Ihr letzter Tanz
Fall. Ich war gestern mit ihm am Fundort, und heute Morgen gehe ich zur Autopsie.“
„Das ist doch wirklich Mist.“
„Was? Dass eine Frau umgebracht wurde? Ich glaube, das ist immer Mist.“
„Nein, ich meine die Autopsie. Ich bin Cop, du nicht, aber du darfst hingehen, ich nicht.“
„Ich kann dich mitnehmen, wenn du willst.“
„Genau diese Ironie meine ich ja. Danke für das Angebot, aber ich muss arbeiten.“
„Du
wirst
schon noch zum Detective befördert werden“, versicherte Quinn ihm.
„Danke für deine Zuversicht. Nur manchmal ist es schon seltsam. Ich wollte, dass du dich um den Fall kümmerst, und ich bin auch froh, dich hier zu haben, aber … Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Tote etwas mit Lara zu tun hat. Was meinst du?“
„Na ja, ich bin zwar so wie du der Ansicht, dass an der Sache was faul sein könnte. Aber ich habe keine brauchbaren Spuren. Nicht eine Einzige.“
„Es hat mit dem Studio zu tun, da bin ich ganz sicher. Irgendetwas stimmt da nicht. Wir sehen es bloß nicht, weil es da so friedlich zugeht. Sag mal, gehst du heute zur Tanzstunde?“
„Nein.“
„Solltest du aber. Komm heute Abend auf jeden Fall hin, okay?“
„Wieso?“
„Gruppenunterricht für Anfänger. Viertel vor acht. Sorg dafür, dass du da bist.“
„Kommst du auch? Die anderen reden über dich, als wärst du der nächste John Travolta. Was willst du in der Anfängergruppe?“
„Die Fortgeschrittenen sind um halb neun dran. Ich werde etwas zu früh eintreffen, also sehen wir uns heute Abend.“
„Ich werde da sein.“
Richard Long war Shannons erster Schüler an diesem Tag. Er hatte seine Stunde zwischen ein Facelifting um zehn Uhr und eine Magenverkleinerung am Nachmittag gelegt. Dann folgten Brad und Cindy Gray, ein Ehepaar, mit dem sie arbeitete, seit sie im
Moonlight Sonata
angefangen hatte. Gunter traf für eine Coachingsession ein, da er seinen Bolero unbedingt perfektionieren wollte.
Sie war gerade mit Gunter fertig, als Gordon in ihr Büro kam.
„Hey.“
„Hey“, erwiderte sie.
„Wie war dein Sonntag?“
„Gut, wir waren mit ein paar Leuten am Strand.“ Sie wusste nicht, warum sie sich so verlogen vorkam, schließlich war es doch die Wahrheit. „Und bei dir?“
„Gut, ich war den ganzen Tag für mich allein.“
„Ich habe gehört, du wolltest nicht an den Strand kommen. Hast du genug von deinen ,Kindern‘?“
„Ich liebe meine ,Kinder‘, aber manchmal reicht es auch. Ich wollte dich etwas fragen. Du sagtest doch, du wolltest ein Boot für die Lehrer und Schüler chartern, die an der Gator Gala teilnehmen.“
„Ja.“
„Und du wolltest das von Quinn O’Casey erledigen lassen?“
Ein kurzes Zögern. „Ja, das wollte ich.“
„Hast du schon mit ihm gesprochen?“
„Nicht so richtig. Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob wir ihn in Anspruch nehmen sollen. Immerhin ist er unser Schüler.“
„Er soll dir sagen, was er für uns tun kann. Ich habe mir nämlich gerade die Zahlen angesehen. Wir müssen mit der Gala im ersten Jahr keinen Gewinn einfahren, aber wir können uns auch nicht zu sehr verausgaben.“
„Ich weiß nicht, Gordon.“
„Sprich mit ihm. Lass dir einen Kostenvoranschlag geben. Ich möchte diese Bootstour nicht zu knapp vor der Gala machen. Die Schüler sollen sich kennen lernen, ein Gespür füreinander entwickeln. Sprich mit Quinn. Hat er sich für heute angemeldet?“
„Nein.“
„Dann sollte ich ihn vielleicht anrufen.“
„Er wird herkommen.“
„Ich rufe ihn trotzdem an.“
„Gordon,
er wird herkommen
.“
Er zögerte kurz und sah Shannon an. „So sicher?“
„So sicher wie das Amen in der Kirche“, erwiderte sie. Sie wusste, dass er herkommen würde. Warum klärte sie Gordon nicht einfach auf, dass der Kerl ein Privatdetektiv war?
„Wir sollten ihn aber doch anrufen. Soll ich das für dich erledigen?“
Normalerweise hätte sie abgelehnt, weil sie die Dinge gern in eigener Regie erledigte. Aber diesmal zögerte sie und sagte schließlich: „Ja, das wäre wirklich gut, Gordon. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mich so viele Leute für eine Coachingsession buchen wollen.“
„Okay. Ich kümmere mich darum.“
Dann ging er wieder. Shannon sah ihm nach und kaute auf ihrem Kugelschreiber herum. Sie überlegte, ob sie Quinn selber noch anrufen sollte. Schließlich wollte sie doch wissen, was aus Marnie geworden war.
Nein, in Wahrheit wollte sie ihn allein sehen. Ohne Sam, ohne irgendjemanden sonst. Unter
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