell heute noch leben.“
„Quinn, wie lange bist du in dieser Branche? Du darfst dir für so etwas nicht die Schuld geben!“
„Ich weiß. Aber ich kann das auch nicht einfach so abschütteln …“
„Das glaube ich dir“, stimmte Jake ihm zu. „Aber es ist immer noch besser, als wenn ein Mörder ungestraft davonkommt.“
„Schätze, da hast du Recht. Im Übrigen hatte die tote Tänzerin mit dem Studio zu tun, in das Doug geht. Ich gehe der Sache auf eigene Faust nach.“
„Dixon ist dafür bekannt, dass er abends ins Nick’s geht. Keine Frau, keine Kinder – keine Küche. Er isst da fast jeden Abend einen Hamburger. Ich mache jetzt Feierabend. Wenn du nichts vorhast, lade ich dich zum Essen ein.“
„Wenn du mich zum Essen einlädst, dann habe ich wohl besser etwas vor. Ich will dich schließlich nicht ausnehmen. Aber wenn wir zu Nick’s gehen, kommt es dich wenigstens nicht so teuer. Was ist mit deiner Frau? Kommt sie auch? Ich sah sie, als ich im Hafen anlegte. Das Baby müsste doch jeden Tag kommen.“
„Sie hat noch drei Wochen. Aber sie ist im Moment in Jacksonville, weil sie sie dort für Phantomzeichnungen benötigen.“
„Ich dachte, sie hat die Forensik hinter sich gelassen und den Abschluss an der Akademie gemacht.“
„Oh, den Abschluss hat sie gemacht, aber sie ist in
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