Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab
sollen doch bitte schön die anderen erledigen.
B ist ein eher vorsichtiger bis ängstlicher Typ. Ihm ist wichtig, dass alles seine bewährte Ordnung hat und jeder Mitarbeiter genau vorgeschrieben bekommt, was er wie zu tun hat. Entscheidend ist für ihn, dass das Betriebsergebnis nicht unter das des Vorjahres fällt. Deshalb gilt es für ihn, jedes Risiko zu vermeiden.
Für C gibt es nur eine Orientierungsgröße, nämlich den Kunden. Was immer andere Abteilungen oder der Endkunde verlangen, C lässt alles dafür stehen und liegen. Er ist immer freundlich – Hauptsache man ist zufrieden mit ihm. Wie es dem eigenen Team dabei geht, kümmert ihn weniger.
D hat immer an allem etwas auszusetzen. Er ist nämlich der Perfektionist vom Dienst. Wie viel Mühe man sich auch gibt, so toll das Ergebnis auch aussieht, er wird immer etwas finden, das noch etwas besser sein könnte. Andere zu motivieren, ist weniger sein Ding, denn seine Art zu kritisieren kann man nicht gerade freundlich nennen.
|97| Kein leichter Job, der Chef von so einem Team zu sein! Aber ob diese Charaktere Segen oder Fluch für das Unternehmen (und Ihre Nerven!) sind, hängt weniger von ihrer Unterschiedlichkeit ab, als von der Art ihres Zusammenspiels, wie Sie in den folgenden Szenarien sehen werden.
Szenario1
Man redet so wenig wie möglich miteinander, weil jeder die Sicht- und Arbeitsweise der anderen für grundfalsch hält. Jeder werkelt vor sich hin und nutzt jede Gelegenheit, dem Kollegen einen Stock in die Speichen zu stecken – denn das Stolpern des einen ist die Freude des anderen! Wenn man A fragt, findet er B langweilig und verbohrt, B versteht sich am ehesten mit D und blockiert natürlich jede Aktivität von A. C möchte doch nur, dass alle da draußen ihn lieb haben und kritisiert seine Kollegen, weil die ja nur an sich selbst denken. Und D glaubt sowieso, dass sich die anderen drei nicht genug Mühe geben und ihn eines Tages seinen Job kosten werden. Dass so ein Team suboptimale Ergebnisse produziert, ist natürlich vorprogrammiert.
Vielleicht läuft es aber auch ganz anders:
Szenario2
A hat hier die Rolle des Innovators und Team-Scouts. In seinen Händen liegen alle Entwicklungsaufgaben und Verbesserungsprozesse. B sorgt dafür, dass einmal eingeführte Prozesse rund laufen, und ist Anlaufstelle für alle Fragen der Arbeitsabläufe. C ist natürlich der Kundenbeauftragte, Vertriebler oder Key-Account-Manager. Vielleicht übernimmt er auch den Job, intern zwischen den Kollegen zu vermitteln und zu moderieren. Und D ist selbstverständlich als Qualitätsmanager an der richtigen Stelle. Damit es zwischen den unterschiedlichen Persönlichkeiten gut läuft, ist gegenseitiger Respekt natürlich unerlässlich. Aber solange jeder seine Kollegen als Bereicherung empfindet, wird dieses Team eine Superleistung erzielen!
Sie fragen sich, warum ich Ihnen von diesen Selbstverständlichkeiten erzähle? Nein, dies soll kein Vortrag über Teamentwicklungsprozesse werden – jedenfalls nicht von »äußeren Teams«.
|98| Der Chor der inneren Stimmen und die Illusion des einen Ichs
Was ich Ihnen beschrieben habe, ist nicht nur das Bild eines Teams unterschiedlicher Menschen, sondern auch ein System von typischen Anteilen unserer Persönlichkeit und deren Zusammenspiel.
Was ist ein Persönlichkeitsanteil? Wenn wir »Ich« sagen oder denken, gehen wir doch davon aus, dass dies eine einheitliche Instanz ist. Wir sagen ganz selbstverständlich Sätze wie »Ich möchte unbedingt mal wieder Urlaub machen« oder »Ich brauche dringend etwas zu essen« – und vielleicht meinen wir dies auch hundertprozentig. Möglicherweise sind diese beiden Sätze aber grobe Verfälschungen unserer inneren Welt: wenn ich nämlich einerseits zwar urlaubsreif bin, aber andererseits Angst habe, zu viel Geld für eine Reise auszugeben – weil ich doch auch endlich eine teure Fortbildung beginnen möchte und mir sage, dass ich doch mal ein Jahr ohne Urlaub aushalten kann. Oder wenn ich tatsächlich einerseits großen Hunger und Appetit habe, ich mich andererseits aber zu dick finde und glaube, endlich mit einer Diät anfangen zu müssen. Wir erleben dies doch täglich: Ich könnte joggen gehen, bin aber auch faul. Ich könnte diesen Text zu Ende schreiben oder doch lieber Fenster putzen. Fernsehen oder endlich mal ein Buch lesen? Oder viel kompliziertere Themen: Ich liebe diesen Menschen – aber auch irgendwie manchmal nicht. Ich möchte ein Sabbatjahr einlegen, aber
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