Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab
Zielscheibe für Gegenargumente!
|103| Ich erzähle Ihnen das, damit Sie auf
eine
Strategie möglichst verzichten: sich selbst Druck zu machen! Es ergibt keinen Sinn, Druck auf einen inneren Konflikt auszuüben, indem ich mir zum Beispiel sage: »Jetzt muss ich mich endlich mal bewegen/entscheiden!« So stärke ich höchstens einen Teil meiner inneren Kontrahenten. Deshalb funktionieren die Strategien des (ausschließlich) positiven Denkens auch nicht: Wenn ich versuche, nur noch positiv zu denken, werde ich den Widerstand meiner inneren Negativdenker nur verstärken. Also bitte: Kein Druck, weder von innen noch von außen.
Wenn ich mit Menschen an ihrer Blockade arbeite, kommt am Anfang oft die Frage: »Wie werde ich diesen Anteil so schnell wie möglich los?« Ängstliche und kritische Anteile sind nicht sonderlich beliebt, klar – und sobald jemand das System seiner mentalen Blockade versteht, liegt der Gedanke ja nah, die Störer einfach zu entfernen wie einen schmerzenden Zahn. Doch ich muss Ihnen leider sagen: Das geht nicht! Unsere Persönlichkeitsanteile sind nun einmal Teile von uns und unserem Ich, und je mehr ich mich einseitig gegen einige von ihnen wende, desto mehr Druck und damit Widerstand erzeuge ich. Eine Chance, aus einem zerstrittenen Team unserer Anteile eines zu machen, das gemeinsam an einem Strang zieht, habe ich nur, wenn ich jeden Anteil in seiner Art anerkenne und ernst nehme. Wie wir eine innere Blockade psychologisch klug lösen können, werde ich Ihnen im nächsten Teil des Buches erklären.
Mit den folgenden Punkten können Sie sich jetzt schon einmal
beschäftigen
Was fiel Ihnen beim Lesen dieses Kapitels über Ihre inneren Blockaden ein? Machen Sie sich doch bitte einige Notizen, welche Sätze, Gedanken, Glaubenssätze oder Gefühle Ihnen dabei durch den Sinn gingen.
Haben Sie dabei schon bestimmte innere Charaktere identifiziert? Welche?
Neigen Sie auch dazu, sich selbst so sehr unter Druck zu setzen, dass gar nichts mehr geht und Sie sich noch stärker blockiert fühlen? Wie machen Sie das? Wie machen Sie sich so richtig Druck?
|104| Regisseur oder Komparse?
Kennen Sie das Cartoon von dem Frosch, dessen Kopf schon im Schnabel eines Storchs steckt und der trotzdem noch versucht, den Storch zu würgen? Darunter steht: »Never give up!« Dieses Bild beschreibt sehr gut eine Einstellung, die ich die Lebenshaltung des Regisseurs nenne. Jemand, der davon überzeugt ist, die Regie über sein Leben zu führen, geht grundsätzlich davon aus, Einfluss auf seine Situation zu haben. Egal ob sein Spielraum groß oder gering erscheint, er nutzt ihn so gut er kann. »Yes, I can!« könnte das Lebensmotto des Regisseurs sein. Dies ist keine Frage von Macht oder besonders großartigen Fähigkeiten, es geht nicht um Größenwahn oder Selbstüberschätzung, sondern um eine positiv-optimistische Haltung zu den eigenen Möglichkeiten. Im Kern haben wir es wieder mit einem Glaubenssatz zu tun, hier allerdings mit einem unterstützenden.
Selbstwirksam oder hilflos?
Die Psychologie nennt diesen Glauben an den Einfluss auf das eigene Schicksal »Selbstwirksamkeitserwartung« (der etwas elegantere englische Begriff »perceived self-efficacy« wurde von dem kanadischen Psychologen Albert Bandura geprägt) – und ein Regisseur hat davon eine ganze Menge. Menschen mit einem hohen Grad an Selbstwirksamkeit sind erfolgreicher als andere, was leicht nachzuvollziehen ist. Wir haben es wieder mit dem Mechanismus der selbsterfüllenden Prophezeiung zu tun, der hier auf positive Weise wirkt: Weil diese Menschen davon überzeugt sind, ihr Schicksal in den eigenen Händen zu haben, werden sie immer aktiv, wenn es irgendeine Option zum Handeln |105| gibt. Dadurch haben sie natürlich eine höhere Trefferquote als Menschen, die viel weniger bereit sind, sich einzusetzen. Selbstwirksame Menschen bewerten außerdem Fehlschläge viel positiver und lassen sich durch sie weniger entmutigen als andere. Auch wenn sie erfolgreicher sind als der Durchschnitt: Sie sind nicht talentierter oder mit besseren Startbedingungen ausgestattet. Aber sie haben ein bisschen Glück gehabt, denn ein hoher Grad an Selbstwirksamkeit scheint auch genetisch bedingt zu sein – neben dem verstärkenden Einfluss positiver Lebenserfahrungen.
Wenn die Regisseure die Glückspilze sind, haben die Komparsen anscheinend das kürzere Streichholz gezogen: Sie sind davon überzeugt, nur wenig oder im Extremfall gar keinen Einfluss auf ihr Leben zu
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